Die Hure Und Der Moench
sind auch die Vorboten eines Gewitters, das wie eine Strafe Gottes über die Stadt kommen wird. Siehst du die Blitze, die schon vereinzelt herniedergehen?«
»Ich sehe sie, und ich habe große Angst, Girolamo.«
»Florenz wird morgen ein Schauspiel sehen, noch größer als das vor einem Jahr! Die sündigen Gegenstände werden brennen. Das Volk wird seine Belustigung haben.«
»Viele rufen, dass sie dich brennen sehen wollen!«
»Und wenn es geschieht, dann ist es Gottes Wille. Ich habe es schon in meinen Träumen gesehen, habe es in den langen Nächten in meiner Zelle erlebt, was auf mich zukommen könnte. Romolino, der päpstliche Notar, wird mich fragen, was es mit dem Konzil auf sich hat, das ich einberufen habe. Er wird fragen, wer dazu eingeladen ist. Und an wen ich geschrieben habe, dass Papst Alexander kein Christ sei. Sie werden mir die Folterinstrumente zeigen, und dann werde ich wissen, dass ich auserwählt bin.«
Ein Donnerschlag erschütterte die Wände des Parlatoriums. Savonarolas Augen flackerten.
»Sie werden nach meinen Beziehungen zu den Kardinälen fragen. Ob es in diesen Kreisen nicht auch Menschen gebe, die den Papst stürzen wollten. Sie werden mich am Seil hochziehen, immer wieder, bis ich in meiner Not gestehen werde, was ich nicht gestehen kann. Und ich werde widerrufen. Wenn meine Glieder längst |302| gebrochen sind, wird Romolino mich fragen, ob ich mich wirklich für einen Propheten halte, ob Gott wirklich zu mir gesprochen habe. Und ich werde es bejahen.«
Domenians Hände hatten zu zittern begonnen.
»Du musst fliehen, Girolamo!«, rief er. »Ich lasse es nicht zu, dass sie dich foltern und töten!«
»Ich kenne die Anklagepunkte«, sagte Savonarola düster. »Verhetzung des Volkes und insbesondere der Jugend, Missbrauch von Geldern, Aufwiegelung der Massen, Zerstörung von Eigentum, Einmischung in die Staatsgeschäfte … Das Volk ist wetterwendisch. Morgen werden sie das ›Fegefeuer der Eitelkeiten‹ bejubeln, in einigen Wochen vielleicht meinen Tod.«
»Flieh, Girolamo, solange es noch nicht zu spät ist!«, beschwor Domenian den Prior. »Du könntest nach Ferrara gehen, dorthin, wo du geboren bist.«
Ein zweiter Donnerschlag erschütterte die Mauern. Der Regen rauschte nieder. Hoffentlich hört er bald wieder auf, dachte Domenian, sonst wird das ganze Holz nass und wir können den Scheiterhaufen nicht entzünden!
»Hörst du die Stimme Gottes?«, fragte Savonarola. Domenian erschrak beim Anblick seines Gesichtes. Der Prior sah irgendwie … verzückt aus. »Ihr kann ich mich nicht entziehen«, fuhr Savonarola fort. »Mein Platz ist hier, in Florenz. Und vielleicht werde ich schon bald vor dem Thron des Allmächtigen stehen!« Savonarola umarmte den Freund und eilte davon, um die Vorbereitung des Karnevals zu überwachen. Domenian blieb allein zurück. Er wusste, dass auch für ihn keine Umkehr mehr möglich war.
|303| 38.
Hinter Fiesole ging es einen steinigen Pfad bergab. Es wetterleuchtete aus der tintenschwarzen Wand über Florenz. Einzelne Blitze schossen aus den Wolken. Erste Tropfen sprühten Angelina ins Gesicht. Damals hatte es gegrummelt, das Gewitter konnte sich jedoch nicht entladen. Es war gewiss ein Hinweis darauf gewesen, dass Savonarola im Begriff war, diese Stadt und ihre Einwohner zu zerstören. Wie mochte es inzwischen in Florenz aussehen? Der Regen prasselte nun ungehindert herab, Blitze und Donner folgten Schlag auf Schlag. Bei jedem Krachen zuckte Angelina zusammen, immer wieder scheute ihr Pferd, doch sie behielt es im Griff und setzte ihren Weg unbeirrt fort. Ihre Kleider waren bald ganz durchnässt.
Sie fror. Einzelne Lichter zeigten ihr, dass sie sich auf halber Höhe über der Stadt befand. Das Pferd tänzelte unruhig den Pfad hinab, manchmal hatte Angelina Angst, es werde ausrutschen. Sie war froh, als sie die ersten Hütten erreichten. Der Regen hatte etwas nachgelassen. Mit klopfendem Herzen bog sie endlich in die Via Nuova ab.
Die Hufe des Tieres sanken in die aufgeweichte Erde ein. Angelina saß ab und band es an einen der Ringe, die in die Mauer des Hauses eingelassen waren. Sie nahm ihr Bündel und klopfte herzhaft an die Tür. Ein Diener öffnete ihr.
»Ich möchte den Meister sprechen«, sagte sie hastig. »Er kennt mich, sag ihm, Angelina Girondo sei gekommen, ihn zu besuchen.«
Kurz darauf erschien der Diener erneut und führte sie in die Werkstatt, danach kümmerte er sich um ihr Pferd.
Es schien Angelina, als hätte sich
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