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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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All-Wesens Gibbons, ein weiteres Dutzend Senatoren von so mächtigen Welten wie Sol Draconi Septem, Deneb Drei, Nordholm, Fuji, den beiden Renaissances, Metaxas, Maui-Covenant, Hebron, Neue Erde und Ixion, und darüber hinaus ein Arsenal unbedeutenderer Politiker. Der Performancekünstler Spenser Reynolds war da – er trug eine prachtvolle weinrote Tunika aus Samt –, aber sonst sah ich keinen Künstler. Über die brechend volle Plattform hinweg konnte ich Tyrena Wingreen-Feif erkennen; die Verlegerin, die zur Philanthropin geworden war, fiel mit ihrem Kleid aus Tausenden seidenfeiner Lederblüten und dem zu einer Wellenskulptur hochgesteckten Haar selbst inmitten dieser Menschenmenge auf, das Kleid war ein Original von Tedekai, das Makeup bestechend, aber nicht interaktiv, und ihr Äußeres war alles in allem zurückhaltender, als ich vor fünf oder sechs Jahrzehnten gewesen wäre. Ich schlenderte in ihre Richtung über die Plattform, während sich die Gäste auf der obersten Plattform drängten, die Bars plünderten und auf den Ruf zum Essen warteten.
    »Joseph, Schätzchen«, rief Wingreen-Feif, als ich die letzten paar Meter zurücklegte, »wie, um alles in der Welt, sind Sie denn zu einem so öden offiziellen Empfang eingeladen worden?«
    Ich lächelte und bot ihr ein Glas Champagner an. Die Kaiserinwitwe der letzten literarischen Schreie kannte mich nur aufgrund ihres einwöchigen Besuchs beim Künstlerfestival auf Esperance im vergangenen Jahr und meiner Bekanntschaft mit solchen netzklasse Namen wie Salmud Brevy III., Millon DeHavre und Rithmet Corber. Tyrena war ein Dinosaurier, der einfach nicht aussterben wollte. Ihre Handgelenke, Handflächen und der Hals hätten vor lauter Poulsen-Behandlungen blau geglüht, wäre das Makeup nicht gewesen, und sie verbrachte Jahrzehnte auf kurzen interstellaren Flügen oder mit unvorstellbar teuren kryonischen Nickerchen in Schönheitskliniken, die so kostspielig waren, daß sie keine Namen mehr hatten; das Erstaunliche war, Tyrena Wingreen-Feif hielt das gesellschaftliche Leben seit Jahrzehnten in eisernem Griff, und es sah nicht aus, als würde sie den lockern. Mit jedem zwanzig Jahre währenden Schläfchen wuchs ihr Vermögen und ihr legendärer Ruf.
    »Leben Sie immer noch auf diesem langweiligen kleinen Planeten, den ich letztes Jahr besucht habe?« fragte sie.
    »Esperance«, sagte ich, wohl wissend, daß ihr genauestens bekannt war, wo jeder bedeutende Künstler auf dieser unbedeutenden Welt zu Hause war. »Nein, ich scheine meinen Wohnsitz vorübergehend nach TC 2 verlegt zu haben.«
    M. Wingreen-Feif verzog das Gesicht. Ich bekam am Rande mit, daß eine Gruppe von acht bis zehn Anhängern eingehend zusah und sich fragte, wer dieser dreiste junge Mann war, der sich in ihren innersten Kreis gewagt hatte. »Wie gräßlich für Sie«, sagte Tyrena, »daß Sie sich auf einer Welt der Geschäftsleute und Bürokraten langweilen müssen. Ich hoffe, sie lassen Sie bald wieder gehen!«
    Ich hob mein Glas und prostete ihr zu. »Ich wollte Sie fragen«, sagte ich, »waren Sie nicht die Lektorin von Martin Silenus?«
    Die Kaiserinwitwe ließ das Glas sinken und maß mich mit einem finsteren Blick. Einen Augenblick lang stellte ich mir Meina Gladstone und diese Frau in einem Kampf der Willenskraft vor; ich erschauerte und wartete auf ihre Antwort. »Mein liebster Junge«, sagte sie, »das ist so eine uralte Geschichte. Warum zerbrechen Sie sich Ihren hübschen jungen Kopf mit derlei prähistorischem Firlefanz?«
    »Mich interessiert Silenus«, sagte ich. »Seine Gedichte. Ich habe mich nur gefragt, ob Sie noch Kontakt mit ihm haben.«
    »Joseph, Joseph, Joseph«, zischelte M. Wingreen-Feif. »Seit Jahrzehnten hat niemand mehr etwas von dem armen Martin gehört. Himmel, der arme Mann muß ja steinalt sein!«
    Ich wies Tyrena nicht darauf hin, daß der Dichter viel jünger sein mußte als sie, wenn sie seine Lektorin gewesen war.
    »Seltsam, daß Sie ihn erwähnen«, fuhr sie fort. »Transline, meine alte Firma, hat kürzlich verlauten lassen, daß sie überlegen, ob sie nicht einen Teil von Martins Werk neu herausbringen möchten. Ich weiß aber nicht, ob sie je mit seinem Estate Verbindung aufgenommen haben.«
    »Seine Sterbende Erde -Bücher?« fragte ich und dachte an die nostalgischen Bücher um die Alte Erde, die sich vor so langer Zeit so ausgezeichnet verkauft hatten.
    »Nein, seltsamerweise nicht. Ich glaube, sie haben sich überlegt, ob sie seine Gesänge drucken

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