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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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jetzt fünfzig Meter hoch und näherten sich dem ersten Turm. Einen Augenblick später tauchte Kassad an der Ecke der Gondel auf und zog sich an einer Reihe vereister Nischen und Handgriffe im Metall entlang. Brawne Lamia riß die Tür der Kabine auf. Zehn Hände halfen Kassad ins Innere.
    »Gott sei Dank«, sagte Pater Hoyt.
    Der Oberst holte tief Luft und lächelte grimmig. »Da war eine Notbremse. Ich mußte den Hebel mit einem Sandsack feststellen. Ich wollte die Kabine nicht für einen zweiten Versuch zurückholen.«
    Martin Silenus deutete auf den Turm, der rasch näherkam, und die Wolkendecke dahinter. Das Kabel erstreckte sich aufwärts ins Nichts. »Ich schätze, dann werden wir jetzt die Berge überqueren, ob wir wollen oder nicht.«
    »Wie lange dauert die Reise«, fragte Hoyt.
    »Zwölf Stunden. Möglicherweise etwas weniger. Manchmal hat das Bedienungspersonal die Gondel angehalten, wenn der Wind zu heftig wehte oder das Eis zu dick wurde.«
    »Wir machen keinen Halt auf dieser Reise«, sagte Kassad.
    »Wenn das Kabel nicht irgendwo gerissen ist«, sagte der Dichter. »Oder wir gegen einen Baumstamm prallen.«
    »Halten Sie den Mund!« sagte Lamia. »Wer ist dafür, etwas zu essen zu wärmen?«
    »Sehen Sie«, sagte der Konsul.
    Sie gingen zu den vorderen Fenstern. Die Seilbahn schwebte hundert Meter über der letzten braunen Wölbung des Vorgebirges. Sie erhaschten einen letzten Blick auf die Plattform Kilometer dahinter in der Tiefe, die einsamen Hütten von Pilgrim's Rest und den reglosen Windwagen.
    Dann hüllten Schnee und dichte Wolken sie ein.
     
    Die Kabine verfügte nicht über eine richtige Kochgelegenheit, aber im rückwärtigen Teil befanden sich ein Kühlschrank und eine Mikrowelle zum Aufwärmen. Lamia und Weintraub bereiteten aus verschiedenen Fleisch- und Gemüsesorten aus der Kombüse des Windwagens ein passables Stew. Martin Silenus hatte Weinflaschen von der Benares und vom Windwagen mitgenommen und wählte einen Hyperionischen Burgunder zum Stew aus. Sie waren fast mit dem Essen fertig, als die Düsternis, die gegen die Fenster drängte, sich plötzlich lichtete und dann gänzlich verschwand. Der Konsul drehte sich um und sah, daß die Sonne wieder zu sehen war, die die Kabine mit einem transzendenten, goldenen Licht erfüllte.
    Die Gruppe stieß einen kollektiven Seufzer aus. Es hatte so ausgesehen, als wäre die Dunkelheit schon vor Stunden angebrochen gewesen, aber als sie sich nun über das Wolkenmeer erhoben, aus dem eine Inselkette von Berggipfeln herausragte, sahen sie einen strahlenden Sonnenuntergang. Hyperions Himmel hatte seine Farbe vom strahlenden Türkis des Tages zum grundlos tiefen Lapiszlazuli des Abends gewandelt, während die rotgoldene Sonne Wolkentürme und gigantische Spitzen aus Eis und Fels entflammte. Der Konsul sah sich um. Seine Mitreisenden, die vor einer halben Minute im trüben Licht grau und klein gewirkt hatten, erstrahlten nun im Gold des Sonnenuntergangs.
    Martin Silenus hob das Glas. »Bei Gott, das ist besser.«
    Der Konsul sah ihre Reiseroute entlang, wo das dicke Kabel zunehmend dünner wurde und schließlich im Nichts verschwand. Auf einem mehrere Kilometer entfernten Gipfel spiegelte sich goldenes Licht auf dem nächsten Turm.
    »Einhundertzweiundneunzig Stütztürme«, sagte Silenus im gelangweilten Singsang eines Reiseleiters. »Jeder Turm besteht aus Durallegierung und gehärtetem Kohlenstoff und ist dreiundachtzig Meter hoch.«
    »Wir müssen schon hoch oben sein«, sagte Brawne Lamia mit leiser Stimme.
    »Der höchste Punkt der sechsundneunzig Kilometer langen Seilbahnreise befindet sich über dem Gipfel des Mount Dryden, der fünfthöchsten Spitze des Bridle Range, in einer Höhe von neuntausendzweihundertundsechsundvierzig Metern«, dröhnte Martin Silenus.
    Oberst Kassad sah sich um. »Es handelt sich um eine Druckkabine. Ich habe den Wechsel vor einiger Zeit gespürt.«
    »Sehen Sie«, sagte Brawne Lamia.
    Die Sonne hatte lange Zeit auf dem Horizont der Wolkendecke ausgeruht. Jetzt sank sie darunter und zündete scheinbar die Gewitterwolken von unten an, so daß ein farbenfroher Baldachin über den gesamten westlichen Rand der Welt aufgespannt wurde. Schneekappen und Gletscher auf der Westseite der Berge, die sich einen Kilometer oder höher über die Kabine erhoben, glühten noch. Die ersten helleren Sterne tauchten an der dunkelnden Himmelskuppel auf.
    Der Konsul wandte sich an Brawne Lamia. »Warum erzählen Sie jetzt nicht Ihre

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