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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Ihr wurde bewusst, dass sie sich noch nie so wie heute vor Männern geekelt hatte. Vielleicht lag es daran, dass sie bei Marie ein anderes Leben kennengelernt hatte. Der Drang, einfach fortzulaufen, war stark. Aber wohin sollte sie gehen?

Kapitel 5 – Im Jahr darauf
    Sehnsüchtig blickte Lena in den sternenklaren Himmel. Sanft blies ihr der Wind ins Gesicht, und obwohl sie nur ein dünnes Hemd trug, fror sie nicht. Die Spätsommernacht war wunderschön und erinnerte sie an ihre kurze Zeit bei Marie. Auch wenn damals Herbst gewesen war, so hatten sie doch einige noch warme Abende draußen gesessen und sich die vielen Sterne angesehen. Ob Marie nun auch draußen saß und sich die Sterne ansah? Vielleicht war auch Laurenz bei ihr, sie tranken Bier und unterhielten sich.
    Sie spürte, wie ihre Wangen sich erwärmten. Es war komisch, dass der Gedanke an Maries Neffen ihren Körper so reagieren ließ. Das geschah bei keinem anderen Mann. Ihre Gedanken wanderten weiter, wie die Sterne am Himmel. Was machte ihre Mutter gerade und ihre Brüder? Ob es ihnen gut ging? Hatten sie Lena bereits vergessen, oder fehlte sie ihnen auch? Wehmütig atmete sie tief ein. Die frische Luft tat ihr gut.
    Unter ihrem Fenster raschelte es. Lena beugte sich vor und sah nach unten, konnte aber nur ein huschendes Tier entdecken. Vielleicht war es ein Marder auf der Suche nach Beute. Als sie sich wieder aufrichtete, zog es in ihrem Unterleib, wie schon einige Male in den letzten Tagen.
    Es war nun zwei Mondwechsel her, dass Lena das letzte Mal geblutet hatte. Was mochte das bedeuten? Sonst kam ihre Blutung immer kurz vor dem vollen Mond.
    Die Mädchen hatten sie gewarnt, da sie kein Schutzamulett besaß, das eine Schwangerschaft verhindern würde. Sich eines zu besorgen, hatte Lena aber immer wieder vergessen. Ob es sich jetzt rächte und sie ein Kind erwartete? Die Zeichen sprachen jedenfalls dafür, zumindest wenn man den anderen Mädchen glaubte. Lenas Brüste spannten empfindlich, vor allem wenn die Männer ungestüm daran herumkneteten, und die Übelkeit überkam sie nun auch während der Morgenstunden, wenn noch kein Mann da war. Bisher war es noch niemandem aufgefallen, nur Kora hatte gestern gesagt, dass Lena dünner geworden wäre.
    Ursula hatte erst vor Kurzem das Kind, das sie erwartete, getötet. Sie war schwanger geworden, obwohl sie sogar mehrere Amulette besaß und zuvor darauf geschworen hatte. Aus Angst vor Schelte war sie zu einem fahrenden Bader gegangen, und der hatte das Ungeborene getötet. Lena erinnerte sich noch genau, wie Ursula danach gelitten hatte, und das hohe Fieber hätte sie fast selbst ins Reich der Toten befördert, wäre Marie ihr nicht zur Hilfe geeilt. Sie saß drei Tage am Bett von Ursula, kämpfte gegen das Fieber und die Entzündung. Sie beschwerte sich bei Frau Margarete, dass es unverantwortlich wäre, eine so weit fortgeschrittene Schwangerschaft noch zu unterbrechen. Schließlich war Ursula genesen. Ein Amulett trug sie seitdem nicht mehr.
    Wollte Lena ebenfalls so etwas durchmachen und dazu ein ungeborenes Kind so einfach töten? Nein, das konnte sie nicht.
    Vorsichtig streichelte sie sich über den Bauch, der noch nicht zeigte, ob ihre Befürchtung richtig war. Aber wenn es so wäre, wollte Lena dieses Kind bekommen. Vielleicht war es eine Möglichkeit, endlich aus dem Töchterhaus herauszukommen. Sie würde es einfach niemandem erzählen, bis es nicht mehr anders ging. Und dann fände sich sicher alles Weitere. Wenn es doch jemand zu früh bemerkte, würde sie um das Kind kämpfen.
    * * *
    Es war kalt geworden. Marie schlang ihr Tuch eng um den Kopf und machte sich auf den Weg. Es war erst Mitte November, dieses Jahr war der Winter früher dran. Seit zwei Tagen fielen unentwegt zarte Schneeflocken vom Himmel. Marie freute sich immer auf die erste Schneedecke, die unter ihren Füßen knirschte. Die Kinder würden lachend durch die weiße Pracht tollen, und es war auch eine Zeit der Ruhe. Die meisten Menschen saßen daheim und wärmten sich ihre kalten Glieder an den Feuerstellen, sodass sie recht unbehelligt ihrer Wege gehen konnte.
    Das Leprosenhaus lag vor der Stadtmauer. Marie konnte den Weg über das Herdentor durch die Stadt nehmen oder außen herum gehen, was etwas weiter war. Da sie aber keine Lust hatte, sich die immerwährenden Predigten der gottesfürchtigen Menschen anzuhören, die nicht müde wurden, sie zu ermahnen, in die Kirche zu gehen, nahm sie den Weg um die Mauer. Die Kirche

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