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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Oder denkt Ihr Euch einfach eine Geschichte aus, um Euer Versagen zu bemänteln? Glaubt bloß nicht, dass Ihr damit durchkommt. Ich werde …«
    Er verstummte abrupt.
    Sandros Hand zog aus dem großen Leinsack, der auf dem Tisch lag, eine Perücke hervor, so schwarz und wild wie die Nacht. Gleich darauf kam ein abgenutztes, löchriges Kleid zum Vorschein. Und schließlich öffnete Sandro das Leinensäckchen, in dem sich die Ohrringe befanden. An einem der beiden fehlte ein winziger Stein.
    »Nachdem Ihr hierher aufgebrochen seid, wurde Euer Haus durchsucht, Don Ranuccio. Diese Sachen fand man gut verborgen im doppelten Boden einer Kleidertruhe im Zimmer Eurer Schwester, und die Ohrringe befanden sich im Schmuckkasten. Die Zofe Filomena hat bereits gestanden, in die Ausflüge ihrer Herrin eingeweiht gewesen zu sein. Sie hat sie sogar gedeckt,
indem sie so tat, als sei sie in ihrem Zimmer. Sie brachte ihr Wasser oder Wein, richtete etwas aus, sagte »Ja, Herrin«, als antworte sie ihr … Von den Morden wusste sie vermutlich nichts. Die blieben im Herzen Donna Francescas verschlossen – bis jetzt.«
    Ranuccio schluckte und suchte nach Worten. Dann schrie er: »Das beweist nur, dass sie heimliche – Ausflüge gemacht hat. Mit den Morden hat sie nichts zu tun. Nichts. Sie ist eine reine und gutherzige Seele.«
    »Wenn das so ist, Don Ranuccio, dann würde ich gerne wissen, wieso Eure Schwester, sowohl als Francesca wie auch als Porzia, unentwegt versuchte, den Mordverdacht auf andere zu lenken, auf Signora A beispielsweise, und zuletzt auf meine Familie? Sie hat ihren Tod als Porzia als Mord fingiert, indem sie in ihrem Dirnenquartier Blut verschmierte und den Dolch mit den Initialen AC dort platzierte, den Dolch der Carissimi. Um ihr Doppelleben verschwinden zu lassen, hätte es dieses Aufwands nicht bedurft. Nur die Mörderin selbst hätte ein Interesse daran, einen anderen für sich büßen zu lassen.«
    Er wandte sich ihr zu. »Wenn Ihr darauf besteht, Donna Francesca, werde ich Antonia und Carlotta bitten, Euch in einem Nebenraum auszukleiden. Wenn ich mich nicht sehr irre, wird man irgendwo an Eurem Körper eine Schnittwunde finden, die Ihr Euch beigebracht habt, um den Mord an Porzia zu fingieren, den Mord, den Ihr meinem Vater, meiner Mutter oder meiner Schwester anlasten wolltet.«
    Francesca, die bisher zusammengesunken auf dem Stuhl gesessen hatte, zuckte wie unter einem Krampf. Langsam hob sie ihren Kopf, und ihr Gelächter begann den Raum zu füllen. Das Lachen kam aus ihrem Mund, aber es schien nicht zu ihr zu gehören, denn es war Porzias Lachen, rau und gemein, ein bisschen irr. Jeder hielt die Luft an angesichts dieses neuen, unheimlichen Wesens in ihrer Mitte.

    Das Lachen endete so plötzlich, wie es begonnen hatte. »Du«, sagte Francesca zu ihrem Bruder, »du tust so, als wüsstest du, was das ist, eine reine und gutherzige Seele. Dabei zerdrückst du doch alles, was gut ist, so wie unser Vater es getan hat. Du hast ihn gehasst, diesen Mann, der seine Kinder schlug, der seine Frau schlug … Unsere Mutter war eine gute Frau, ja, das war sie, und du hast sie geliebt, so wie wir alle sie geliebt haben, vielleicht noch ein wenig mehr. Und als sie starb, da hast du sie zu einer Heiligen erhoben und mich, ihre Tochter, ihr Ebenbild, zu deiner Reliquie gemacht.«
    Sie erhob sich und baute sich vor ihm auf. »Ich gehörte nur dir, dir allein. Du hättest mich nie gehen lassen, mich nie jemandem gegeben, nicht einmal Gott. Während du der Teufel von Mann geworden bist, der unser Vater war, hast du mich im Haus gehalten und verehrt, als wäre ich deine Mutter.«
    Ein Aufstöhnen Elisas zog Francescas Aufmerksamkeit auf sich.
    »Und was dich angeht«, sagte sie mit erbarmungsloser Kälte an Elisa gewandt, »so warst du fast genauso schlimm wie Ranuccio, nur auf eine andere Art. Du hast mich erdrückt mit deiner – deiner stickigen Frömmigkeit, den Kirchgängen und Gebeten. Da draußen, Elisa, tanzt die Welt, sie lacht und amüsiert sich, sie erfreut sich an allerlei Genüssen. Aber du: Jesus und die Jungfrau Maria, das war die einzige Gesellschaft, die du mir neben der deinen zugebilligt hast. Wäre es nach dir gegangen, hättest du mich schon mit dreizehn Jahren irgendwo als Eremitin eingemauert. Genau so habe ich mich gefühlt: eingemauert. Aber ich hatte Bedürfnisse, Elisa, wie jede normale Frau. Wenn ich die Dienerschaft beim Turteln beobachtete, wenn ich hörte, wie Ranuccio sich mit irgendwelchen

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