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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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letzten Meter bis zum Portal und warf sich durch. Ich fluchte und kletterte über das Tor, achtete nicht auf die Rufe des Touristenführers hinter mir. Ich sah aus dem Augenwinkel ein Schild, das Touristen anwies, Thermoausrüstung anzulegen, dann war ich schon durch das Portal, spürte kaum das kribbelnde Duschgefühl beim Durchschreiten des Farcasterschirms.
    Ein Schneesturm tobte und peitschte gegen das gekrümmte Sperrfeld, das den Touristenweg in einen Tunnel durch blendendes Weiß verwandelte. Sol Draconi Septem – die nördliche Region, wo die Tempelritterlobby beim All-Wesen das Heizungsprojekt der Kolonisierung gestoppt hatte, um die arktische Wildnis zu erhalten. Ich spürte die 1,7-fache Standardschwerkraft auf meinen Schultern wie das Joch meiner Trainingsmaschine. Zu dumm, dass Queue auch ein Lusier
war – hätte er an körperlicher Verfassung der Netznorm entsprochen, wäre er kein Gegner für mich gewesen, falls ich ihn hier erwischte. Nun würden wir sehen, wer in besserer Verfassung war.
    Queue hatte fünfzig Meter des Weges zurückgelegt und sah über die Schulter. Der andere Farcaster war irgendwo in der Nähe, aber in dem Schneesturm war alles abseits des Weges unsichtbar und unzugänglich. Ich nahm die Verfolgung auf. Mit Rücksicht auf die Schwerkraft war dies der kürzeste Exkursionspfad der Tempelritter mit einer Gesamtlänge von nur rund zweihundert Metern. Ich konnte Queues Keuchen hören, während ich aufholte. Ich lief unbeschwert; er konnte es unmöglich vor mir zum nächsten Farcaster schaffen. Ich sah keine Touristen auf dem Pfad, und bisher hatte niemand die Verfolgung aufgenommen. Ich dachte mir, dies wäre kein schlechter Platz, um ihn zu verhören.
    Queue war dreißig Meter vom Ausgangsportal entfernt, als er sich umdrehte, auf ein Knie sank und mit einer Energiepistole zielte. Der erste Strahl ging fehl – wahrscheinlich aufgrund des ungewöhnlichen Gewichts der Pistole im Schwerefeld von Sol Draconi –, aber er war immerhin so nahe, dass er eine Brandspur über den Gehweg zog und einen Meter von mir entfernt den Permafrost zum Schmelzen brachte. Er zielte erneut.
    Ich verließ das Sperrfeld, drängte mich mit der Schulter durch den elastischen Widerstand und stolperte in mehr als hüfthohe Schneeverwehungen. Die kalte Luft brannte in meinen Lungen, vom Wind verwehter Schnee verkrustete innerhalb von Sekunden mein Gesicht und meine Arme. Ich sah, wie Queue vom beleuchteten Gang aus nach mir suchte, aber jetzt arbeitete die verschneite Düsternis für mich, während ich mich durch die Verwehungen in seine Richtung schleppte.

    Queue zwängte Kopf, Schultern und den rechten Arm durch die Wand des Feldes und blinzelte durch die Eispartikel, die sofort seine Wangen und die Stirn verkrusteten. Sein zweiter Schuss war zu hoch, aber ich spürte die Hitze, als er über mich hinwegstrich. Ich war jetzt zehn Meter von ihm entfernt; ich stellte den Schocker auf breiteste Streuung ein und feuerte in seine Richtung, ohne den Kopf hinter der Schneeverwehung emporzuheben, hinter die ich mich geworfen hatte.
    Queue ließ die Energiepistole in den Schnee fallen und stürzte durch das Sperrfeld zurück nach innen.
    Ich schrie triumphierend – der Schrei ging im Brüllen des Windes unter – und stolperte zur Feldbegrenzung. Meine Hände und Füße schienen weit von mir entfernt und jenseits von Schmerzempfindung zu sein. Meine Wangen und Ohren brannten. Ich verdrängte die Gedanken an Erfrierungen und warf mich gegen das Feld.
    Es war ein Feld Klasse Drei, das entworfen worden war, um die arktischen Stürme abzuhalten, es dem gelegentlichen verirrten Touristen oder Tempelritter aber ermöglichte, wieder auf den Weg zu gelangen, doch in meinem von der Kälte geschwächten Zustand stieß ich einen Moment lang dagegen wie eine Fliege gegen Plastik und meine Füße rutschten in Schnee und Eis ab. Schließlich warf ich mich nach vorne, fiel polternd hin und zog die Füße nach.
    In der plötzlichen Wärme des Wegs zitterte ich unkontrolliert. Die Schneekruste fiel in Bruchstücken von mir ab, als ich mich erst auf die Knie und dann auf die Füße aufrichtete.
    Queue rannte die letzten fünf Meter zum Portal, wobei sein rechter Arm herunterbaumelte, als wäre er gebrochen. Ich kannte die wie Feuer brennenden Schmerzen eines Nervenschockers und beneidete ihn nicht. Er sah sich kurz um, während ich ihm nachlief, dann ging er durch.

    Maui-Covenant. Die Luft war tropisch und roch nach Meer und

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