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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Nachrichtensendungen behauptet«, sagte ich leise, »aber sie haben sich alle geirrt. Mein Vater hätte sich niemals das Leben genommen.«
    »Also war es Mord?«
    »Ja.«
    »Obwohl es kein Motiv und nicht die Spur eines Verdächtigen gegeben hat?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe«, sagte Johnny. Das gelbe Leuchten der Lampen des Ladedocks fiel durch die staubigen Scheiben herein und verlieh seinem Haar den Glanz neuen Kupfers. »Sind Sie gern Detektivin?«
    »Wenn es mir gut gelingt«, sagte ich. »Haben Sie Hunger?«
    »Nein.«
    »Dann schlafen wir etwas. Sie können die Couch haben.«
    »Gelingt es Ihnen oft gut?«, sagte er. »Detektivin zu sein?«
    »Das werden wir morgen sehen.«
     
    Am Morgen farcastete Johnny etwa zur üblichen Zeit nach Renaissance Vector, wartete einen Moment lang auf der Plaza und ’castete dann weiter zum Alten Siedlermuseum auf Sol Draconi Septem. Von dort sprang er zum Hauptterminex auf Nordholm und dann zur Tempelritterwelt God’s Grove.

    Wir hatten den Zeitplan zuvor ausgearbeitet – ich wartete auf Renaissance V auf ihn, wo ich in den Schatten des Säulengangs stand.
    Ein Mann mit Queue kam als Dritter nach Johnny durch. Kein Zweifel, dass er Lusier war – mit seiner Stockblässe, den Muskeln und dem wuchtigen Körper und der arroganten Gehweise hätte er mein lange verschollener Bruder sein können.
    Er sah Johnny nicht an, aber ich stellte fest, dass er überrascht war, als der Cybrid weiter zu den Fernportalen ging. Ich blieb im Hintergrund und sah seine Karte nur einen Sekundenbruchteil, aber ich wäre jede Wette eingegangen, dass es sich um eine Sucherkarte handelte.
    Im Alten Siedlermuseum war Queue vorsichtig, behielt Johnny im Auge, achtete aber auch auf die eigene Rückendeckung. Ich trug den Meditationsoverall eines Zen-Gnostikers samt Isolationsvisier und sah nicht in ihre Richtung, als ich zum Ausgang des Museums ging und direkt nach God’s Grove ’castete.
    Ich hatte ein komisches Gefühl, Johnny im Museum und auf dem Terminex von Nordholm allein zu lassen, aber beides waren öffentliche Orte und es war ein kalkuliertes Risiko.
    Johnny kam rechtzeitig durch das Ankunftsportal des Weltbaums und kaufte eine Fahrkarte für die Rundfahrt. Sein Verfolger musste sich beeilen, damit er dranbleiben, und seine Deckung verlassen, damit er den Omnibusgleiter betreten konnte. Ich saß bereits auf dem hintersten Sitz des Oberdecks, und Johnny fand einen Platz weiter vorne, wie wir es besprochen hatten. Nun trug ich unauffällige Touristenkleidung, und mein Bildmacher war einer von drei Dutzend im Einsatz, als Queue sich auf einen Platz drei Reihen hinter Johnny setzte.
    Die Rundfahrt durch den Weltbaum macht immer Spaß – Dad hat mich zum ersten Mal dorthin mitgenommen, als ich
nur drei Standard alt war –, aber als der Gleiter jetzt über Äste so breit wie Autobahnen flog und um einen Stamm kreiste, dessen Durchmesser größer war als der des Mons Olympus, reagierte ich beinahe ängstlich auf den Anblick von Tempelrittern mit Kapuzen.
    Johnny und ich hatten verschiedene kluge und unglaublich unauffällige Methoden diskutiert, Queue zu verfolgen, falls er sich zeigen sollte, zu seinem Hort zu gelangen und nötigenfalls Wochen damit zu verbringen, seine Absicht zu erkunden. Doch ich entschied mich für eine weniger subtile Vorgehensweise.
    Wir waren in der Nähe des Muir-Museums aus dem Omnibus ausgestiegen, die Leute trieben sich auf dem Vorplatz herum und überlegten, ob sie zehn Mark für ihre Bildung ausgeben oder gleich die Souvenirläden stürmen sollten, als ich direkt auf Queue zuging, ihn am Oberarm packte und im Plauderton sagte: »Hi. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu verraten, was Sie von meinem Klienten wollen?«
    Ein altes Vorurteil sagt, dass Lusier etwa so subtil wie eine Magenpumpe und halb so angenehm sind. Ich hatte soeben den ersten Teil bestätigt, und nun nahm Queue große Mühen auf sich, den zweiten Teil des Klischees zu erfüllen.
    Er war schnell. Obwohl mein scheinbar beiläufiger Griff die Muskeln seines rechten Arms lähmte, hatte er mit der Linken in nicht mal einer Sekunde ein Messer gezückt und hochgerissen.
    Ich ließ mich nach links fallen, und das Messer zischte Zentimeter von meiner Wange entfernt durch die Luft. Ich landete auf dem Boden, rollte mich ab und zog gleichzeitig den Nervenschocker heraus, während ich mich auf ein Knie aufrichtete, um der Bedrohung zu begegnen.
    Keine Bedrohung. Queue floh. Von mir weg. Von Johnny
weg. Er

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