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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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und er roch nach Wiese und Wasser.
    »Raus mit der Sprache, wie geht es dir, und was ist das für eine Geschichte mit der Knochenflickerin und mit deiner Mutter?«
    Lena erzählte von Thomas und den anderen und bestätigte ihm, dass es ihnen hier jetzt verhältnismäßig gut ging. Zwar gab es kein Fleisch, aber sie hatten, seit sie kranke Soldaten behandelte, ausreichend Gemüse, Brot und Bier. Anschließend berichtete sie ihm alles von ihrer Familie.
    »Ein bedauerliches Ende für deinen Stiefvater. Aber ich freue mich aufrichtig, dass du deine Mutter wiedergefunden hast und natürlich auch deinen Bruder. Soweit ich mich erinnere, hatte Marie schon solche Fälle, wo es jemandem die Sprache verschlagen hat. Ausgelöst wird es wohl durch ein schreckliches Erlebnis, und das hatte er. Manche finden ihre Sprache irgendwann wieder, andere nicht. Ich wünsche deinem kleinen Bruder das Beste und hoffe, dass es deinen älteren Brüdern gut geht.«
    »Das wünsche ich mir auch, allein schon um Mutters willen.« Lena streckte sich, um Laurenz einen Kuss zu geben, dann kuschelte sie sich wieder an ihn. Es war schön, seine nackte Haut zu spüren, ihn zu riechen. Seltsam, wie vertraut er ihr geworden war, obwohl sie nur einmal zusammengelegen hatten.
    »Wie kann es sein, dass ihr einfach aus dem Lager hinausmarschiert, aber niemand flieht?« Dass sie sein Lager gesehen hatte, verschwieg sie, er sollte sich nicht unnötig sorgen müssen.
    »Wir sind zu viele. Wenn die Soldaten nüchtern sind, sind sie schärfer als ein Hofhund.«
    »Verstehe.« Lena war enttäuscht. »Und hast du einen Mann gesehen, auf den meine Beschreibung passt?«
    »Nein, bisher nicht. Aber es wohnen einige Soldaten mit den Hauptmännern im Herrenhaus. Die bekommen wir eher selten zu sehen. Gut möglich, dass er dort ist, oder bei einem Spähtrupp.«
    »Manchmal glaube ich …« Lena zögerte. »… dass alles eine große Dummheit war und ich uns unnötig in Gefahr gebracht habe.«
    »Nein, das war es nicht.« Laurenz streichelte ihr über den Arm. »Wir werden ihn finden. Sieh mich an, Lena.«
    Sie blickte auf und las Zuversicht in seinem Blick.
    »Glaub mir«, fuhr er fort. »Außerdem hast du deine Mutter gefunden. Ist es das etwa nicht wert gewesen?«
    »Ja, schon. Und dennoch zweifele ich. Wäre ich allein gegangen, würde es dir gut gehen.«
    »Lena.« Er ergriff ihre Arme und schüttelte sie sacht. »Ich würde in Bremen vor Sorgen und Sehnsucht nach dir vergehen. Was meinst du, hätten die Soldaten mit dir gemacht, wenn ich nicht da gewesen wäre? Hör auf, dich zu bemitleiden, das passt nicht zu meiner starken Lena.« Sein schiefes Lächeln wirkte ansteckend.
    Leider waren ihnen nur ein paar zärtliche Stunden vergönnt, ehe Laurenz zurückmusste, damit die Soldaten nicht bemerkten, dass er fehlte.
    Seit sie ihn gesehen hatte, ging es Lena etwas besser. Sie kümmerte sich weiter um die Kranken und Verletzten, beobachtete die Schwangeren, wenn auch schweren Herzens, und half am See oder beim Kochen. Nur ihrer Mutter verriet sie, dass sie Laurenz gesehen hatte.
    »Wie schade. Ich hätte ihn gerne kennengelernt. Aber du siehst glücklicher aus als noch vor einigen Tagen.«
    »Ja, das bin ich auch, aber ich habe kein Recht, glücklich zu sein, und schäme mich dafür.«
    »Das brauchst du nicht. Glück ist etwas Kostbares, Kind. Und deine Tochter hat nichts davon, wenn du vor Gram vergehst.«
    * * *
    Am folgenden Sonntag änderte sich plötzlich alles. Immer mehr Soldaten strömten auf das Land von Duckel. Ganze Truppen in teilweise zerschlissener Kleidung, darunter auch viele Verwundete. Eins war ihnen anzusehen: Sie hatten einen Grund, vergnügt zu sein, und das war für die Frauen ein sicheres Zeichen, dass Bremen diesen Krieg verloren hatte. Keine wagte es auszusprechen, und sie bewahrten sich einen Funken Hoffnung, doch in ihrem Innersten wussten sie, was geschehen war.
    Die Angst, die mit dem Eintreffen der Truppen unter den Frauen einherging, war allgegenwärtig. Silke wurde nachdenklich und riss auch keine Possen mehr. Selbst die Kinder spürten es, und ihr fröhliches Lachen verstummte. Als ein großer Trupp Hoyaner mit vielen gefangenen Bremern an ihrer Scheune vorüberzog, wurde es zur Gewissheit.
    Lena erkannte unter den Gefangenen einige Ratsherren wieder. Sogar Duckel war unter ihnen. Er war nicht verletzt – wenigstens etwas. Den Ratsherrn Constantin Mindermann konnte Lena nicht entdecken, was schlimme Befürchtungen in ihr

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