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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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einer ernstzunehmenden Gruppe verbunden?«
    »Nur mit der Kirche des Shrike«, sagte Gladstone. Sie blieb stehen, wo eine kleine Steinbrücke über einen Bach führte, der den Weg schnitt. Die Präsidentin raffte die Robe und setzte sich auf eine schmiedeeiserne Bank. »Wissen Sie, bis jetzt sind noch keine von deren Bischöfen aus ihren Löchern gekommen.«
    »Bei den Unruhen und Feindseligkeiten kann ich es ihnen nicht verdenken«, sagte ich. Ich blieb stehen. Es waren keine Leibwächter oder Monitoren in Sicht, aber ich wußte, sollte ich eine bedrohliche Bewegung Richtung Gladstone machen, würde ich im Gewahrsam von TopSec wieder aufwachen. Über uns verloren die Wolken ihren goldenen Widerschein und erstrahlten im silbernen Licht der zahllosen Turmstädte von TC 2 . »Was haben die Sicherheitsleute mit Diana und ihrem Mann gemacht?« fragte ich.
    »Sie sind gründlich verhört worden. Sie werden ... festgehalten.«
    Ich nickte. Gründlich verhört bedeutete, daß ihre Gehirne derzeit noch in Tanks mit Cortikalsteckern schwebten. Ihre Körper würde man in kryonischem Tiefschlaf halten, bis ein Geheimgericht entschied, ob ihr Tun als Hochverrat einzustufen war. Nach der Verhandlung würden die Körper vernichtet und Diana und Hermund ›in Gewahrsam‹ bleiben – mit abgeschalteten Sinnes- und Kom-Kanälen. Die Hegemonie hatte die Todesstrafe seit Jahrhunderten nicht mehr verhängt, aber die Alternativen waren nicht angenehm. Ich setzte mich anderthalb Meter von Gladstone entfernt auf die lange Bank.
    »Schreiben Sie immer noch Gedichte?«
    Ihre Frage überraschte mich. Ich sah den Gartenweg entlang, wo schwebende Papierlampions und Leuchtkugeln gerade angegangen waren. »Eigentlich nicht«, sagte ich. »Manchmal träume ich in Versen. Oder träumte, besser gesagt ...«
    Meina Gladstone verschränkte die Hände im Schoß und betrachtete sie. »Wenn Sie über die momentanen Geschehnisse schreiben würden«, sagte sie, »was für ein Gedicht würden Sie erschaffen?«
    Ich lachte. »Ich habe es schon angefangen und zweimal wieder sein lassen ... besser gesagt, er hat es getan. Es handelte vom Tod der Götter und ihren Schwierigkeiten, ihr Ende zu akzeptieren. Es handelte von Verwandlung und Leid und Ungerechtigkeit. Und es handelte vom Dichter ... der seiner Meinung nach am meisten unter der Ungerechtigkeit zu leiden hatte.«
    Gladstone sah mich an. Ihr Gesicht bildete im spärlichen Licht eine Masse aus Linien und Schatten. »Und wer sind die Götter, die dieses Mal weichen müssen, M. Severn? Ist es die Menschheit oder die falschen Götter, die wir geschaffen haben, um uns zu entthronen?«
    »Woher soll ich das wissen?« fauchte ich, wandte mich ab und betrachtete den Bach.
    »Sie sind Teil beider Welten, oder nicht? Der Menschheit und des TechnoCore.«
    Ich lachte wieder. »Ich bin Teil keiner Welt. Hier ein Cybridmonster, dort ein Forschungsprojekt.«
    »Ja, aber wessen Forschung? Und zu welchem Zweck?«
    Ich zuckte die Achseln.
    Gladstone stand auf, und ich folgte ihrem Beispiel. Wir überquerten den Bach und hörten das Wasser auf den Steinen plätschern. Der Weg führte zwischen hohen Findlingen hindurch, auf denen kostbare Moose wuchsen, die im Licht der Lampions leuchteten.
    Oben auf einer kurzen Treppe blieb Gladstone stehen. »Glauben Sie, es wird den Ultimaten im Core gelingen, ihre Höchste Intelligenz zu konstruieren, M. Severn?«
    »Werden Sie Gott bauen?« fragte ich. »Es gibt KIs, die wollen Gott nicht bauen. Sie haben aus der Erfahrung der Menschen gelernt, daß es ein Schritt Richtung Sklaverei oder Auslöschung ist, die nächsthöhere Stufe des Bewußtseins zu schaffen.«
    »Aber würde ein wahrer Gott seine Geschöpfe auslöschen?«
    »Im Falle des Core und seiner hypothetischen HI«, sagte ich, »ist Gott das Geschöpf, nicht der Schöpfer. Vielleicht muß ein Gott die niedereren Wesen erschaffen, mit denen er Kontakt hat, damit er Verantwortung für sie empfindet.«
    »Aber der Core hat doch anscheinend die Verantwortung für die Menschen in den Jahrhunderten seit der KI-Sezession übernommen«, sagte Gladstone. Sie sah mich durchdringend an, als wollte sie etwas in meinem Gesicht lesen.
    Ich betrachtete den Garten. Der Weg leuchtete weiß, beinahe unheimlich in der Dunkelheit. »Der Core arbeitet für seine Belange«, sagte ich und wußte noch während ich es aussprach, daß niemand diese Tatsache besser kannte als Meina Gladstone.
    »Und Sie meinen, daß die Menschheit nicht mehr als

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