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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Nachkomme von Siri, sich in der unvermeidlichen Schlacht um Hyperion auf die Seite der Ousters stellen würde. Es war nicht allein ihr Plan gewesen; Leigh Hunt hatte bei den jahrzehntelangen Planungen eine wichtige Rolle gespielt, ebenso bei dem schwierigen Unterfangen, das fragliche Individuum in Kontakt mit den Ousters zu bringen, in eine Position, wo er beide Seiten verraten konnte, indem er den Mechanismus der Ousters auslöste, der die Zeitgezeiten auf Hyperion zusammenbrechen ließ.
    Und das hatte er. Der Konsul, ein Mann, der vier Jahrzehnte seines Lebens, ebenso wie Frau und Kind, dem Dienst an der Hegemonie geopfert hatte, war plötzlich in Rachsucht explodiert wie eine Bombe, die fünfzig Jahre lang als Blindgänger geruht hatte.
    Gladstone empfand keine Freude an dem Verrat. Der Konsul hatte seine Seele verkauft und würde einen schrecklichen Preis bezahlen – in der Geschichte, in seinem eigenen Denken –, aber sein Verrat war nichts verglichen mit dem Verrat, für den Gladstone sich anschickte zu büßen. Als Präsidentin der Hegemonie war sie die symbolische Führerin von hundertundfünfzig Milliarden Menschenwesen. Sie war bereit, alle zu verraten, um die Menschheit zu retten.
    Sie stand auf, spürte Alter und Rheumatismus in den Knochen und ging langsam zum Terminex. Vor dem sanft summenden Portal blieb sie einen Moment lang stehen und warf Maui-Covenant einen letzten Blick zu. Der Wind wehte vom Meer herein, aber er trug den schalen Gestank von Ölpest und Raffineriegasen mit sich. Gladstone wandte sich ab.
    Die Last von Lusus senkte sich auf ihre Schultern wie ein Gewicht aus Eisen. Im Concourse herrschte Stoßzeit. Tausende Pendler, Einkäufer und Touristen drängten sich auf allen Ebenen der Fußwege, füllten die kilometerlangen Rolltreppen mit der bunten Vielfalt von Menschen und verliehen der Luft eine ausgeatmete Schwere, in die sich der Geruch von Öl und Ozon des abgeschlossenen Systems mischte. Gladstone schenkte den teuren Einkaufsetagen keine Beachtung und nahm statt dessen einen Perstransdiskway für die zehn Klicks zum Tempel des Shrike.
    Hinter dem Ansatz der breiten Treppe befanden sich Polizeiabsperrungen und Sperrfelder, die violett und grün leuchteten. Der Tempel selbst war vernagelt und dunkel; viele der hohen, schmalen Buntglasfenster auf den Concourse hinaus waren eingeworfen worden.
    Gladstone erinnerte sich an die Meldungen über Aufstände vor Monaten und wußte, daß der Bischof und seine Priester geflohen waren.
    Sie ging dicht an das Sperrfeld und betrachtete durch den wabernden violetten Dunst die Treppe, wo Brawne Lamia ihren sterbenden Klienten und Liebhaber, den ursprünglichen Keats-Cybrid, zu den wartenden Priestern des Shrike hinaufgetragen hatte. Gladstone hatte Brawnes Vater gut gekannt; sie hatten ihre frühesten Jahre im Senat gemeinsam verbracht. Senator Byron Lamia war ein brillanter Mann gewesen – einmal, lange bevor Brawnes Mutter von ihrer Hinterwäldlerprovinz auf Freeholm die gesellschaftliche Bühne betreten hatte, hatte Gladstone sich überlegt, ob sie ihn heiraten sollte –, und als er starb, war ein Teil von Gladstones Jugend mit ihm zu Grabe getragen worden. Byron Lamia war vom TechnoCore besessen gewesen und von Sendungsbewußtsein verzehrt worden, die Menschheit vom Band zu erlösen, mit dem die KIs sie seit fünf Jahrhunderten und tausend Lichtjahren gängelten. Brawne Lamias Vater war es gewesen, der Gladstone auf die Gefahr aufmerksam gemacht hatte, er hatte sie zu der Überzeugung gebracht, die den schrecklichen Verrat in der Menschheitsgeschichte zur Folge hatte.
    Und Senator Byron Lamias ›Selbstmord‹ hatte sie veranlaßt, jahrzehntelang auf der Hut zu sein. Gladstone wußte nicht, ob Agenten des Core den Tod des Senators eingefädelt hatten, möglicherweise auch Elemente der Hegemoniehierarchie, die ihre eigenen verstohlenen Interessen schützten, aber sie wußte, daß sich Byron Lamia niemals das Leben genommen, niemals seine hilflose Frau und eigensinnige Tochter auf diese Weise im Stich gelassen hätte. Senator Lamias letzte Tat im Senat war gewesen, die Aufnahme von Hyperion ins Protektorat mit vorzuschlagen, ein Schachzug, der diese Welt zwanzig Standardjahre früher hätte ins Netz bringen können als die momentanen Ereignisse. Nach seinem Tod hatte die Mitantragstellerin – die einflußreich gewordene Meina Gladstone – den Vorschlag zurückgezogen.
    Gladstone fand einen Transportschacht und sank an Einkaufs- und

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