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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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heimtückisches Fieber dahingerafft, das er sich auf einer seiner Reisen ins Heilige Land geholt hat. Es ist uns allen unbegreiflich, wo er doch so ein prachtvolles Mannsbild war. Bei den Turnieren hat er immer die meisten Preise gewonnen. Der Freiherr und seine liebreizende Gemahlin Lioba waren das schönste Paar, das wir jemals in Sachsenhausen hatten«, schwärmte die Wirtschafterin. »Sie waren füreinander geschaffen, und wenn man sie zusammen gesehen hat, ging einem das Herz auf, so sehr waren sie einander zugetan. Das hat auch der Herr Pfarrer immer gesagt, der hat sie ja auch damals getraut. In unserer schönen Dreikönigskirche …« Die Augen der Haushälterin glänzten. »So eine ergreifende Predigt hat er gehalten, der Herr Pfarrer. Ich erinnere mich noch ganz genau …«
    »Und die anderen Sachsenhäuser Adelsherrschaften, sind die auch so liebenswert?«, unterbrach der Gelehrte ihren Redefluss.
    »Unsere Herrschaften sind alle ganz einmalig!«, rief die Haushälterin aus. »In Sachsenhausen sind wir sehr stolz auf unsere Rittergeschlechter. Das kennt man ja in Frankfurt nicht so. Da geben schließlich von jeher die Patrizier den Ton an.« Auf ihrem runden Gesicht zeigte sich ein gewisser Unwille. »Aber bei uns ist das anders. Da haben noch die Aristokraten das Sagen. Und das gehört sich ja auch so.«
    Bernhard wurde klar, dass er von ihr kein schlechtes Wort über den ortsansässigen Adel hören würde. Dennoch machte er einen weiteren Versuch: »Kann es sein, dass es unter den Sachsenhäuser Adelsherren einen besonders eifrigen Marienverehrer gibt? Ich vermeine, so etwas schon gehört zu haben …«
    Die alte Magd kräuselte verständnislos die Stirn. »Davon weiß ich nichts«, grummelte sie. »Unsere Herrschaften sind alle fromm und gottesfürchtig.«
    »Davon bin ich überzeugt«, beendete Bernhard das Gespräch und beschloss, allmählich aufzubrechen.
    Er spähte aus dem geöffneten Fenster. Wind war aufgekommen, und am Himmel über der Frankfurter Mainseite gewahrte er Blitze. »Ich mache mich jetzt auf den Weg, damit ich nicht noch in ein Unwetter komme«, erklärte er und verabschiedete sich von der Haushälterin mit der Bitte, dem Pfarrer zu bestellen, er werde am morgigen Samstag um die Mittagszeit noch einmal vorbeischauen.

    Als Bernhard von Wanebach am Abend kurz nach der achten Stunde das Frauenhaus erreichte, fielen die ersten Regentropfen. Kaum war er durch die Tür des Schankraums getreten, entlud sich draußen ein heftiges Gewitter. In der Schankstube befand sich lediglich eine Handvoll Gäste, was für einen Freitagabend wenig war.
    Die Zimmerin saß am Fenster und spann. Als sie Bernhard erblickte, eilte sie freudig auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. »Gut, dass du da bist, mein Liebster. Ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass du in ein Wetter kommst. Komm, wir gehen hoch, dann kannst du mir alles in Ruhe erzählen.« Die Hurenkönigin füllte einen Krug mit Wein, ergriff zwei Trinkbecher und stieg vor Bernhard die Treppe hinauf.
    In ihrer Kammer verschloss sie rasch die weit geöffneten Fensterflügel, zog die Vorhänge zu und entzündete ein paar Kerzen, denn durch das Gewitter war es in dem kleinen Raum düster geworden. Ursel kuschelte sich behaglich neben Bernhard unter die Bettdecke. Sie liebte es, im Bett zu liegen, während draußen der Regen gegen die Butzenglasscheiben peitschte.
    Während Bernhard ihr von seiner Begegnung mit der Haushälterin erzählte, wurde das Zimmer immer wieder von grellen Blitzen erleuchtet, die von krachenden Donnerschlägen begleitet wurden.
    »Merkwürdig«, murmelte die Hurenkönigin, als Bernhard von der Beerdigung des Freiherrn und den Lobeshymnen der Wirtschafterin hinsichtlich des adeligen Paares erzählte, »der Freiherr von Urberg war doch einer von Rosis Stammfreiern. Er hat sich übrigens schon länger nicht mehr bei uns blicken lassen. Auch nicht, als Rosi noch gelebt hat. Sie hat sich sehr darüber gewundert, weil er doch immer so auf sie stand.« Die Zimmerin zog sich fröstelnd die Bettdecke über die Schultern, denn die Luft hatte sich durch das Gewitter merklich abgekühlt. »Die ganz große Liebe kann das mit seiner Freifrau eigentlich nicht gewesen sein«, fuhr sie spöttisch fort, »denn er war ja fast jeden Abend hier, und das über viele Jahre hinweg. Der ›Nobbi‹, wie die Rosi ihn immer nannte, war einer unserer besten Kunden.«
    Der Gelehrte lachte verächtlich. »Je glänzender die Fassade, desto mehr Abgründe

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