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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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und ging auf den Baum zu. Er wußte nicht, wie er daran hochklettern sollte, aber er würde eine Möglichkeit finden. Er wußte nicht, wie er Silenus lebend da runterbringen sollte – alle Opfer –, aber er würde es schaffen oder bei dem Versuch sterben.
    Kassad ging zehn Schritte und blieb an der Krümmung einer geschmolzenen Düne stehen. Das Shrike stand zwischen ihm und dem Baum.
    Er stellte fest, daß er unter dem Chromkraftfeld des Hautanzugs verbissen grinste. Darauf hatte er viele Jahre gewartet. Dies war die ehrwürdige Kriegführung, auf die er vor zwanzig Jahren bei der Masada-Zeremonie von FORCE Leben und Ehre geschworen hatte. Einzelkampf zwischen Kontrahenten. Ein Gefecht, um die Unschuldigen zu schützen. Kassad grinste, verflachte die Kante seiner rechten Hand zu einer silbernen Klinge und ging weiter
    – Kassad!
    Auf Monetas Ruf hin blickte er sich um. Licht blitzte auf der Quecksilberoberfläche ihres nackten Körpers, als sie Richtung Tal deutete.
    Ein zweites Shrike kam aus dem Grab mit Namen Sphinx. Weiter unten im Tal trat ein Shrike aus dem Eingang des Jadegrabs. Grelles Licht funkelte auf Dornen und Stacheldraht, und dann erschien noch eines aus dem einen halben Klick entfernten Obelisken.
    Kassad achtete nicht auf sie, sondern drehte sich wieder zu dem Baum und seinem Beschützer um.
    Hundert Shrikes standen zwischen Kassad und dem Baum. Er blinzelte, worauf hundert weitere links von ihm auftauchten. Er sah hinter sich, und dort standen eine Legion Shrikes reglos wie Skulpturen auf den kalten Dünen und geschmolzenen Felsen der Wüste.
    Kassad schlug sich mit der Faust aufs Knie. Verdammt!
    Moneta trat eben ihn, bis ihre Arme sich berührten. Die Hautanzüge flossen zusammen, und er spürte die warme Haut ihres Unterarms an seinem. Sie stand dicht neben ihm.
    – Ich liebe dich, Kassad.
    Er betrachtete die perfekten Züge ihres Gesichts, achtete nicht auf die amoklaufenden Spiegelungen und Farben dort und versuchte sich daran zu erinnern, wie er ihr im Wald bei Agincourt zum erstenmal begegnet war. Er erinnerte sich an ihre erstaunlichen grünen Augen und das kurze braune Haar. An ihre volle Unterlippe und den Geschmack von Tränen, als er sie einmal versehentlich dort gebissen hatte.
    Er hob eine Hand, berührte ihre Wange und spürte warme Haut unter dem Hautanzug. Wenn du mich liebst, übermittelte er, bleib hier.
    Dann wandte sich Oberst Fedmahn Kassad ab und stieß einen Schrei aus, den nur er in der lunaren Stille hören konnte – ein Schrei, der teils Kriegsschrei aus der fernen menschlichen Vergangenheit war, teils Jubelruf der FORCE-Kadetten, teils Karateaufschrei und teils reiner Trotz. Er rannte über die Dünen auf den Baum der Dornen und das Shrike zu, das direkt davor stand.
    Jetzt drängten sich Tausende Shrikes auf den Bergen und in den Tälern. Scheren wurden einheitlich aufgeklappt; Licht glitzerte auf Zehntausend skalpellscharfen Klingen und Dornen.
    Kassad achtete nicht auf die anderen und stürmte auf das Shrike zu, das er seiner Meinung nach als erstes gesehen hatte. Über dem Ding krümmten sich menschliche Gestalten in der Einsamkeit ihrer Qual.
    Das Shrike, auf das er zulief, breitete die Arme aus, als wollte es seine Umarmung darbieten. Gekrümmte Klingen an Handgelenken, Gelenken und auf der Brust schienen aus verborgenen Scheiden auszufahren.
    Kassad schrie und legte die verbliebene Entfernung zurück.
     

28
     
    »Ich sollte nicht gehen«, sagte der Konsul.
    Er und Sol hatten den noch bewußtlosen Het Masteen aus dem Höhlengrab zur Sphinx getragen, während Pater Duré auf Brawne Lamia aufgepaßt hatte. Es war fast Mitternacht, und das Tal erstrahlte im gespiegelten Licht der Zeitgräber. Die Schwingen der Sphinx schnitten Bögen aus dem bißchen Himmel, das sie über den Felswänden sehen konnten. Brawne lag reglos da, das obszöne Kabel schlängelte sich in die Dunkelheit des Grabs.
    Sol berührte den Konsul an der Schulter. »Wir haben darüber gesprochen. Sie sollten gehen.«
    Der Konsul schüttelte den Kopf und strich müßig über die uralte Hawking-Matte. »Sie könnte vielleicht zwei befördern. Sie und Duré könnten es bis zur Anlegestelle der Benares schaffen.«
    Sol hielt den winzigen Kopf seiner Tochter in der hohlen Hand, während er sie sanft wiegte. »Rachel ist zwei Tage alt. Davon abgesehen gehören wir hierher.«
    Der Konsul sah sich um. Schmerz stand in seinen Augen. »Ich gehöre hierher. Das Shrike ...«
    Duré beugte sich vor. Das

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