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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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jetzt belustigt. Die Hitze schoss Angelina ins Gesicht. Wie konnte sie sich nur so bloßstellen! Eine Tür klappte. Angelina hatte gar nicht gemerkt, dass die anderen Gesellen den Raum verlassen hatten. Ihr wurde immer heißer. Die Glocke des Doms schlug fünf Mal. Die Zeit war wie im Flug vergangen, sie würde zu spät nach Hause kommen.
    »Eure Eltern brauchen sich keine Sorgen zu machen«, bemerkte Francesco in trockenem Ton. Was sollte das nun wieder heißen? Fand er keinen Gefallen an ihr? War sie für ihn nur ein Modell, mit dem er sein Geld verdiente?
    »Ich muss nach Hause«, sagte sie nachdrücklich, stand abrupt auf, nahm ihren Mantel und ging zur Tür, ohne sich zu verabschieden. Er legte seinen Pinsel weg, kam ihr nach und rief:
    »Angelina, bleibt doch noch einen Augenblick! So möchte ich nicht von Euch scheiden!«
    Angelina schloss verärgert die Tür hinter sich. Frische Luft strömte in ihre Lungen. Die Sonne kämpfte sich durch einen blassen Dunst. |50| Normalerweise liebte Angelina den Geruch nach Farben und nach Terpentin; heute war ihr fast übel davon geworden. Sie überquerte die Gasse und trat bei Lucas Bandocci ein. Es waren keine Kunden im Geschäft. Hinter einer geschlossenen Tür hörte sie ein Kichern. Angelina betrachtete die Ware, die Bandocci auf flachen Regalen ausgebreitet hatte. Es war noch zu früh im Jahr für frisches Obst und Gemüse, aber neben den Säcken mit Linsen, Weizen und Kichererbsen gab es ganze Lagen mit frischem Spargel, der teuer gehandelt wurde. Sie räusperte sich. Gleich darauf erschienen Bandocci und Sonia mit roten, vergnügten Gesichtern.
    »Guten Tag, Signorina Girondo«, sagte der Gemüsehändler mit einer Verbeugung. »So schnell fertig mit der Malersitzung?«
    »Ich hatte heute nicht so viel Zeit«, meinte Angelina ausweichend. »Komm, Sonia, wir müssen gehen.«
    Bandocci blickte Angelina besorgt ins Gesicht.
    »Etwas stimmt doch nicht mit Euch«, sagte er und strich sich über den kleinen, gepflegten Bart. Etwas brach in Angelina auf. Sie musste mit jemandem darüber sprechen, und Lucas Bandocci mit seinen freundlichen Augen hatte ihr von Anfang an Vertrauen eingeflößt.
    »Ja, es bedrückt mich etwas. Es bedrücken mich sogar einige Dinge über alle Maßen. Auf unserem Landgut ist ein Mord geschehen und alle tun so, als wenn nichts gewesen wäre. Gestern hat mich ein Unbekannter auf der Straße bedroht. Ich glaube, dass es etwas mit dem Verbrechen zu tun hat.«
    Sonia machte große Augen. »Warum glaubt Ihr das?«, fragte Lucas Bandocci.
    »Weil es mein künftiger Ehemann war, der umgebracht wurde. Und jetzt wollen meine Eltern mich mit einem Mann verheiraten, den ich nicht will!« Sonia verzog mitfühlend das Gesicht. Vor ihr brauchte Angelina keine Geheimnisse zu haben, sie war mehr eine Freundin für sie als eine Bedienstete.
    »Und Ihr liebt einen anderen?« Bandoccis Augen hoben sich und blickten zur Malerwerkstatt hinüber.
    |51| »Und wenn es so wäre?« fuhr es aus Angelina heraus. »Was geht Euch das an! Ich kann es mir sowieso nicht leisten, meinen Gefühlen nachzugeben wie irgendeine dahergelaufene Küchenmagd!«
    »Ihr müsst tun, was Euer Herz Euch rät«, meinte Bandocci ungerührt.
    »Außerdem mache ich mir Sorgen, weil ich immer wieder Ratten gesehen habe«, stammelte Angelina verlegen. Sie wusste, dass sie die beiden beleidigt hatte.
    »Es sind ein paar Pestfälle aufgetreten«, bestätigte Bandocci. »Ich hoffe, dass sich die Krankheit nicht weiter ausbreitet.«
    Angelina erbleichte. Hastig verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg nach Hause. Sonia eilte ihr stumm hinterher.
     
    »Dieser Mann, der Euch bedroht hat …«, sagte Sonia endlich, während sie durch die spärlich bevölkerten Gassen liefen.
    »Was ist mit ihm?«, fragte Angelina zurück.
    »Ich glaube, dass er Euch meint, dass er Euch auch mit dem Mord an Fredi bedrohen, Euch etwas damit sagen wollte.«
    »Das denke ich ebenfalls, Sonia. Aber was könnte er mir damit sagen wollen?«
    »Es muss ja kein Mann sein. Vielleicht ist es eine Frau, die eifersüchtig auf Euch ist?«
    »Ich kann mir niemanden vorstellen, der mir etwas Böses wollen könnte. Ich habe keine Feinde«, beschied Angelina. Sonia schwieg.
    Die Signora erwartete Angelina bereits mit dem Abendessen. Die Gesichter der Eltern, die vor ihren Tellern mit Spargel in Eierkuchen saßen, verhießen nichts Gutes. Signora Girondo kniff den Mund zusammen, während der Vater die Brauen runzelte. Rodolfo und

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