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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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zurück. Mein Angestellter berichtete mir, dass Ihr da gewesen seid, zusammen mit |42| Eurer Magd. Da bin ich Euch nachgegangen, um zu erfahren, ob auch alles zu Eurer Zufriedenheit ausgeführt wurde.«
    »Oh, danke, Signor Tomasio, ich war sehr zufrieden mit Eurem Angestellten. Es wird gewiss ein wunderschönes Kleid!«
    »Dessen bin ich mir sicher«, meinte Signor Tomasio und beugte sich über ihre Hand. »Darf ich Euch noch einmal nach Hause geleiten?«
    »Oh, lasst nur, da kommt Sonia, meine Magd. Sie hat Trauben gekauft, die meine Mutter für das Mittagessen braucht. Guten Tag, Signor Tomasio!«
    Mit einem bedauernden Gesichtsausdruck zog Tomasio sich zurück. Angelina wagte einen Blick zurück und sah ihn versonnen dastehen, das Barett in der Hand. Ob sein Interesse an ihr rein geschäftlicher Natur war?
    Angelina beschloss, weder Sonia noch ihren Eltern etwas über den fremden Mann, der sie bedroht hatte, zu erzählen. Sie würden sich nur unnötige Sorgen machen.
    Auf dem Heimweg entdeckte sie in einer Ecke zwei tote Ratten, die zwischen Abfall lagen. Ihre Schnauzen waren blutig. Was hatte das zu bedeuten? Angelina und Sonia erreichten den Palazzo der Girondos und stiegen die Stufen zum
Primer Piano
hinauf. Die Mutter stand in der Küche und beaufsichtigte die Köchin bei der Zubereitung des Mahles.
    »Ah, da seid ihr ja«, sagte Signora Girondo gut gelaunt und nahm die Trauben aus Sonias Händen entgegen.
    »Frische gab es nicht, da habe ich getrocknete genommen«, sagte Sonia in ihrem singenden Tonfall. Die Mutter gab der Köchin die Weinbeeren und bat Angelina zu Tisch. Der Vater und die beiden Geschwister saßen schon und warteten auf den ersten Gang. Sonia erschien in der Tür und trug eine Terrine mit
Stracotto
herein. Jeder schöpfte sich mit einer silbernen Kelle Eintopf in den Teller.
    »Hat der Schneider dich gut beraten?«, wollte Angelinas Mutter wissen.
    »Ja, es wird ein schönes Kleid.«
    |43| »Warum lässt du denn dann so die Nase hängen?«, bohrte die Mutter weiter. »Du bist ja ganz blass!«
    »Ich habe Ratten gesehen …«
    »Die gibt es hier immer, ist dir das noch nicht aufgefallen?«, fuhr ihr Vater dazwischen.
    »Die Ratten, die Ratten, die liefen über Matten …«, sangen ihre Geschwister.
    »Ich habe so ein merkwürdiges Gefühl«, beharrte Angelina. Was ihr sonst noch widerfahren war, wollte sie lieber nicht berichten.
    »Ich glaube, du gehst ein wenig zu gern zu diesem Maler«, meinte Signora Girondo.
    »Wieso?«, fuhr Angelina auf.
    »Ich kenne dich doch, Angelina. Seitdem du ihm Modell stehst, bist du richtig aufgeblüht.«
    »Glaub aber nicht, dass eine Heirat mit ihm in Frage kommt«, sagte ihr Vater. »Er könnte dich ja nicht mal ernähren!«
    »Wir sind dabei, dir einen anderen, passenden Ehemann zu suchen, nachdem Signor Fredi …«, ihre Mutter stockte, »auf so unglückliche Weise zu Tode gekommen ist.«
    »Das war kein Unglücksfall«, rief Angelina.
    »Wie dem auch sei«, beschied Signor Girondo, »der Maler kommt auf keinen Fall in Frage. Sobald das Bild fertig ist, wirst du ihn nicht mehr sehen.«
    Angelinas Augen brannten.
    »Und wen habt Ihr mir zum Ehemann erwählt, wenn ich fragen darf?«
    Signora Girondo hüstelte und blickte ihren Gatten an.
    »Einen, der wirklich zu dir passen wird«, sagte sie. »Signor Tomasio hat um deine Hand angehalten.«
    Angelina war, als hätte man ihr einen Peitschenschlag versetzt.
    »Ach ja?«, stieß sie hervor. »Signor Tomasio? Weil Ihr Geschäftsbeziehungen mit ihm habt, Herr Vater, ist es nicht so? Hättet Ihr mich nicht wenigstens vorher fragen können?«
    »Wir fragen dich doch gerade«, antwortete Ihr Vater.
    |44| »Ich will ihn aber nicht heiraten! Ans Heiraten habe ich überhaupt nicht gedacht, auch nicht bei Francesco. Ich kann ihn gut leiden, das ist alles. Und ich bewundere seine Fähigkeit zu malen.«
    »Du kannst es dir ja noch mal durch den Kopf gehen lassen«, meinte ihr Vater lächelnd.
    »Heirate ihn nicht, Francesco passt besser zu dir«, kam es von Clementina. Hoffentlich plauderte sie nicht noch mehr aus.
    »Ich heirate nicht«, sagte Angelina, schob ihren Teller weg und zog sich auf ihr Zimmer zurück. Glücklicherweise hatte sie einen eigenen Raum, die Geschwister teilten sich eine Kammer. Angelina trat ans Fenster und blickte hinaus. Nicht weit von ihrem Elternhaus entfernt erhob sich die Badia Fiorentina, eine mittelalterliche Abtei mit einem schlanken Turm. Die Hitze des Tages war geringer geworden. Nebel

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