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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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damals, als du, Angelina, zu Francesco gegangen bist, um dich malen zu lassen. Und nun sind wir hier und danken Gott für alle wundersamen Fügungen.«
    Die anderen klatschten wieder in die Hände. Eleonore fragte, wo denn Perpita geblieben sei, ob sie die Kleine in Florenz zurückgelassen habe.
    »Sie ist mit der Schwester in den Mugello gegangen«, antwortete Sonia. »Dort ist sie weit sicherer als bei mir. Niemand kennt ihren Aufenthaltsort.«
    »Auch unseren Aufenthaltsort kannte niemand«, sagte Eleonore und wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Und doch hat man uns aufgespürt und Matteo, meinen geliebten Gatten, von mir genommen.«
    Sie weinte. Die anderen richteten teilnahmsvolle Worte an sie. »Es ist schon wieder gut«, meinte Eleonore. »Wir haben heute zwei sehr bewegende Geschichten gehört. Aber es ist spät geworden, meine Freunde.« Sie blickte zum Himmel, an dem Tausende von Sternen funkelten. Die Grillen hatten ihr Konzert eingestellt. Im nahen See konnte man die Fische springen hören, mit einem Platschen verschwanden sie im Wasser. Die kleine Gesellschaft erhob sich und begab sich zu Bett.
     
    |141| Wieder stieg die Sonne als glühendrote Scheibe über den Horizont. Der See dampfte, das Schreien der Möwen und das Quarren der Haubentaucher klang herüber. Angelina verbrachte den Vormittag im Schatten der Bäume. Sie war erst spät eingeschlafen, weil die Erzählungen von Lucas und Sonia in ihr nachwirkten. Dass beide solche Erfahrungen machen mussten, hatte Angelina nicht gewusst. Der Giftmord an Matteo fiel ihr ein. Waren vielleicht auch Lucas und Sonia in Gefahr? Hatte Savonarola seine dürren Arme bis hierher ausgestreckt, um einen seiner Gegner zu beseitigen? Musste jeder sterben, der sich in irgendeiner Art versündigt hatte? Als wären sie ihren Gedanken entsprungen, kamen die beiden auf sie zu und setzten sich auf eine steinerne Bank ihr gegenüber.
    »Eure Geschichten fand ich wunderschön«, sagte Angelina. »Doch macht ihr euch keine Sorgen, für eure vermeintlichen Sünden bestraft zu werden?«
    Sonia runzelte die Stirn. Lucas Bandocci musterte sie ernst. Er strich sich über den kleinen, gepflegten Bart.
    »Doch, ich mache mir Sorgen um meine Sonia, um uns alle, um mich selbst. Wir sind ja nicht einmal hier sicher, auch wenn wir uns weit von der Stadt Florenz befinden!«
    »Lucas und ich haben uns geschworen, uns nie mehr als wenige Schritte voneinander zu entfernen«, setzte Sonia hinzu.
    Angelina überlegte einen Augenblick lang.
    »Wenn Savonarola uns seine Kinderbanden auf den Hals schickt, um uns für unsere Sünden zu bestrafen, dann müssen wir uns bewaffnen«, meinte sie. Bei dem Gedanken wurde ihr kalt. Eleonore kam durch den Garten auf sie zu. Sie hatte die letzten Worte Angelinas gehört.
    »Ihr könnt euch jeder einen Dolch aus der Sammlung meines Mannes aussuchen«, sagte sie in belegtem Ton. »Er hat so ein Messer immer mit sich geführt, und die Sammlung war sein ganzer Stolz.« Eleonore wandte sich ab.
    »Das wird das Beste sein«, erwiderte Lucas. »Wir werden heute |142| hinausgehen ins Dorf, um bei den Bewohnern nachzufragen, ob sich fremde Gestalten hier herumtreiben.«
    »Ich werde euch begleiten«, erklärte Angelina. »Vielleicht hätte Francesco ebenfalls Lust auf einen Spaziergang?«
    »Tut mir leid, ich habe Eleonore versprochen, ihr bei der Vorbereitung des Mittagessens zu helfen«, sagte Francesco.
    So begaben sie sich ohne ihn hinaus auf den Weg ins Dorf. Die Hitze brütete über den Wiesen. Auf dem Dorfplatz saßen ein paar alte Männer im Schatten einer Kastanie. Lucas fragte: »Habt Ihr in der letzten Zeit fremde junge Männer oder Kinder hier gesehen? Sind vielleicht Bettelknaben durchgezogen?«
    »Es kommen alleweil junge Menschen durch unser Dorf«, war die Antwort eines der Alten. »Die Zeiten sind schlecht. In vielen Städten herrscht die Pest. Wir haben nichts zu verlieren, aber Ihr solltet Euch hüten, zu weit von Eurem Haus fortzugehen. Der Tod lauert überall!«
    »Habt Ihr jemanden gesehen, der sich in der Nähe unseres Hauses herumtrieb?«, wollte Angelina wissen.
    »Ja, ich habe jemanden gesehen«, meldete sich ein anderer zu Wort. »An dem Abend, an dem Signor Matteo starb, schlich sich eine Gestalt von Eurem Haus weg. Ich habe es genau gesehen, weil meine Hütte so nah bei Euch liegt, dass ich immer sehen kann, wer ein- und ausgeht.«
    Der Dorfbevölkerung blieb also nichts von dem verborgen, was sich bei ihnen zutrug. Angelina fand das

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