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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Gut in der Gemarkung von Sachsenhausen. Es gehört dem Freiherrn von Stockheim, der ist sozusagen unser Nachbar.«
    Die Hurenkönigin hatte ihm aufmerksam zugehört. »Und was könnt Ihr so über Euren Nachbarn sagen?«, fragte sie.
    »Na, was gibt’s über den schon groß zu sagen! Kriegt kaum das Maul auf, ist sich halt zu fein dafür, unsereinem einen guten Tag zu wünschen«, erwiderte der Oberförster verächtlich. »Bei uns heißt er nur der ›Stockfisch‹. Ist ein arger Frömmler und Duckmäuser, man kriegt ihn nur selten zu Gesicht. Das ist aber auch nicht weiter schade.«
    Ist das am Ende der Weiberknecht?, ging es der Hurenkönigin durch den Sinn.
    »Ist er noch jung?«, erkundigte sie sich angespannt.
    »Na, älter als zwanzig wird das Bürschchen nicht sein. Hat noch das reinste Milchgesicht. Aber Kerlen wie dem wächst wahrscheinlich gar kein Bart.« Staudinger lachte gehässig. Ursel hatte es plötzlich eilig, aufzubrechen.
    »Gott mit Euch, Zimmerin!«, krähte ihr der Oberförster hinterher. »Und beehrt uns bald wieder!«

    Eine ganze Weile schon hatte Ursel, unschlüssig auf und ab gehend, vor dem Riedhof zugebracht und auf die hohen Mauern und die geschlossene Eingangspforte geschaut, als sich unversehens die Tür öffnete und eine alte Frau hinaustrat. Ihrer einfachen Kleidung nach musste es eine Magd sein. Sie trug einen Korb in den Händen. Als sie die Hurenkönigin bemerkte, schrak sie zusammen und bekreuzigte sich. Ihre abweisenden Züge und der verächtliche Blick sprachen Bände, und Ursel vermied es, sie anzusprechen. Als sie gleich darauf auf den Kutschbock stieg und das Pferd antrieb, verfluchte sie ihr gelbes Hurengewand und die flammend roten Haare.
    Während das Fuhrwerk in gemächlichem Tempo das Affentor passierte und durch die vielen kleinen Gässchen ruckelte, musste Ursel die ganze Zeit an Ingrid denken, und die Sorge um sie verstärkte sich noch.
    Vor dem hoch aufragenden Stadtturm mit der Brückenpforte zügelte Ursel das Pferd und ließ ihre Blicke über die mächtige Mauer an der rechten Seite schweifen, die, unterbrochen von Türmen und Häuserfassaden, das Anwesen der Ritter von Sachsenhausen vor der Öffentlichkeit abschirmte. Sie hielt sich rechts und gelangte bald zum Deutschherrenhaus, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft sich das Kloster des Sankt-Spiritus-Ordens befand.
    Nachdem sie an die Klosterpforte geklopft und ihr Anliegen mitgeteilt hatte, öffnete ihr eine junge Nonne das Tor und ließ sie eintreten. Sie bedeutete ihr, sich einstweilen auf der Gartenbank unter einer Linde niederzulassen, sie werde die Jungfer benachrichtigen.
    Es verstrichen einige Minuten, ehe Ingrid in Begleitung von Schwester Theodora erschien und Ursel freudig begrüßte. Die Nonne nickte Ursel nur knapp zu und hielt sich mit versteinerter Miene im Hintergrund, während sich die schlaue Grid neben der Freundin niederließ.
    »Wie geht es dir, Ingrid?«, erkundigte sich Ursel besorgt. Die Gegenwart von Schwester Theodora war ihr unangenehm. »Wann kommst du denn zurück?«
    Ehe Ingrid zu einer Antwort ansetzen konnte, ertönte aus dem Hintergrund die Stimme von Schwester Theodora. »Bitte setzt Eure Freundin nicht so unter Druck«, zeterte sie. »Gönnt ihr doch die Ruhe und die fromme Versenkung, die sie bei uns findet. Wir sehen es auch nicht gerne, wenn unsere Laienschwestern während ihres Aufenthalts bei uns durch Besuche in ihrem inneren Frieden gestört werden …«
    Ursel verlor augenblicklich die Fassung. »Und ich sehe es nicht gerne, wenn jemand einfach ungefragt dazwischenplappert und meine Freundin gar nicht zu Wort kommen lässt!«, schnaubte sie. »Verzieht Euch gefälligst, ich möchte mit meiner Freundin alleine sein und ungestört mit ihr reden.«
    Schwester Theodoras verhärmtes Gesicht bebte vor Zorn. »Verzieh du dich, du ordinäres Hurenstück, und störe nicht unseren Klosterfrieden!«, geiferte sie hasserfüllt, und wenn Grid sich nicht beschwichtigend zwischen die beiden gestellt hätte, wären Ursel und die Nonne aufeinander losgegangen.
    Schwester Theodora war kreidebleich geworden, sie spürte sehr wohl, dass sie mit ihrer Äußerung zu weit gegangen war. »Es tut mir leid, ich wollte Euch nicht so unflätig beschimpfen«, stieß sie hervor. »Das war sehr unchristlich von mir. Ich weiß auch nicht, was über mich gekommen ist … Es ist sonst nicht meine Art, so aus der Haut zu fahren«, murmelte sie zerknirscht.
    »Schon recht«, grummelte die

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