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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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gepflegten Gastraums blinzelte ihr ein kahlköpfiger älterer Mann entgegen und erklärte abweisend: »Wir vermieten nicht an Hübscherinnen!«
    »Da habe ich aber was ganz anderes gehört!«, erwiderte die Hurenkönigin prompt und musterte ihn angriffslustig.
    Der Hagestolz errötete. »Ach, Ihr meint sicher die Jungfer Deckinger …«, stotterte er verlegen. »Die ist aber im eigentlichen Sinne … gar keine Hübscherin …«
    »Wieso denn das?«, fragte Ursel entrüstet. »Soweit mir bekannt ist, ist sie sogar besser im Geschäft als alle anderen. Und ich sollte das schließlich am besten wissen, denn immerhin bin ich die Gildemeisterin der städtischen Hurenzunft.« Sie lächelte spöttisch.
    Der Kahlköpfige vermied es, ihr in die Augen zu sehen. »Für eine Hübscherin ist sie viel zu züchtig. Und sie trägt ja inzwischen auch keine Hurentracht mehr«, erklärte er auftrumpfend.
    Auf Ursels konsterniertes Stirnrunzeln hin begann er zu schwärmen: »Die Jungfer ist unglaublich gelehrig und belesen. Den ganzen Tag lang hält sie sich im Buchhändlerviertel auf und stöbert in den Büchern. Und meistens kommt sie gegen Abend zurück und ist beladen mit Neuerscheinungen, die sie dann auf ihrem Zimmer studiert. Sie führt eher das Leben eines gelehrten Klosterfräuleins als das einer … einer wohlfeilen Frau, und so benimmt sie sich auch – sehr sittsam und anständig.« Er warf der Hurenkönigin einen tadelnden Blick zu.
    Ursel verlor allmählich die Geduld mit dem scheinheiligen Pförtner. »Wie auch immer«, sagte sie nachdrücklich. »Ich wünsche sie zu sprechen. Also sagt mir bitte, wo ihr Zimmer ist.«
    »Sie ist nicht im Hause«, erwiderte der Herbergsangestellte barsch. »Wahrscheinlich streift sie wieder durch die Buchgasse. Aber ich kann der Jungfer gerne etwas ausrichten.«
    »Lasst stecken«, erwiderte die Zimmerin missmutig und wandte sich zum Gehen.
    Draußen vor der Tür überlegte sie kurz, ob sie Irene im Buchhändlerviertel suchen sollte. Doch da sie schon seit über einer Stunde den Korb mit dem Suppenhuhn und dem Wurzelzeug mit sich herumschleppte, schlug sie lieber erst den Weg zum Frauenhaus ein, um der Köchin die Lebensmittel zu übergeben. Und anschließend würde sie sofort zum Spital gehen.
    Als sie die Alte Mainzer Gasse durchquerte, hatte sich der Himmel verfinstert, und schon im nächsten Moment blies ihr der Wind eisige Graupelschauer ins Gesicht. April, April, der macht, was er will, ging ihr die alte Bauernregel durch den Sinn, und sie zog sich fröstelnd den Umhang enger um die Schultern. Dennoch begann sie vor Kälte zu zittern.
    Das sind die Schwäche und die Müdigkeit, sagte sie sich und stellte fest, dass sie in den vergangenen Tagen kaum etwas gegessen hatte. Die sechs Stunden Schlaf nach den zwei durchwachten Nächten an Bernhards Krankenlager hatten sie auch nicht ausreichend gestärkt. Egal – wenn er nur wieder gesund wird, dachte sie und strebte mit gesenktem Kopf dem Frauenhaus zu.
    Die Hurenkönigin eilte durch den leeren Aufenthaltsraum in die Küche, um Bertha das Huhn zu geben. Als sie die schwerhörige Köchin mit erhobener Stimme bat, daraus eine Hühnerbrühe zu bereiten und sie von einer der Mägde zu Bernhard ins Hospital bringen zu lassen, erfuhr sie, dass die Mägde allesamt nach Hause zu ihren Familien gefahren waren. »Und Irmelin ist vorhin mit der Jennischen Marie und der roten Mäu ins Hospital gegangen, um Herrn von Wanebach zu besuchen. Sie sind wohl davon ausgegangen, Euch dort anzutreffen«, fügte Bertha hinzu. »Sie haben gesagt, dass es ihm schon etwas besser geht. Das freut mich sehr, Meistersen! Ich bringe ihm nachher selbst eine gute Brühe vorbei, das wird ihn stärken.«
    Ursel dankte ihr und musste gleich darauf herzhaft gähnen.
    »Ihr seht müde aus«, bemerkte die alte Frau mitfühlend. »Geht doch nach oben und legt Euch noch ein bisschen hin.«
    Ursel nickte und erwiderte zerstreut: »Das mach ich …« Ihr war nämlich gerade ein Gedanke gekommen. Wie getrieben lief sie aus der Küche und hastete die Treppe hinauf. Dass die Köchin ihr von unten her nachrief: »Schlaft gut, Meistersen!«, hörte sie schon nicht mehr.
    Ihr Atem ging stoßweise, als sie vor der Tür des Zimmers stand, das ihre beste Freundin Ingrid jahrzehntelang bewohnt hatte und in dem sich noch die restlichen Habseligkeiten von Alma und Irene befanden.
    Mit bebender Hand öffnete Ursel die Tür und trat ein. Als sie sich in dem kleinen Raum umblickte, wurde ihr

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