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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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einstach. Diese Sünderin sollte ein für alle Mal zerstört werden, sie hatte keine Vergebung verdient! Dann wieder lag er im Geiste auf Knien vor ihr und betete sie an. Nach dem Gottesdienst nahm Savonarola ihn noch einmal beiseite.
    |259| »Komm ins Parlatorium«, sagte er. »Ich muss noch einmal mit dir sprechen.«
    »Du machst mir Angst, Domenian«, begann Savonarola dort. »Im Gottesdienst habe ich dein verzerrtes Gesicht gesehen. Es passte nicht zu den Liedern und Psalmen. Was sind das für Gedanken, die dich innerlich so sehr zerreißen?«
    »Es ist die Sorge um dich und um unsere Sache, die mich so sehr umtreibt«, gab Domenian zurück. »Mein Glaube ist stark, aber wird er stark genug sein, alles bis zum Ende auszuhalten?«
    Savonarola legte seine Hand auf Domenians Arm.
    »Es gibt kein Ende, das habe ich dir doch schon wiederholt zum Ausdruck gebracht«, sagte er. »Wenn wir unser Ziel erreicht haben, gibt es zwei Möglichkeiten: Unsere Sache wird ewig währen zum Wohle Gottes und der Menschen. Oder wir werden siegend sterben und ins Paradies eingehen. Dort werden wir an der Seite Gottes und seines eingeborenen Sohnes sitzen, während die wahren Christen auf Erden herrschen. Sollte der Papst mich auch auf den Scheiterhaufen bringen wollen: Was nützt ihm das? Ich werde in die Geschichte eingehen und immerdar ein Vorbild für die Gläubigen sein!«
    »Du sprichst so wahr, und das beruhigt mich«, entgegnete Domenian. »Ich werde mich jetzt zum Gebet zurückziehen, wenn du erlaubst.«
    In seiner Zelle angekommen, warf sich Domenian vor dem Bild Maria Magdalenas nieder. Hatte sie ihn berührt? Er betete: »O Herr, nimm die Ketten von mir, in denen ich gefangen bin! Sie werden mir immer schwerer. Befreie mich von meinen Sünden, die noch schwerer wiegen! Führe mich nicht in Versuchung, lass mich rein und unschuldig vor dein Angesicht treten! Versuche mich nicht, Teufel! Ich werde das Werk der Schöpfung vor deinem schmutzigen Zugriff bewahren.«
    Er betrachtete das fromme Bild. Die Weiblichkeit Maria Magdalenas war mehr zu erahnen als zu sehen, ihre Gestalt wurde durch das goldgelbe Kleid verhüllt, in dem sie Jesus gegenübergetreten |260| war. Auch nach dessen Auferstehung hatte sie es gewagt, sich ihm zu nähern. Domenian aber wollte keine Nähe der Frauen mehr dulden! Im Geiste hatte er schon seine Mutter getötet für alle Erniedrigungen, die sie ihm angetan hatte. Sie hatte nicht nur Spott und Hohn über ihn ausgegossen, wie auch sein Vater und sein Bruder, nein, sie war auch vom Dämon besessen gewesen. In Gedanken hatte er das Bild Maria Magdalenas bereits zerstört. Jetzt stand er auf, nahm sein Messer aus einer Tasche seiner Kutte und zerkratzte der Frau auf dem Bild das Gesicht. Es war, als flösse Blut aus ihren Wunden.

|261| 33.
    Francesco war in den letzten Tagen schnell geritten, um dem ersehnten Ziel, der Stadt Florenz und damit Angelina, näher zu kommen, obwohl der ständige Regen und die aufgeweichten Straßen ihn behinderten. Schließlich erreichte er die Via Nuova, sprang vom Pferd, machte es an einem Ring in der Mauer fest und stürmte in die Werkstatt Botticellis. Der Meister stand vor seiner Staffelei und betrachtete sein Werk von der Kreuzigung. Maria Magdalena lag in demütiger Pose vor dem Erlöser. Sandro Botticelli drehte sich um, und die Freude des Erkennens trat in seine Züge. Er wirkte sichtlich gealtert. Seine rötlichen Haare durchzogen weiße Strähnen, das sonst immer frische Gesicht wirkte eingefallen, die Augen stumpf.
    »Du bist wieder da«, stellte er fest.
    »Ja, ich bin wieder da, Sandro«, rief Francesco und eilte zu seinem Meister, um ihn zu umarmen. »Ich bringe frohe Kunde: Die Bilder habe ich verkauft, und einige neue Aufträge mitgebracht!«
    Botticelli schaute ihn an, als wären Francescos Worte nicht in sein Bewusstsein gedrungen.
    »Das ist jetzt alles müßig und eitel«, sagte er.
    Francesco packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn.
    »Was ist müßig und eitel, Sandro, sprich!«
    Die Angst vor etwas Unfassbarem kroch ihm von den Zehen bis in die Brust hinauf.
    »Es wird alles anders werden, Francesco, und es ist schon anders geworden. Ich dachte schon, du kommst nicht wieder, weil du vom Papst in Rom festgesetzt worden wärest.«
    Francesco dachte an seinen Traum. Wie nahe Träume doch manchmal der Wahrheit kamen! Doch er hatte Glück gehabt, keiner hatte ihn mit Savonarola in Verbindung gebracht.
    |262| »Ich träume jede Nacht von dem

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