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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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den Tisch starrte, einen raschen Blick zu. »Außerdem hat sich die inzwischen vermisste Hure Isolde regelmäßig mit einem Adelsmann getroffen, den sie als Weiberknecht und Marienverehrer beschrieb. Am Morgen ihres Verschwindens haben die Wachen am Fahrtor gesehen, dass sie mit einem Mann in jagdgrünem Gewand über die Brücke nach Sachsenhausen geritten ist. Und seither ist sie verschwunden.« Bernhard sah Pfarrer Schildknecht jetzt prüfend an, doch der hielt seinem Blick mit unbewegter Miene stand. »Daher möchte ich dich jetzt fragen: Ist dir in deiner Pfarrgemeinde vielleicht ein Adelsmann bekannt, der einen solchen Ring trägt?«
    »Nein!«, erwiderte der Pfarrer prompt und schüttelte heftig den Kopf.
    Bernhard kam es vor, als wäre die Antwort eine Spur zu schnell gekommen, und die Abwehr war deutlicher zu spüren gewesen als die Aufrichtigkeit. Insgesamt gewann er den Eindruck, dass sein Gelehrtenfreund etwas wusste, was er jedoch, aus welchen Gründen auch immer, vor ihm verbarg.
    »Warum fühlst du dich eigentlich dazu bemüßigt, diesbezüglich Ermittlungen durchzuführen? Wäre das nicht die Aufgabe der Bürgerpolizei?«, wollte der Pfarrer wissen.
    »Weil die Polizei dieser Aufgabe nicht nachkommt«, erklärte Bernhard lapidar.
    »Wieso denn das?« Pfarrer Schildknecht zog skeptisch die Brauen in die Höhe.
    »Wahrscheinlich, weil sie den feinen Herrschaften nicht auf die Füße treten wollen.« Bernhard machte nun keinen Hehl mehr aus seiner Verärgerung. »Es sind ja auch bloß Huren, die betroffen sind. Da reißt man sich doch kein Bein aus, oder?« Er bedachte den Freund mit einem kühlen Blick und verabschiedete sich.

    Ingrid war noch ganz schlaftrunken, als sie an der Seite von Schwester Theodora über den Hof schritt, um gemeinsam mit den Schwestern des Sankt-Spiritus-Ordens in der Kapelle den Nachtgottesdienst zu begehen. Es war gerade einmal eine Stunde nach Mitternacht. Obgleich Ingrid bereits den dritten Tag im Kloster weilte, konnte sie sich einfach nicht daran gewöhnen, zu nachtschlafender Zeit aufzustehen. Bei den Gebeten und Bibellesungen fielen ihr ständig die Augen zu. Doch jedes Mal, wenn Ingrid drauf und dran war, auf der harten Kirchenbank in Schlummer zu versinken, wurde sie von Schwester Theodora unsanft geweckt.
    So erging es ihr auch jetzt wieder, und als Grid den Ellenbogen der Nonne in ihrer Seite spürte, musste sie an sich halten. Am liebsten hätte sie der Schwester, die seit ihrem Eintrittstag wie ein Schatten an ihr haftete, eine Backpfeife verpasst.
    Nicht zum ersten Mal bereute sie ihre Entscheidung, das Kloster zu besuchen, aus tiefstem Herzen. Sie spielte schon mit dem Gedanken, die Segel zu streichen und wieder ins Frauenhaus zurückzukehren, denn noch immer hatte sie nichts Wesentliches über Schwester Theodora und die Schwestern des Sankt-Spiritus-Ordens herausgefunden. Aber gerade das erfüllte sie auch mit Unzufriedenheit und ließ sie in diesem unwirtlichen Hause ausharren.
    Nach dem Gottesdienst marschierte sie hinter der Nonnenschar über den dunklen Innenhof und haderte damit, dass sie sich nicht mehr schlafen legen konnte. Bereits zur dritten Stunde würde die nächste Andacht beginnen.
    Plötzlich vernahm sie vom Klostergebäude her gedämpfte Schreie. Obwohl das Wehklagen durch die dicken Steinmauern abgemildert wurde, hörte es sich derart verzweifelt an, dass Grid das Blut in den Adern stockte. Schwester Theodora, die ihr Erschrecken bemerkt hatte, beeilte sich zu erklären: »Das sind unsere Wöchnerinnen. Ich vergaß ganz, Euch den Krankensaal zu zeigen, der sich an der Gartenseite des Klosters befindet. Wir behandeln dort Frauenleiden und leisten auch Geburtshilfe. Wenn Euch daran gelegen ist, können wir ihn nach den Laudes einmal aufsuchen. Dann ist es auch schon hell.«
    »Gerne, das würde mich sehr interessieren«, erwiderte Grid immer noch leicht beklommen und stieß in Anbetracht der gequälten Schreie vernehmlich den Atem aus.
    Schwester Theodora blieb stehen, drehte sich zu Grid um und deklamierte: »Gott der Herr aber sprach zu Eva: ›Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären.‹ Schwangerschaft und das Gebären können schon eine rechte Qual sein. Damit straft der Herrgott die Frauen für ihren Sündenfall.«
    Als Grid am frühen Morgen gemeinsam mit Schwester Theodora den kleinen Krankensaal an der Gartenseite des Klosters betrat, blickten ihnen dort drei junge Wöchnerinnen

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