Die Hurenkönigin (German Edition)
muskulöse Mann ließ sich auf dem freien Stuhl neben der Hurenkönigin nieder und knurrte einsilbig: »Gibt nicht viel zu erzählen, die Rosi war halt nicht da.«
»Wo kann sie denn nur sein?« Die Hurenkönigin musterte Josef mit argwöhnischem Blick.
»Keine Ahnung.« Der Frauenhausknecht stierte vor sich hin.
»Mädels, seid so gut und lasst uns mal einen Augenblick alleine. Wir haben was zu besprechen«, wandte sich die Zimmerin an die Huren, die folgsam den Aufenthaltsraum verließen.
Dann musterte die Hurenkönigin den Frauenhausknecht eindringlich. »Josef, weißt du was über Rosis Verschwinden?«
»Nein! Wie kommt Ihr denn darauf?«
»Nun, das will ich dir sagen«, erklärte Ursel, während sie Josef nicht aus den Augen ließ. »Mir ist sehr wohl bekannt, dass du dir schon seit einiger Zeit ein Zubrot verdienst, indem du Rosi und deine anderen Gespielinnen an private Freier außerhalb des Frauenhauses verkuppelst. Ich habe es mir bislang verkniffen, dich deswegen zu maßregeln. Vor allem deshalb, weil ich dir und Rosi den Zusatzverdienst nicht streitig machen wollte – wo ihr doch ein kleines Kind habt und jeden Pfennig gebrauchen könnt.«
Josef schwieg betreten. Es war nicht das erste Mal, dass er sich von der Frauenhauswirtin durchschaut fühlte. Normalerweise würde er sich auch nie einer Frau unterordnen, vor der Zimmerin indessen hatte er Respekt.
So versuchte er auch nicht zu leugnen, was die Situation nur noch peinlicher gemacht hätte, sondern presste schließlich hervor: »Und was hat das jetzt damit zu tun?«
»Ganz einfach: Ich will wissen, ob du gestern Abend für die Rosi ein solches Treffen vereinbart hast!« Die schwarzen Augen der Hurenkönigin fixierten ihn unbarmherzig.
»Nein, Meistersen, das hab ich nicht! Verdammt, ich bin doch genauso aus dem Häuschen wie Ihr, dass die Rosi auf einmal so spurlos verschwunden ist«, beteuerte Josef und drückte sich den kalten Lappen an sein geschwollenes Augenlid. »Ich … ich könnt mir höchstens denken, dass sie vielleicht auf und davon ist. Weil … wir uns ja wieder gestritten haben. Und da hat sie vielleicht endgültig die Nase voll gehabt von mir …«, erklärte Josef kleinlaut. »Aber andererseits, die Rosi hätte doch nie unsern Kleinen im Stich gelassen, so, wie sie an dem hängt. Wenn sie sich wirklich davongemacht hätte, dann hätte sie den Buben mitgenommen. Da bin ich mir ganz sicher.« Josef blickte die Hurenkönigin aufrichtig an.
»Das glaube ich auch«, stimmte sie ihm zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Dann murmelte sie: »Und es gibt noch einen anderen Grund, warum sie nicht davongelaufen sein kann.«
Josef runzelte die Stirn und sah sie begriffsstutzig an. »Welchen denn?«
»Wegen dir, du stumpfer Klotz! Einen Mann, den man liebt, verlässt man nicht so einfach. Auch wenn er ein treuloser Schlawiner ist!«
Josef schluckte und gab sich Mühe, sich seine Ergriffenheit nicht anmerken zu lassen. »Sie ist mir ja auch nicht ganz einerlei – immerhin haben wir doch ein Kind zusammen. Die anderen Weiber, die bedeuten mir auch alle nicht so viel. Nicht so viel wie Rosi, mein ich«, erwiderte der Knecht mit belegter Stimme.
Ursel glaubte ihm sogar, dass er für Rosi tiefere Gefühle hegte. Als langjährige Frauenhauswirtin wusste sie, dass nicht jeder »liebe Mann« einer Hure ein gewissenloser Schurke war. Und Josef war zwar ein Windhund, der nicht schlecht davon lebte, dass einige der Huren auf ihn standen, aber er gab ihnen auch all das, was sie bei ihrer zahlenden Kundschaft entbehrten. Schon häufiger hatte sie es erlebt, dass Huren sich einen festen Geliebten zulegten. Denn obwohl sich die meisten Hübscherinnen aus ihren Freiern nicht viel machten, hatten sie doch wie alle Frauen das Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit. Dieses kleine Glück mochte die Hurenkönigin ihren Schützlingen nicht versagen. Wenn sie allerdings feststellen musste, dass ein »lieber Mann« eine Hübscherin misshandelte oder ihr auf andere Art schadete, schritt sie mit aller Vehemenz ein und erteilte dem Übeltäter strengstes Hausverbot. Josefs Vergehen indessen war in erster Linie seine notorische Untreue. Schon unzählige Male hatten sich Rosi und auch andere Huren deswegen bei ihr ausgeheult. Und sie hatte ihnen – wohl wissend, dass es nichts fruchten würde – immer wieder das Gleiche heruntergebetet: »Selber schuld! Ihr wisst doch, wie er ist.«
»Aber vielleicht wollte sie mir auch nur eine Lektion erteilen und
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