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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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äußerst amüsant«, wie sie mehrfach sagte. Der andere war Milo. Sandros Urteilsvermögen war ihn betreffend natürlich beeinträchtigt, aber für seinen Geschmack strich Milo seine Natürlichkeit etwas zu deutlich hervor, wenn er in Fischerhosen, barfuß und
mit bis zum Brustbein aufgeschnürtem Hemd wie ein Freibeuter aufkreuzte.
    Die bewegendste Begrüßung gab es mit Sandros Vater. Alfonso stellte sich vor ihn und sah ihn wortlos an, auf eine Weise, die Sandro nicht von ihm kannte, sehr eindringlich und gütig. Sandro hielt dem Blick stand und versuchte seinerseits, Gefühl in seinen Blick zu legen, aber er wusste nicht, ob es ihm gelang – und ob es nicht besser war, wenn es ihm nicht gelang. Sie gingen auseinander, ohne miteinander gesprochen zu haben.
    Kardinal Quirini, der als Letzter eintraf, fiel auf, dass etwas nicht stimmte. »Wo ist Hauptmann Forli?«, fragte er.
    »Er hat etwas sehr Dringendes zu erledigen«, antwortete Sandro und wies auf einen der Stühle. »Bitte, Eminenz, tretet näher.«
    Die Sitzverteilung löste Feindseligkeiten aus. Elisa lehnte es ab, neben Signora A zu sitzen, die sie trotz der schlichten, zeitlosen Kleidung schnell als diejenige erkannt hatte, die sie war, und sie wies Alfonso, Bianca und Francesca an, es ihr nachzutun. Auch Milo wurde für unwürdig befunden, neben einem Carissimi oder Farnese zu sitzen, und so dauerte es eine Weile, bis man die Plätze zu aller Zufriedenheit eingenommen hatte. Antonia und Carlotta hielten sich im Hintergrund.
    Die Wachen schlossen die Türen und postierten sich davor, was eine eigenartige Kerkeratmosphäre schuf. Allenthalben brannten Öllampen und Kerzen, und dann und wann schlugen Böen gegen das Haus und hallten im Innern wie eine ferne Brandung wider.
    Gerade rechtzeitig vor der Eröffnung traf ein Gardist ein, der einen großen Leinensack auf dem Tisch platzierte, Sandro einen kleinen Beutel in die Hand drückte und ihm dabei etwas ins Ohr flüsterte.
    Sandro atmete tief durch und nickte.

    »Vor genau vier Nächten«, sagte Sandro, an die Versammelten gewandt, »zu ungefähr dieser Stunde unterbrach ein Klopfen an der Pforte die Stille der Villa. Es war spät, und Maddalena trug bereits ein Nachtgewand, dennoch war sie nicht überrascht. Sie erwartete noch Besuch. Keinen Besuch von der Art, den die meisten der Anwesenden jetzt vermuten mögen, nein, man könnte ihn den nüchternen Geschäftsbesuch einer vertrauten Person nennen. Sie öffnete die Pforte und war überrascht. Es handelte sich nämlich nicht um den erwarteten Besucher – trotzdem kam er auch nicht ganz unerwartet.«
    Ranuccio stöhnte angestrengt und verdrehte die Augen. »Das ist ein Geschwafel … Gibt’s hier wenigstens Wein?«
    »Ich würde es für besser halten«, sagte Sandro, »Ihr behieltet einen klaren Kopf.«
    »Sagt mir nicht, was ich tun soll.«
    Sandro gab Carlotta ein Zeichen, woraufhin sie Ranuccio einen der bereitgestellten Kelche in die Hand drückte.
    »Maddalena«, fuhr Sandro fort, »gewährte ihrem Besucher Zutritt zur Villa in der Erwartung, dass es zu einer Unterredung kommen würde. Dafür, dass sie sich vor der Unterredung nichts überzog, gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder wusste sie, dass es der Person nichts ausmachen würde, sie im freizügigen Nachtgewand zu sehen – oder sie wusste, dass es der Person sehr wohl etwas ausmachen würde, und betrachtete es als eine Form der Provokation, so zu bleiben, wie sie war. Welche Erklärung trifft zu? Verschieben wir die Antwort auf diese interessante Frage und wenden uns wieder dem Geschehen zu, nachdem der Besucher die Villa betreten hatte. Maddalena ahnte nicht, dass eine Unterredung nie stattfinden würde, weil die Person nicht gekommen war, um zu reden, sondern um zu morden.«
    Sandro ging zu der Anrichte, auf der eine Karaffe und ein paar Kelche standen. »Was ich jetzt sage, ist nur eine Vermutung:
Ich stelle mir vor, dass Maddalena ihrem Besucher Wein anbot, oder vielleicht wurde auch welcher verlangt. Sie schenkte zwei Kelche voll und drehte ihrem Mörder dabei den Rücken zu. Als sie sich umwandte, um einen der Kelche zu überreichen, traf sie der tödliche Dolchstoß. Der Kelch fiel zu Boden, der Wein floss über den Marmor, Maddalena brach zusammen. Ich glaube, sie war sofort tot.«
    Sogar Ranuccio hörte jetzt gebannt zu.
    »Der Mörder hatte nur sehr wenig Zeit zur Verfügung gehabt, um das zu tun, was er vorhatte, denn er wurde gestört und verließ die Villa über die

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