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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Die Rekonstruktionsversuche, von denen ich gehört habe, wurden alle von Menschen geleitet ... hauptsächlich Universitätsprojekte. Gehirntote Akademiker haben ein Vermögen dafür ausgegeben, tote akademische Gehirne zurückzubringen.«
    Ich lächelte gezwungen. Noch drei Minuten, bis er sich wieder einstöpseln konnte. »Gab man allen rekonstruierten Persönlichkeiten Cybridkörper?«
    »Nn-nnn. Wie kommst du denn darauf, Brawne? Überhaupt nicht. Das ginge gar nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Es würde nur die Stimsims versauen. Außerdem brauchte man einen perfekten Klonkeim und eine interaktive Umwelt, die bis zum letzten Detail stimmig ist. Weißt du, Mädchen, man ließ eine rekonstruierte Persönlichkeit mittels Stimsim in ihrer Welt leben, und dann jubelte man ihr ein paar Fragen durch Träume oder interaktive Szenarien unter. Eine Persönlichkeit aus der Sim Wirklichkeit in die Langsame Zeit zu ziehen ...«
    Das war der uralte Ausdruck der Cyberpukes für die ... bitte den Ausdruck zu entschuldigen ... Wirklichkeit.
    »...würde bedeuten, daß sie nur um so früher durchdreht«, endete er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Gut, danke BB.« Ich ging zur Tür. Dreißig Sekunden, bis mein alter Freund vom College endlich wieder der ›langsamen‹ Zeit entkommen konnte.
    »BB«, sagte ich zum Abschluß, »hast du je davon gehört, daß die Persönlichkeit eines Dichters von der Alten Erde namens John Keats rekonstruiert worden ist?«
    »Keats? Aber sicher, darüber habe ich eine Vorlesung im Vorsemester gehört. Die hat Marti Carollus vor etwa fünfzig Jahren in New Cambridge gemacht.«
    »Was ist passiert?«
    »Das Übliche. Die Persönlichkeit entschwand in der Endlosschleife. Aber bevor sie zerbrach, starb sie einen vollen Simtod. Eine uralte Krankheit.« BB sah auf die Uhr, lächelte und hob den Stecker. Bevor er ihn in die Schädeldose steckte, sah er mich beinahe glückselig an. »Jetzt weiß ich es wieder«, sagte er durch sein verträumtes Lächeln. »Es war Tuberkulose.«
     
    Wenn unsere Gesellschaft sich jemals nach dem Vorbild von Orwells Großem Bruder ausrichten wollte, müßte das Instrument der Unterdrückung das Kielwasser der Kreditkarte sein. In einer völlig bargeldlosen Wirtschaft mit einem nur rudimentären Schwarzmarkt könnte man die Aktivitäten eines Menschen in der Echtzeit überwachen, indem man der Spur seiner oder ihrer Kreditkarte folgt. Es gab strenge Gesetze, die die Privatsphäre der Kartenbenützung schützten, aber Gesetze hatten die schlechte Eigenschaft, ignoriert oder geändert zu werden, wenn aus gesellschaftlichem Druck ein totalitärer Ruck wird.
    Johnnys Kreditkartenaktivitäten in den fünf Tagen vor seiner Ermordung zeigten einen Mann mit regelmäßigen Gewohnheiten und bescheidenden Ausgaben. Bevor ich den Hinweisen der Kreditkartenabrechnung gefolgt war, hatte ich zwei langweilige Tage damit verbracht, Johnny selbst zu folgen.
    Daten: Er lebte allein im Ost-Bergson-Stock. Eine Routineabfrage ergab, daß er seit sieben hiesigen Monaten dort wohnte – weniger als fünf Standard. Am Morgen hatte er in einem dortigen Café gefrühstückt und war dann nach Renaissance Vector gecastet, wo er etwa fünf Stunden gearbeitet hatte – offenbar Recherchen in den Archiven für Gedrucktes –, anschließend ein kurzes Mittagessen an einer Imbißbude, noch eine oder zwei Stunden in der Bibliothek, dann 'castete er zurück nach Lusus oder einem seiner Lieblingsrestaurants auf einer anderen Welt. War um 22.00 Uhr wieder in seinem Kubus. Mehr Farcasten als die durchschnittliche Mittelschichtsdrohne von Lusus, aber ansonsten ein langweiliger Tagesablauf. Die Kreditauszüge zeigten, daß er sich auch in der Woche, in der er ermordet worden war, an diesen Plan gehalten hatte, mit Ausnahme einiger zusätzlicher Einkäufe – an einem Tag Schuhe, am nächsten Lebensmittel – und einem Aufenthalt in einer Bar auf Renaissance V am Tag seiner ›Ermordung‹.
    Ich traf mich mit ihm zum Essen in dem kleinen Restaurant in der Red Dragon Street in der Nähe des Portals von Tsingtao-Hsishuang Parma. Das Essen war sehr scharf, kräftig gewürzt und ausgezeichnet.
    »Wie läuft es?« fragte er.
    »Prima. Ich bin tausend Mark reicher als bei unserer ersten Begegnung und habe ein gutes kantonesisches Restaurant gefunden.«
    »Freut mich wirklich, daß mein Geld einem guten Zweck dient.«
    »Da wir gerade von Ihrem Geld sprechen ... woher kommt es? Es kann nicht besonders einträglich sein, in einer

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