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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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und ich sind damit immer gut gefahren.«
    »Aber es ist gefährlich!«
    »Was soll denn schon geschehen, liebe Angelina? Es ist doch schon so viel Schreckliches passiert, und wir haben es überlebt.« Sie stockte. »Wenigstens die meisten von uns«, setzte sie hinzu.
    »Ich will zu ihm«, entgegnete Angelina. »Und ich werde jetzt gehen.«
    Sie verließ den Laden.
    »Gott beschütze dich!«, rief Sonia ihr hinterher.
    Die Via Nuova lag im nachmittäglichen Glanz. Gerber und Handwerker gingen ihrer Arbeit nach, Hausfrauen eilten mit Körben zum Markt. Angelina betrat Botticellis Werkstatt. In dem hohen Raum waren viele Maler beschäftigt. Einige standen auf Gerüsten und bemalten große Leinwände, andere saßen an Tischen, um kleinere Bilder anzufertigen. Sandro Botticelli und einer der Maler, dessen Barett tief in sein Gesicht gedrückt war, befanden sich in einer lebhaften Unterhaltung. Angelina konnte Francesco nirgends entdecken. Sie stand abwartend, noch von niemandem bemerkt.
    »Es geht nicht an, dass wir weltliche Bilder herstellen«, fuhr Botticelli den Maler an. »Wir sind aufgerufen, unsere Sünden zu bereuen. Und was machst du, Sebastiano di Torre? Du stellst eine Frau in mediceischen Gewändern dar, pfui, kann ich da nur sagen.«
    |188| Er könnte Francescos Bild gemeint haben, dachte Angelina erschrocken. Einer der Maler kletterte von seinem Gerüst herunter.
    »Ich glaube, du gehst zu weit, Meister«, sagte er. »Es ist ein Ding, die Lehre Savonarolas anzuhören und nach seinen Geboten zu leben. Aber müssen wir uns deswegen wie Arme kleiden und allen Freuden des Lebens entsagen? Müssen wir zu den blutleeren alten Formen zurückkehren? Den Nutzen dessen kann ich nicht sehen.«
    »Das Gute ist absolut, es ist unteilbar!«, rief einer der Anwesenden.
    »Ihr seid alte Klageweiber«, meinte der, den der Meister mit Sebastiano di Torre angeredet hatte. »Wer Savonarola rühmt, bekommt es mit mir zu tun.«
    »Ich bange um dein Seelenheil, Sebastiano di Torre«, gab Botticelli zurück.
    »Pah!«, rief Sebastiano. »Glaubst du, dass die Freuden der Welt dazu da sind, sie zu verdammen? Dass die schönen Frauen dazu gemacht sind, in Klöstern zu verfaulen? Ihr seid verblendete Toren, die dem Heuchler Savonarola auf den Leim gegangen sind!«
    »Ich dulde solche Reden in meinem Hause nicht!«, schrie Botticelli.
    »Nimm das zurück!«
    »Wer Savonarola beschimpft, ist ein Schuft!«, kam es von den anderen Malern.
    »Ich nehme nichts zurück«, entgegnete Sebastiano di Torre. »Und ich werde heute noch Florenz verlassen, die Stadt, in der meine Kunst zu einem Totentanz verkommt.«
    »Florenz ist Gottes Reich geworden«, sagte Botticelli in begütigendem Ton. »Gott spricht durch Savonarola zu uns. Die Reichen geben den Armen. Gibt es etwas Schöneres auf der Welt?«
    »Findest du es etwa schön, Bilder zu verbrennen, wie weiland im Februar geschehen? Findest du es schön, spindeldürre Frauen zu malen, ohne Busen und Hintern? Ist es dein Seelenheil, in Lumpen zu gehen und über deine Sünden zu weinen?«
    |189| »Und du, mit deinen prächtigen Gewändern, deinem Samt und dem Gold, sprichst du nicht den Armen dieser Stadt Hohn?«
    Sebastiano di Torre lief dunkelrot an.
    »Und du, sprichst du nicht allen Künstlern dieser Welt Hohn?« Er drehte sich um, eilte zur Tür und rief im Zurückblicken:
    »Die einzige Tugend, der ich mich unterwerfe, ist die Kunst! Merkt euch das, ihr Armseligen!«
    In der Tür stieß er fast mit Francesco zusammen, der, mit einem Paket unter dem Arm, hereingestürmt kam. Kopfschüttelnd blickte Francesco ihm nach.
    »Was ist denn hier geschehen?«, fragte er.
    Botticelli antwortete nicht. Erst jetzt schien er Angelinas Gegenwart zu bemerken.
    »Entschuldigt, Signorina Girondo«, sagte er mit bedauernder Miene. »Im Eifer habe ich Euch gar nicht gesehen.«
    Francesco schaute von Angelina zu Botticelli.
    »Was war denn hier los?«, fragte er noch einmal.
    »Sebastiano di Torre will die Stadt verlassen«, gab Botticelli zurück.
    »Worüber habt ihr gestritten?«, wollte Francesco wissen.
    »Über den Gottesstaat und über … die Kunst.«
    »Über Kunst lässt sich nicht streiten«, beschied Francesco. »Über den Gottesstaat allerdings.«
    »Fang du nicht auch schon wieder damit an«, schnitt ihm Botticelli das Wort ab. »Als ich dich wieder aufnahm, hast du versprochen, das Thema endgültig hinter dir zu lassen!«
    Francesco wandte sich an Angelina.
    »Kommt, Signorina Girondo, wir wollten

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