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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Friseur mit einem verächtlichen Seitenblick.
    Wenige Minuten später war der Haarschnitt fertig. »Bitte schön, die Dame. Wie man es am burgundischen Herrschaftshof zurzeit trägt!«, verkündete der Rheinländer mit verschmitztem Augenzwinkern und fächelte mit einem kleinen Handbesen über den ausrasierten Nacken des Jungen. Dieser war ganz offensichtlich erleichtert, die Sitzung überstanden zu haben.
    Seine Mutter hingegen konnte sich zu keinem Lob durchringen und drückte dem Barbier missmutig die verlangten fünf Kupfermünzen in die Hand – ohne auch nur einen einzigen Pfennig Trinkgeld zu geben.
    »Gott vergelt’s, Gnädigste«, bedankte sich dieser mit einem Anflug von Hohn. »Aufgeblasene Gans …«, murmelte er in seinen Bart, als die Kundschaft sich entfernt hatte, und wandte sich sogleich der Hurenkönigin zu. Nachdem sie sich miteinander bekannt gemacht hatten, lud er Ursel ein, sich auf dem Frisierschemel hinter seinem Stand niederzulassen, und setzte sich neben sie.
    Sein Gesicht wurde ernst, als er die Hurenkönigin wissen ließ, wie sehr er den Tod von Franz bedauere.
    »Er war so kreuzunglücklich, der Junge – da half auch der ganze Branntwein nicht«, erklärte der Barbier niedergeschlagen. »Wir haben ja gesoffen wie die Löcher an diesem Abend, und ich habe mein Bestes gegeben, den Franz wieder aufzurichten. Doch dem war einfach nicht zu helfen. – Er ist nicht darüber weggekommen, was ihm seine Angebetete alles an den Kopf geworfen hatte.«
    Die Hurenkönigin, die förmlich an seinen Lippen hing, erschrak. »Welche Angebetete denn? Ich wusste gar nicht, dass Franz eine Freundin hatte …«
    »Hatte er auch nicht. Das war ja sein ganzes Elend. Er hat sich hoffnungslos in diese Schönheit verliebt, und dann hat sie ihm eine Abfuhr erteilt, die sich gewaschen hatte … Dieses gemeine Frauenzimmer!«, schimpfte der Rheinländer Winnie erbost.
    »Langsam, langsam«, unterbrach ihn Ursel angespannt. »Um welche Frau handelte es sich überhaupt, und was hat sie ihm Schlimmes gesagt, dass er so am Boden war?«
    Der Barbier zuckte ratlos mit den Achseln. »Den Namen des Weibsstücks hat er nicht erwähnt, nur, dass es eine Hübscherin aus Eurem Frauenhaus war. Die muss erst vor kurzem zu Euch gekommen sein, und da hat er sich halt in sie verguckt. Kunststück, bei so viel schönen Weibern, die Franz den ganzen Tag vor Augen hatte. Da kann doch jeder Kerl mal schwach werden …«, sagte der Barbier mit schiefem Grinsen. »Aber so wie der Franz von der geschwärmt hat, muss die schon was ganz Besonderes gewesen sein. Ein wahrer Ausbund an Liebreiz und Grazie, hat er gesagt. Und das hat dieses Aas auch sicher gewusst. Wie das halt so ist mit den schönen Weibern. Die machen sich doch einen Spaß daraus, dich heißzumachen, und wenn du ihnen dann hinterherhechelst, zeigen sie dir die kalte Schulter und rümpfen das Näschen.« Er musterte die Hurenkönigin nachdenklich. »Nichts für ungut«, murmelte er. »Das mag bei Euch vielleicht anders sein, aber die meisten gutaussehenden Weiber sind so. Je schöner sie sind, desto weniger Herzenswärme haben sie. Das habe ich selber schon zur Genüge erlebt …«
    Ursel, die unwillkürlich daran denken musste, wie rüde Irene mit einem Freier umgesprungen war, als dieser sie drängte, endlich mit ihm aufs Zimmer zu gehen, hegte längst keinen Zweifel mehr, in wen Franz so unglückselig verliebt gewesen war. Sie erinnerte sich an den überbordenden Hass in Irenes Augen, der sie damals so befremdet hatte.
    »Was … was hat sie denn zu Franz gesagt, als er ihr ein Liebesgeständnis gemacht hat?«, fragte die Zimmerin mit belegter Stimme. Sie hatte unversehens das Gefühl, ihr Mund wäre mit Sägespänen gefüllt.
    Der Barbier stieß vernehmlich die Luft aus. »Sie muss sehr, sehr gemein zu ihm gewesen sein, dieses Miststück«, stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Der Franz hat geheult wie ein Schlosshund, als er mir davon erzählt hat. Offenbar hat sie mit blankem Hass auf sein Geständnis reagiert, und das hat Franz das Herz gebrochen.« Winnie war unfähig weiterzusprechen, in seinen Augen glitzerten Tränen.
    Der Hurenkönigin schnürte es vor Trauer die Kehle zu. Sie hatte versucht, nicht mehr daran zu denken, doch nun dröhnte es in ihrer Erinnerung umso lauter, wie Bernhard im Fieberdelirium Irenes Namen geflüstert hatte. Auch sein Herz hatte sie gebrochen …
    »Sie hat ihm gesagt, nur für Geld täte sie sich mit widerlichen Kerlen wie ihm

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