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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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können. Der lange Kiefer und die Zahnreihen schienen Alpträumen entsprungen zu sein.
    Kassad hielt sich bereit. Wenn der Hautanzug ihm dieselbe Kraft und Wendigkeit verlieh wie Moneta, dann konnte er immerhin kämpfend sterben.
    Aber dazu blieb keine Zeit. Eben stand der Herr der Schmerzen noch fünf Meter entfernt auf den schwarzen Kacheln, und im nächsten Augenblick befand er sich neben Kassad, umklammerte den Oberarm des Obersten mit einem stahlharten Klammergriff, der durch das Feld des Hautanzugs drang und Blut aus dem Bizeps preßte.
    Kassad verkrampfte sich, wartete auf den Schlag und war fest entschlossen, sich zu wehren, auch wenn das bedeutete, daß er sich auf Dornen, Stacheln und Stacheldraht aufspießen würde.
    Das Shrike hob die rechte Hand, worauf ein vier Meter breites rechteckiges Feldportal sichtbar wurde. Es glich einem Farcasterportal, abgesehen von dem violetten Leuchten, welches das Innere des Monolithen mit einem strahlenden Leuchten erfüllte.
    Moneta nickte ihm zu und ging durch. Das Shrike kam näher, seine Fingerklingen schnitten nur behutsam in Kassads Oberarm.
    Kassad überlegte sich, ob er zurückweichen sollte, aber seine Neugier war stärker als der Wunsch zu sterben, daher trat er mit dem Shrike durch das Portal.
     

18
     
    Präsidentin Meina Gladstone konnte nicht schlafen. Sie stand auf, zog sich in ihrem dunklen Apartment tief im Innern des Regierungshauses rasch an und begann, wie sie das öfter tat, wenn sie nicht einschlafen konnte, über die Welten zu wandern.
    Ihr privates Farcasterportal erwachte pulsierend zum Leben. Gladstone ließ ihre menschlichen Leibwächter im Vorzimmer sitzen und nahm nur eine Mikrofernsonde mit. Sie hätte gar nichts mitgenommen, wenn es die Gesetze der Hegemonie und die Vorschriften des TechnoCore zugelassen hätten, aber das war nicht der Fall.
    Auf TC 2 war es lange nach Mitternacht, aber sie wußte, auf zahlreichen Welten würde Tageslicht herrschen, daher trug sie ein langes Kleid mit einem Nicht-stören-Kragen von Renaissance. Ihre Hosen und Stiefel verrieten weder Geschlecht noch Status, aber an manchen Orten mochte allein schon die Qualität des Capes auffallen.
    Präsidentin Gladstone trat durch das Einwegportal und spürte die Mikrofernsonde mehr als sie sie sah oder hörte, während diese ihr folgte, höher stieg und unsichtbar wurde, Gladstone auf den Platz von St. Peter im Neuen Vatikan auf Pacem trat. Einen Augenblick lang wußte sie nicht, warum sie mit ihrem Implantat dieses Ziel codiert hatte – wegen der Anwesenheit dieses überflüssigen Monsignore beim Dinner auf God's Grove? –, aber dann wurde ihr klar, daß sie an die Pilger gedacht hatte, während sie wach lag, die Sieben, die vor drei Jahren aufgebrochen waren, um auf Hyperion ihr Schicksal zu suchen. Pacem war die Heimat von Pater Lenar Hoyt gewesen ... und dem anderen Priester vor ihm, Duré.
    Gladstone zuckte unter dem Cape die Achseln und überquerte den Platz. Die Heimatwelten der Pilger zu besuchen, war als Route für ihren Spaziergang so gut wie jede andere auch; in vielen schlaflosen Nächten schlenderte sie durch Dutzende von Welten und kehrte erst kurz vor Dämmerung und ihren ersten Terminen nach Tau Ceti-Center zurück. Immerhin würden es heute nur sieben Welten sein.
    Hier war es früh am Morgen. Der Himmel von Pacem war gelb, mit grünen Wölkchen und einem Ammoniakgeruch, der ihre Stirnhöhlen reizte und ihr Tränen in die Augen trieb. Der Luft war jener dünne, faulige, chemische Geruch einer Welt eigen, die weder vollständig terraformt noch völlig lebensfeindlich für Menschen war. Gladstone blieb stehen und sah sich um.
    St. Peter war auf einem Hügel gelegen, der Vorplatz von einem Halbkreis von Säulen umgeben, an dessen Scheitel sich eine große Basilika befand. Rechts von ihr, wo sich die Säulen zu einer Treppe hin auftaten, die einen Kilometer oder mehr abwärts nach Süden führte, war eine kleine Stadt sichtbar, einfache kleine Häuser drängten sich zwischen schlohweißen Bäumen, die an die Skelette verkrüppelter Tiere erinnerten.
    Nur wenige Menschen waren zu sehen, die über den Platz oder die Treppe hinaufeilten, als kämen sie zu spät zum Gottesdienst. Irgendwo unter der großen Kuppel der Kathedrale fingen Glocken an zu läuten, aber die dünne Luft beraubte den Klang jeglicher Kraft.
    Gladstone ging mit gesenktem Kopf den Kreis der Kolonnaden entlang und achtete nicht auf die neugierigen Blicke der Priester und der

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