Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
Leuchten des Grabs hinter ihm malte seine hohe Stirn und die Wangen in leuchtenden Farben. »Mein Sohn, wenn Sie hier bleiben, dann nur aus dem Grund, Selbstmord zu begehen. Wenn Sie versuchen, das Schiff wegen M. Lamia und dem Tempelritter zu holen, helfen Sie damit anderen.«
Der Konsul rieb sich die Wangen. Er war sehr müde. »Sie hätten noch Platz auf der Matte, Pater.«
Duré lächelte. »Wie mein Schicksal auch aussehen mag, ich spüre, daß ich mich ihm hier stellen muß. Ich werde auf Ihre Rückkehr warten.«
Der Konsul schüttelte wieder den Kopf, setzte sich aber mit überkreuzten Beinen auf die Matte und zog die schwere Reisetasche zu sich her. Er zählte die Rationspackungen und Wasserflaschen, die Sol ihm eingepackt hatte. »Das sind zu viele. Sie werden mehr für sich selbst brauchen.«
Duré kicherte. »Wir haben genügend Wasser und Lebensmittel für vier Tage, dank M. Lamia. Wenn wir danach fasten müssen, wird es für mich nicht das erste Mal sein.«
»Und wenn Silenus und Kassad zurückkehren?«
»Die können von unserem Wasser abhaben«, sagte Sol. »Und wir können noch einmal ins Keep, Essen holen, sollten die anderen zurückkommen.«
Der Konsul seufzte. »Nun gut.« Er berührte die entsprechenden Flugmuster, worauf der zwei Meter lange Teppich starr wurde und sich zehn Zentimeter über das Felsgestein erhob. Störungen in dem unsicheren Magnetfeld waren keine festzustellen.
»Sie brauchen Sauerstoff für die Überquerung des Gebirges«, sagte Sol.
Der Konsul hob die Osmosemaske aus seiner Tasche.
Sol gab ihm Lamias automatische Pistole.
»Ich kann nicht ...«
»Uns wird sie gegen das Shrike nichts nützen«, sagte Sol. »Aber bei Ihnen könnte sie entscheiden, ob Sie bis Keats kommen oder nicht.«
Der Konsul nickte und verstaute die Waffe in der Tasche. Er schüttelte dem Priester die Hand, dann dem alten Gelehrten. Rachels winzige Fingerchen strichen über seinen Unterarm.
»Viel Glück«, sagte Duré. »Möge Gott mit Ihnen sein.«
Der Konsul nickte, berührte die Flugmuster und beugte sich nach vorn, als sich die Hawkingmatte fünf Meter hob, fast unmerklich erbebte und dann vorwärts und in die Höhe glitt wie auf unsichtbaren Schienen.
Der Konsul steuerte nach rechts zum Eingang des Tals, schwebte zehn Meter über den Dünen dahin und schwenkte dann nach links über das Ödland. Er drehte sich nur einmal um. Die vier Gestalten auf der obersten Stufe der Sphinx – zwei stehende Männer, zwei liegende Bündel – sahen wirklich sehr winzig aus. Er konnte das Baby in Sols Armen nicht erkennen.
Der Konsul steuerte die Schwebematte, wie sie vereinbart hatten, nach Westen, um in der Hoffnung, er würde Martin Silenus finden, die Stadt der Dichter zu überfliegen. Seine Intuition sagte ihm, daß der launische Dichter einen Umweg dorthin gemacht haben könnte. Der Himmel war vergleichsweise frei vom Leuchten der Raumschlacht, daher mußte der Konsul Schatten absuchen, die das Licht der Sterne nicht erhellte, während er zwanzig Meter über den verfallenen Türmen und Kuppeln der Stadt dahinflog. Von dem Dichter keine Spur. Falls Brawne und der Dichter hier vorbeigekommen waren, hatte der Nachtwind, der dem Konsul jetzt durch das schüttere Haar strich und durch seine Kleidung flatterte, selbst ihre Fußspuren im Sand ausgelöscht.
In dieser Flughöhe war es kalt auf der Matte. Der Konsul spürte ruckartige Vibrationen, wenn sich die Hawkingmatte an unsicheren Kraftfeldlinien entlangbewegte. Bei Hyperions trügerischem Magnetfeld und den uralten EM-Flugfäden war es gar nicht so undenkbar, daß die Matte vom Himmel stürzen würde, lange bevor der Konsul die Hauptstadt Keats erreicht hatte.
Der Konsul rief mehrmals Martin Silenus' Namen, bekam aber keine Antwort, abgesehen von Taubenschwärmen, die explosionsartig von ihren Nistplätzen in der eingestürzten Kuppel einer der Galerien hochflatterten. Er schüttelte den Kopf und steuerte südwärts auf die Bridle Range zu.
Durch seinen Großvater Merin kannte der Konsul die Geschichte dieser Schwebematte. Es handelte sich um eines der ersten dieser Spielzeuge, die der netzweit berühmte Schmetterlingsforscher und EM-Systemingenieur Vladimir Sholokov von Hand gefertigt hatte, und es hätte durchaus diejenige sein können, die er seiner Nichte geschenkt hatte. Sholokovs Zuneigung zu dem jungen Mädchen war zur Legende geworden, ebenso die Tatsache, daß sie das Geschenk des fliegenden Teppichs verschmäht hatte.
Aber auf
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