Die Hure Und Der Moench
besonders auch dank deiner Hilfe, Angelina.«
Sie wollte nicht daran erinnert werden.
»Es übersteigt meine Kräfte, darüber nachzudenken«, sagte sie matt.
|128| »Wir müssen der Sache aber auf den Grund gehen, sonst hat der Mörder freies Spiel mit uns!«, entgegnete Francesco.
»Ich möchte ja auch, dass er gefunden wird, aber wo sollen wir beginnen?«
»Erst einmal müssen wir einander vertrauen. Vertraust du mir, Angelina?«
Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet gewesen.
»Ja, schon«, meinte sie. »Ich verstehe nur nicht …«
»… dass ich mit Eleonore so vertraulich umgehe?« Er lächelte. Es war ihm nicht entgangen. »Angelina, wir kennen uns seit Kindertagen, hatten nie ein Geheimnis voreinander. Sie braucht meine Hilfe, um den Tod Matteos zu überwinden.«
»Ich brauche deine Hilfe auch, Francesco. Ich fühle mich so alleingelassen.« Er nahm sie in den Arm. Sie schloss ihre Augen und atmete den herben Duft seiner Kleidung ein.
»Vertraue auf mich, Angelina. Wir werden in der nächsten Zeit alle Kraft brauchen, um diese Zeit zu überstehen.« Er streichelte ihr Haar. Angelina machte sich los.
»Und du willst sie nicht malen?«, fragte sie zaghaft.
»Woher weißt du das?« Er lachte. »Tatsächlich hat sie mich gebeten, ein Porträt von ihr anzufertigen. Irgendetwas müssen wir ja tun, um uns abzulenken, meinte sie.«
»Aber du malst sie nicht …«
»Du meinst, in einem ähnlichen Kleid wie deinem? Das werde ich ihrem Geschmack überlassen müssen.« Erneut spürte Angelina einen Stich.
»Dann wünsche ich viel Vergnügen miteinander«, meinte sie, stand abrupt auf und wandte sich zum Gehen. Er war mit wenigen Schritten bei ihr und hielt sie am Arm fest.
»Angelina, du musst eins begreifen«, sagte er eindringlich. »Wir Maler sind aus einem anderen Holz geschnitzt als die anderen. Unser Auge entzündet sich schnell an einem Gesicht, an einem Gewand, einer Landschaft oder der eleganten Bewegung eines Körpers. Das ist das Feuer, das unsere Kunst anfacht. Es hat aber nichts |129| mit dem zu tun, was wahrhaftig zwischen einem Mann und einer Frau geschieht.« Also doch! Er hatte sie nur gemocht, solange sie ihm Modell saß. Und dann kam die nächste Muse dran. Als hätte er ihre Gedanken erraten, sagte er:
»Glaub mir, du wirst es noch verstehen. Was ich für dich empfinde, ist stärker, als ich bis jetzt jemals empfunden habe.« Ihr Herz stockte einen Augenblick, um dann umso kräftiger das Blut durch die Adern zu pumpen.
So leicht ging das nicht. »Ich hab dich auch gern, Francesco«, meinte sie leichthin und wandte sich endgültig zum Gehen. »Zeig mir das Bild, wenn es fertig ist, ja? Jetzt werde ich erst einmal nach Sonia und Lucas schauen.« Damit ließ sie ihn einfach stehen.
Angelina fand die beiden in Gesellschaft von Signora Scroffa, unter der Linde sitzend. Deren verwelkte Blüten schwebten, von einer seewärts kommenden Brise bewegt, durch die Lüfte.
»Ah, da seid Ihr ja«, lächelte Lucas ihr entgegen. »Habt Ihr einen Spaziergang gemacht?«
»Ja, und ich habe einen Fischer getroffen«, platzte sie heraus. »Er meinte, gestern einen Fremden gesehen zu haben, der sich aus dem Haus schlich und sich zur Straße nach Chiusi wandte.«
»Ihr meint, das könnte der …«, fragte Eleonore mit großen Augen.
»Es besagt noch gar nichts.« Angelina wollte sich nicht zu weit vorwagen. Warum hatte sie Francesco nichts davon erzählt? War er ihr immer noch verdächtig?
»Es könnte jeder von uns gewesen sein«, erklärte sie. »Ich erinnere mich nicht, wann wer von uns gestern Abend an welcher Stelle gewesen ist.«
»Aber Ihr werdet doch keinen von uns im Verdacht haben?« Eleonores Stimme war schrill geworden.
»Nein, natürlich nicht«, beeilte sich Angelina zu sagen. Sie musste mit diesen Menschen vielleicht wochenlang hier zusammen hausen und konnte es sich nicht mit ihnen verderben. Wahrscheinlich war sie auch nur eine ängstliche Maus, die das Gras wachsen hörte.
|130| »Wir sollten uns in der nächsten Zeit alle etwas ausruhen und zu zerstreuen versuchen«, warf Lucas begütigend ein.
»Ich habe einen Vorschlag«, sagte Sonia. »Wir könnten doch morgen mit einem der Fischer hinausfahren, ganz früh. Dann braten wir das, was wir gefangen haben, am Abend im Garten.«
Diese Aussicht erschien Angelina gar nicht so übel. Möglicherweise würde sie das wirklich von ihrem Kummer ablenken.
»Ich schicke meinen Diener zu einem der Fischer«, sagte Eleonore. Ein
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