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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Eltern zu gehorchen.«
    Das ist nicht immer das Beste, was man tun kann, dachte Angelina immer noch aufgewühlt, doch sie schwieg still und zwang sich, weiter zuzuhören.
    »Eines Tages kam der Graf Scroffa aus Grassina zu Besuch. Er war ein stattlicher Mann, mit wertvollen Kleidern angetan. Es wurde alles herbeigebracht, was Küche und Keller boten, es wurde gekocht, gebraten, gebacken und gesotten. Damals herrschten noch die Medici in Florenz, man musste sich nicht so vorsehen, seinen Reichtum zur Schau zu tragen, wie später unter Savonarola. Da gab es gebratene Milchzicklein, Brotsuppe mit Zwiebeln, Kalbsleber, Trippa und Lampredotto, Kutteln mit grüner Kräutersauce, gefüllte Pilze, geröstete Goldbrassen, Birnen in Barolosauce – ach, ich will euch nicht langweilen mit der Aufzählung all dessen, was mein Vater für den seltenen Gast bereitstellte. Den Grund dafür erfuhr ich noch am selben Abend: Graf Scroffa war als künftiger Gemahl für mich ausersehen worden. Und ich wäre töricht gewesen, hätte ich das Angebot ausgeschlagen. Er war nur zehn Jahre älter als ich und im vollen Besitz seiner Manneskräfte. Seine Sitten waren ausgezeichnet, er hatte eine humanistische Ausbildung an der Universität von Padua genossen. Und so, im Vertrauen auf das Urteil meiner Eltern, willigte ich in die Verlobung ein, die noch am selben Abend stattfand. Kurz darauf wurde die Hochzeit gefeiert, mit allem Prunk, der sich für so eine Gelegenheit ziemt. Und ich habe diesen Entschluss nie bereut.«
    Eleonore seufzte, schwankte einen Augenblick lang, fing sich aber wieder und fuhr mit ihrer Erzählung fort.
    »Wir zogen in den Stadtpalast des Grafen, wo ich dem Haus mit einer ansehnlichen Dienerschaft vorstand. Die Nächte waren erfüllt von unserer Liebe; an den Tagen hatte ich alle Hände voll zu tun, um dieses gastliche Heim am Leben und Blühen zu halten. Innerhalb der nächsten beiden Jahre wurden uns zwei Kinder |148| geboren, Lisetta und Giacomo, die ihr alle kennt und die hier bei uns sind.«
    Wieder strich eine Windböe durch den Garten. Angelina sah, dass sich der Horizont über den Seebergen schwefelgelb verfärbt hatte.
    »Mit der Zeit stellte ich fest, dass die Menschen, die bei uns verkehrten, eine seltsame Mission zu verfolgen schienen. Immer häufiger fanden Treffen in einem Hinterstübchen des Palastes statt. Wenn ich an der offenen Tür vorüberging, während die Bediensteten Wein und Speisen brachten, hörte ich Wortfetzen wie ›Savonarolas Stern ist am Untergehen‹ oder ›Wir werden dafür sorgen, dass …‹ Eines Tages stellte ich meinen Mann zur Rede. ›Bist du an Machenschaften zum Sturz dieses Mönches beteiligt?‹, fragte ich ihn geradeheraus. Und er gab es unumwunden zu.
    Das Feuer im Februar dieses Jahres, dieses Fegefeuer der Eitelkeiten, das der verrückte Mönch veranstaltet hat, in dem auch viele wertvolle Dinge von uns verbrannt worden waren, habe ihn dazu verleitet, sich mit anderen, ähnlich Denkenden zusammenzuschließen. ›Aber das ist doch sehr gefährlich‹, meinte ich. ›Denkst du nicht an mich und die Kinder?‹ ›Gerade, weil ich euch so sehr liebe und an euch denke, muss ich so handeln!‹, war seine Antwort. In der nächsten Zeit war er immer seltener zu Hause. Ich glaube, sie haben sich in einer Wirtschaft getroffen, um weniger aufzufallen, vielleicht als Bauern oder Handwerker verkleidet. Auf jeden Fall fühlte ich mich sehr einsam. Wenn mein Mann spätabends heimkehrte und leise zu mir ins Bett stieg, roch er nach Wein und manchmal auch nach einem Parfüm. Ich hatte das Gefühl, allmählich zu vertrocknen.«
    Eleonore holte tief Luft.
    »So geschah es, dass ich mich von der Werbung eines Mannes einwickeln ließ und mich in ihn verliebte.«
    Ich habe es gewusst, dachte Angelina, ich habe es die ganze Zeit gewusst!
    Wie dumm war sie gewesen. Der Garten, die Wälder, die Reben, |149| der See, alles verdunkelte sich in diesem Augenblick. Und wirklich waren schwarze Wolken über das Wasser gezogen und bedeckten den Himmel fast ganz. Wie traumverloren stand Angelina auf, schritt durch den Garten, der Rufe nicht achtend, die sie zurückhalten wollten, auf den Weg, der zum See führte. An diesem Abend, im Mittsommer des Jahres 1497, war ihr Leben zu Ende gegangen, war zersprungen wie eine irdene Schüssel, die ein achtloses Dienstmädchen fallen ließ.

|150| 17.
    Domenian wusste genau, was ihn in Florenz erwartete. Aber die Wirklichkeit übertraf seine schlimmsten

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