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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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spröden Frau, als die Francesca Farnese stets aufgetreten war. In der Tat war die Verwandlung in jeder Hinsicht außergewöhnlich gewesen. Äußerlich gab es so gut wie keine Gemeinsamkeiten zwischen Francesca und Porzia: Die eine hatte blasse, die andere gebräunte, etwas fleckige Haut, Francesca hatte weiße, Porzia graue Zähne, die eine duftete dezent und damenhaft, die andere dünstete einen geradezu ranzigen Geruch aus, Francescas Wimpern waren kosmetisch unbehandelt, die von Porzia dick wie Spinnenbeine. Der bedeutendste Unterschied waren die Haare: Francescas sittsame, kastanienbraune Frisur war das genaue Gegenteil von Porzias wilder, schwarzer Mähne, die in fettigen Strähnen bis auf die Schultern fiel, das halbe Gesicht bedeckte und ihren Typus vollständig veränderte. Natürlich blieb eine gewisse Ähnlichkeit. Doch zog man Porzias äußerst derbes Auftreten in Betracht, dazu noch diese rauchige, dunkle, hervorragend verstellte Stimme, würde jemand, der die beiden Frauen kaum kannte, sie niemals miteinander in Verbindung bringen – vor allem, wenn man sie nicht nebeneinander, sondern im zeitlichen Abstand betrachtete. Auch das Fehlen besonderer Merkmale in Francescas Gesicht, diese enorme Unauffälligkeit, begünstigte die Verwandlung. Weder Antonia noch Milo kannten Francesca, Forli wiederum hatte Porzia nicht zu Gesicht bekommen, und Sandro war Francesca nur ein einziges Mal kurz begegnet, als er seine Mutter besucht hatte, und Porzia hatte er in einem stinkenden Zimmer angetroffen, als sie halbnackt in einem Bett kniete. Viele der Hilfsmittel
dieser gekonnten Verwandlung von Francesca in Porzia hatten sich damals in jenem Zimmer befunden, ohne dass sie als solche aufgefallen wären: der rote Wein, der die Zähne grau färbte, wenn man lange genug damit gurgelte, sowie das Öl, das die Haut färbte und sie gleichzeitig fleckig machte und ranzig riechen ließ. Andere Hilfsmittel waren eine täuschend echte Perücke und die schäbige, von zahlreichen kleinen Löchern und Rissen durchsetzte Kleidung.
    Diese Kleidung war der letzte Mosaikstein und zugleich das erhellende Moment für Sandro gewesen, gewissermaßen sein gedanklicher Brückenschlag zwischen Francesca und Porzia.
    Als er zusammen mit Forli, Antonia und Carlotta in seinem Amtsraum im Vatikan nach Lösungen gesucht hatte, waren ihm plötzlich die vielen kleinen Löcher in der Uniform des Hauptmanns aufgefallen, die denen glichen, die er auf Porzias Kleidern gesehen hatte. Sie stammten von der Kletterrose unter Francescas Fenster, an deren Dornen man unweigerlich hängen blieb, wenn man am Gerüst hinauf- und herabstieg.
    Francescas häufige Kopfschmerzen und Schwächeanfälle ermöglichten ihr, sich ein- bis zweimal in der Woche früh in ihr Zimmer zurückzuziehen, wo man sie in Ruhe ließ. Zur Sicherheit verriegelte sie es von innen. Dann verkleidete und schminkte sie sich. Nach Einbruch der Dunkelheit konnte sie es in einem schwarzen Kleid und schwarzen Mantel wagen, das Haus über das Klettergerüst zu verlassen. Die Gefahr, bemerkt zu werden, war nur gering. Sie ging ins Trastevere, wo das einfachste Volk verkehrte und wo sie mit jedem schlief, der mit ihr schlafen wollte. Mit dem, was sie als Dirne einnahm, bezahlte sie das Zimmer, den Wein und das Öl und alles, was sie sonst benötigte.
    Vor Morgengrauen kehrte sie stets zurück, ohne dass jemand – außer der treuen Zofe – etwas bemerkt hätte. Ihre angeblich malade Gesundheit diente erneut als Vorwand, um auf
dem Zimmer zu bleiben und den Schlaf nachzuholen, zu dem sie in den Armen ihrer Kunden nicht gekommen war.
    »Herr im Himmel!« Elisas ohnmächtiger Schrei kam aus dem tiefsten Herzen, hallte im ganzen Raum wider. »Das kann nicht sein«, rief sie. »Das kann nicht sein. Francesca, meine Francesca, wäre nie zu – zu so etwas imstande. Was wird diesem armen Kind nur angetan! Womit hat sie das verdient?«
    »Mit zwei Morden«, entgegnete Sandro. »Nicht als Dirne wird sie angeklagt, sondern als Mörderin.«
    Ranuccio sprang auf. »Das ist die haarsträubendste, ungeheuerlichste, unverschämteste Lüge, die ich je gehört habe. Meine Schwester ist viel zu anständig, um als – als Dirne zu arbeiten, geschweige denn Morde zu begehen, und schon dreimal nicht an Sebastiano. Jemand hat Euch bezahlt, damit Ihr meinen guten Namen in den Schmutz zieht. Wer war es? Der Papst? Will er über mich die ganze Familie Farnese treffen? Oder ein Neider, der meinen Aufstieg verhindern will?

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