Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Philomels Körper war so perfekt, wie ihn ein Schönheitschirurg und die Fähigkeiten eines ARNisten nur machen konnten. Nachdem ich aufgewacht war, blieb ich mehrere Minuten lang im Bett liegen und bewunderte ihren Körper. Er war von mir abgewendet, die klassischen Kurven von Rücken, Hüften und Flanke bildeten eine schönere und faszinierendere Geometrie als sämtliche Entdeckungen von Euklid; zwei Grübchen am Rückenansatz, direkt über dem atemberaubenden milchigen Weiß der Kehrseite, sanfte, ineinandergreifende Winkel, die Unterseiten voller Schenkel, die irgendwie sinnlicher und solider waren, als es ein Aspekt der männlichen Anatomie je sein konnte.
    Lady Diana schlief, oder schien zu schlafen. Unsere Kleidung lag über ein großes Stück des grünen Teppichbodens verstreut. Magenta- und blaugetöntes, intensives Licht fiel durch breite Fenster herein, hinter denen graue und goldene Baumkronen zu sehen waren. Große Bögen Zeichenpapier lagen neben, unter und auf unseren Kleidungsstücken verteilt. Ich beugte mich nach links, hob eines der Blätter hoch und sah eine hastige Kritzelei von Brüsten, Schenkeln, einem in Eile verbesserten Arm und einem Gesicht ohne Züge. Einen Akt zu zeichnen, wenn man betrunken ist und gerade verführt wird, ist nicht unbedingt ein Garant für Qualität und Kunst.
    Ich stöhnte, drehte mich auf den Rücken und betrachtete die Stuckverzierungen an der Decke dreieinhalb Meter über mir. Wäre die Frau neben mir Fanny gewesen, hätte ich mich vielleicht nie wieder von der Stelle bewegen wollen. So aber schlüpfte ich unter der Decke hervor, fand mein Komlog, stellte fest, daß es auf Tau Ceti Center früher Morgen war – vierzehn Stunden nach meinem Termin bei der Präsidentin –, und machte mich auf die Suche nach einer Katerpille ins Bad auf.
    In Lady Dianas Hausapotheke fand ich eine große Auswahl an Mitteln. Zusätzlich zum handelsüblichen Aspirin und Endorphinen sah ich Stims, Tranks, Flashbackröhrchen, Orgasmusderms, Kortikalkontaktreizer, Cannabisinhalatoren, Nonrekom-Tabakzigaretten und hundert weitere nicht so leicht zu identifizierende Drogen. Ich fand ein Glas, spülte zwei Tagdanachs hinunter und spürte innerhalb von Sekunden, wie Kopfschmerzen und Übelkeit nachließen.
    Lady Diana war wach und saß nackt im Bett, als ich zurückkam. Ich wollte lächeln, aber dann sah ich die beiden Männer an der Osttür stehen. Keiner war ihr Mann, aber beide waren ebenso groß und kultivierten den halslosen, faustballenden, verkniffenen Stil, den Hermund Philomel perfektioniert hatte. Im langen Verlauf der Menschheitsgeschichte hat es gewiß Männer gegeben, die überrascht und nackt vor zwei angezogenen und feindlich gesonnenen Fremden und obendrein männlichen Rivalen stehen konnten, ohne zusammenzuzucken, ohne den Drang zu verspüren, die Genitalien zu bedecken und sich zu bücken, und ohne sich völlig verwundbar und im Nachteil zu fühlen ... aber so ein Mann war ich nicht.
    Ich duckte mich, bedeckte meine Blöße, wich in Richtung Bad zurück und sagte: »Was ... wer ...?« Ich sah hilfesuchend zu Diana Philomel und erblickte ein Lächeln ... ein Lächeln, das der Grausamkeit entsprach, die ich anfänglich in ihren Augen gesehen hatte.
    »Schnappt ihn. Schnell!« fauchte meine ehemalige Bettgefährtin.
    Ich schaffte es ins Bad und streckte gerade die Hand nach dem Schalter aus, mit dem ich die Tür zusperren konnte, als mich der nähere der beiden Männer packte, ins Schlafzimmer zurückstieß und zu seinem Partner schubste. Beide Männer stammten von Lusus oder einer Welt mit entsprechend hoher Schwerkraft, oder sie ernährten sich ausschließlich von einer Diät aus Steroiden und Samsonzellen, denn sie schubsten mich mühelos hin und her. Es spielte keine Rolle, wie groß sie waren. Abgesehen von meiner kurzen Laufbahn als Schulhofschläger bot mein Leben – die Erinnerung an mein Leben – wenig Beispiele von Gewalt und noch weniger Gelegenheiten, wo ich als Sieger aus einem Handgemenge hervorgegangen war. Ein Blick auf diese beiden Männer, die sich auf meine Kosten amüsierten, verriet mir, daß sie dem Typ entsprachen, von dem man las, an den man aber nie richtig glaubte – Individuen, die Knochen brechen, Nasen plattschlagen oder Kniescheiben zermalmen konnten, ohne mehr Gewissensbisse zu verspüren als ich, wenn ich einen leeren Kugelschreiber wegwarf.
    »Schnell!« zischte Diana Philomel wieder.
    Ich klinkte mich in die Datensphäre ein, den

Weitere Kostenlose Bücher