Die Hure und der Krieger
abgewandt, und sie lag dicht an der jenseitigen Kante, damit Ewan genügend Platz hatte. Ewan wartete, bis Alaric sich neben ihr ausgestreckt und ihr behutsam einen Arm um die Taille geschlungen hatte. Den anderen Arm schob er ihr unter dem Kopf hindurch, ehe er sie sanft von Rionnas Schoß und an sich zog.
„Ihr könnt das Blut fortwischen, damit ich sehe, was ich hier tue“, wandte sich Ewan an Rionna.
Keeleys Atem war ein bloßer Hauch an Alarics Hals. Als ihr Ewan wieder die Klinge an die Haut setzte, spürte Alaric, wie sie sich versteifte, und hörte sie leise wimmern.
„Schhh, Liebste“, raunte er. „Ich bin ja bei dir. Ich halte dich fest. Ich weiß, dass es wehtut, aber sei tapfer für mich. Kämpfe, wie du mich einst hast kämpfen sehen.“
Eine Stunde zog ins Land, in der Ewan fieberhaft arbeitete. Da er einen zu hohen Blutverlust fürchtete, ging er langsam vor und zog den Bolzen behutsam Stück um Stück heraus. Als er die metallene Spitze endlich lösen konnte, begann das Blut aufs Neue zu fließen. Er fluchte.
Keeley hatte schon vor einer Weile die Besinnung verloren und kam nicht einmal zu sich, als Ewan das Geschoss entfernte. Ihr Blut tropfte auf den Boden, obwohl Ewan und Rionna Tücher auf die Wunde pressten.
Ewan, das sah Alaric, hatte Keeley bereits aufgegeben. Aber er schenkte seinem Bruder keine Beachtung, sondern konzentrierte sich ganz auf Keeley und zwang sie mit schierer Willenskraft, zu atmen und zu leben.
Zwei weitere Stunden vergingen, bis Ewan die Wunde genäht hatte. Das Nähen erwies sich als schwierig, weil die Blutung nicht zu stillen war. Er arbeitete schnell, um den Schnitt zu schließen, und nach dem letzten Stich lehnte er sich erschöpft zurück.
„Drückt weiterhin ein Tuch auf die Wunde“, wies er Rionna an. „Sie blutet schon weniger, aber ich vermag beim besten Willen nicht zu sagen, ob sie nicht bereits zu viel Blut verloren hat.“
Mit bebenden Fingern tastete Alaric nach dem Puls an ihrem Hals. Er fühlte ein schwaches Pochen, ein Flattern mehr, wie von den Schwingen eines Schmetterlings. Aber sie lebte.
Rionna legte einen Verband an, erhob sich und fuhr sich müde mit dem Arm über die Stirn. „Ich muss sie waschen, Alaric. Die Laken müssen gewechselt werden, und sie braucht ein sauberes Kleid.“
„Das mache ich“, sagte er leise. „Ich lasse sie nicht allein. Es ist meine Pflicht, mich um sie zu kümmern.“
Die Frau, die er fast geheiratet hätte, erwiderte seinen Blick. In ihren Augen sah er Gram und Schmerz. „Es tut mir leid, Alaric. Ich habe nicht gewusst, dass Ihr sie liebt und sie Euch.“
„Geht, ruht Euch aus“, erwiderte er sanft. „Ich passe auf Keeley auf.“
Nachdem Rionna die Kammer verlassen hatte, trat Ewan an die Waschschüssel und wusch sich die Hände. Lange stand er da, auf beide Arme gestützt, die Hände links und rechts um den Rand der Schüssel geklammert.
„Ich habe getan, was ich konnte, Alaric. Nun liegt es bei Gott. „Aye, ich weiß.“
„Ich verlasse dich jetzt, ich habe viel zu erledigen.“
Er nickte. „Danke, dass du sie gerettet hast.“
Ewan zeigte den Anflug eines Lächelns. „Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten ehrt mich. Aber wenn sie überlebt, verdankt sie das allein ihrer Sturheit.“
Kapitel 37
D rei Tage lang blieb Alaric an Keeleys Seite. Sie kam nicht zu sich, sosehr er sie auch zu wecken versuchte. Er flehte, drohte und bettelte. Er versprach, ihr den Mond vom Himmel zu holen. Doch alles war vergebens. Auch bekümmerte ihn, dass sie nichts zu sich nahm, denn das hätte sie nach dem Blutverlust gewiss bitter nötig gehabt.
Schließlich bekam sie Fieber. Ihre Haut war trocken und heiß, sengend heiß. Ruhelos warf sie sich herum, unbarmherzig von Dämonen gepeinigt. Alaric hielt sie fest und redete ihr gut zu. Er badete sie, und einmal setzte er sich mit ihr in einen Bottich mit kaltem Wasser, um das Fieber zu lindern, das in ihr tobte.
Eine Woche verging, und Alarics Hoffnung schwand. Mit jedem Tag wurde Keeley schwächer. So reglos lag sie da, dass man hätte meinen können, sie sei bereits gegangen und allein ihr Leib halte noch am Diesseits fest.
Am siebten Tag kamen Ewan und Caelen ihn holen. Alarics Zorn war eindrucksvoll. Nur mit vereinten Kräften gelang es seinen Brüdern, Gannon und Cormac, ihn aus der Kammer zu schaffen.
Rionna und Maddie wachten an seiner statt bei Keeley, während die Männer Alaric aus dem Wohnturm zerrten.
„Wohin bringt ihr mich?“, knurrte er
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