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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ihm nicht die große Frau mit dem kurzen dunklen Haar und den Augen, die er nie vergessen sollte, geholfen. Nach ihrem gemeinsamen Sieg hatten Kassad und die Frau, vom Blut ihres getöteten Ritters besudelt, im Wald miteinander kopuliert.
    Das Historisch-Taktische Network der Militärakademie Olymp bot eine Stimsim-Erfahrung, die der Wirklichkeit näherkam als alles, was Zivilisten je erleben konnten, aber die Phantomgeliebte Moneta war kein Artefakt des Stimsim. Im Lauf der Jahre war sie immer wieder zu ihm gekommen, als Kassad Kadett der Militärakademie Olympus Mons von FORCE war, und auch später, in den erschöpften, drogenrauschähnlichen Träumen nach der Katharsis, die unweigerlich jedem wirklichen Kampf folgten.
    Fedmahn Kassad und der Schatten namens Moneta hatten sich in dunklen Ecken von Schlachtfeldern geliebt, die von Antietam bis Qom-Riyadh reichten. Ohne das Wissen anderer und für die anderen Stimsimkadetten unsichtbar, war Moneta in tropischen Nächten während der Wache zu ihm gekommen, und an eiskalten Tagen während der Belagerung in den russischen Steppen. Sie hatten sich flüsternd ihre Leidenschaft in Nächten nach wahrhaftigen Siegen auf den Inselschlachtfeldern von Maui-Covenant geschworen, und auch während der Qual seiner körperlichen Rekonstruktion, nachdem er auf Süd-Bressia beinahe wirklich gestorben wäre. Und Moneta war stets seine einzige Liebe gewesen – eine übermächtige Leidenschaft, in die sich der Geruch von Blut und Dynamit mischte, von Napalm, weichen Lippen und ionisiertem Fleisch.
    Dann kam Hyperion.
    Oberst Fedmahn Kassads Lazarettschiff wurde von Schlachtschiffen der Ousters angegriffen, als es aus dem Bressia-System zurückkehrte. Nur Kassad hatte überlebt – er hatte ein Schiff der Ousters gestohlen und damit eine Bruchlandung auf Hyperion gemacht. Auf dem Kontinent Equus. In den hochgelegenen Wüsten und kahlen wüsten Ländern jenseits der Bridle Range. Im Tal der Zeitgräber. Im Reich des Shrike.
    Und Moneta hatte auf ihn gewartet. Sie hatten sich geliebt ... und als ein Trupp der Ousters landete, um den Gefangenen zurückzuholen, hatten Kassad, Moneta und die nur halb erahnte Präsenz des Shrike das Schiff der Ousters lahmgelegt, den Landungstrupp gestellt und die Mitglieder niedergemetzelt. Eine kurze Zeitspanne hatte Oberst Fedmahn Kassad aus den Elendsvierteln von Tharsis, Kind und Enkel und Urenkel von Flüchtlingen, Bürger des Mars in jedem Sinne des Wortes, die reine Ekstase gekannt, Zeit als Waffe einzusetzen, sich unsichtbar inmitten seiner Feinde zu bewegen, auf eine Weise ein Gott des Todes und der Zerstörung zu sein, wie es sich sterbliche Krieger im Traum nicht vorstellen konnten.
    Doch als sie nach dem Gemetzel der Schlacht miteinander kopuliert hatten, hatte Moneta sich verändert, war zu einem Monster geworden. Oder das Shrike hatte sie verdrängt. Kassad konnte sich nicht an die Einzelheiten erinnern; wollte sich nicht daran erinnern, wenn es zum Überleben nicht zwingend notwendig war.
    Aber er wußte, er war zurückgekehrt, um das Shrike zu finden und zu töten. Um Moneta zu finden und sie zu töten. Sie zu töten? – Das wußte er nicht. Oberst Fedmahn Kassad wußte nur, daß die große Leidenschaft eines leidenschaftlichen Lebens ihn an diesen Ort und diesen Zeitpunkt geführt hatten, und wenn der Tod hier auf ihn wartete, dann sollte es eben so sein. Und wenn Liebe und Ruhm und ein Sieg auf ihn warteten, der Walhalla erbeben lassen würde, so sollte eben das sein.
     
    Kassad klappt das Visier herunter, steht auf und rennt schreiend aus dem Jadegrab. Seine Waffe feuert Rauchgranaten und Störfolien auf den Monolithen, aber diese bieten wenig Deckung für die Strecke, die er zurücklegen muß. Irgend jemand lebt in dem Turm und feuert noch; Kugeln und Pulsladungen explodieren auf seinem Weg, während er von Düne zu Düne springt und läuft, von einem Geröllhaufen zum nächsten.
    Salven treffen seinen Helm und die Beine. Das Visier bekommt einen Sprung, Warnlichter blinken. Kassad blinzelt die taktischen Displays fort und läßt lediglich die Nachtsichthilfe an. Solide Hochgeschwindigkeitsgeschosse treffen seine Schultern und Knie; Kassad läßt sich fallen; muß sich fallenlassen. Der Schutzpanzer wird starr, entspannt sich wieder, und dann läuft Kassad wieder und spürt schon, wie sich schmerzhafte Blutergüsse bilden. Sein Chamäleonpolymer bemüht sich verzweifelt, das Niemandsland zu spiegeln, durch das er sich bewegt: Nacht,

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