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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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auf.«
    »Als Repräsentant der Hegemonie?«, fragte Theo. Das Gesicht
des Rotschopfs sah plötzlich viel älter und gramzerfurcht aus.
    »Als Repräsentant von Senatorin Gladstones Fraktion«, sagte der Konsul. »Das war, bevor sie erstmals zur Präsidentin gewählt wurde. Ihre Gruppe erklärte mir, dass ein interner Machtkampf innerhalb des TechnoCore beeinflusst werden könnte, wenn wir Hyperion ins Protektorat des Netzes aufnähmen. Die einfachste Möglichkeit, das zu erreichen, bestand darin, den Ousters Informationen zuzuspielen – Informationen, die sie veranlassen würden, Hyperion anzugreifen, womit ein Grund vorhanden war, die Flotte der Hegemonie dorthin zu verlegen.«
    »Und das haben Sie gemacht?« Arundez’ Stimme war emotionslos, obwohl seine Frau und seine erwachsenen Kinder auf Renaissance Vector lebten, das keine achtzig Stunden mehr von der Front der Invasion entfernt war.
    Der Konsul lehnte sich in die Kissen zurück. »Nein. Ich habe den Ousters von dem Plan erzählt. Sie haben mich als Doppelagent ins Netz zurückgeschickt. Sie hatten vor, Hyperion zu erobern, aber zu ihrem selbstgewählten Zeitpunkt.«
    Theo rutschte nach vorn und verschränkte die Hände fest. »Die ganzen Jahre im Konsulat …«
    »Habe ich nur auf eine Nachricht von den Ousters gewartet« , sagte der Konsul tonlos. »Weißt du, sie hatten einen Mechanismus, der die Anti-Entropiefelder um die Zeitgräber herum zusammenbrechen lassen konnte. Der sie öffnen sollte, wenn sie bereit waren. Damit das Shrike seinen Fesseln entkommen konnte.«
    »Also waren das die Ousters«, sagte Theo.
    »Nein«, sagte der Konsul. »Ich war es. Ich habe die Ousters ebenso verraten wie Gladstone und die Hegemonie. Ich habe die Ousterfrau erschossen, die den Mechanismus kalibriert hat – sie und ihre Techniker dazu –, und ihn aktiviert. Die Anti-Entropiefelder
sind zusammengebrochen. Die letzte Pilgerfahrt wurde organisiert. Das Shrike ist frei.«
    Theo sah seinen einstigen Mentor fassungslos an. Aber die grünen Augen des jungen Mannes drückten mehr Verwirrung als Wut aus. »Warum? Warum hast du das alles getan?«
    Der Konsul erzählte ihnen knapp und leidenschaftslos von seiner Großmutter Siri auf Maui-Covenant und ihrer Rebellion gegen die Hegemonie – eine Rebellion, die nicht aufhörte, als sie und ihr Liebster, der Großvater des Konsuls, den Tod fanden.
    Arundez stand von der Nische auf und begab sich zum Fenster gegenüber dem Balkon. Sonnenschein fiel auf seine Beine und den dunkelblauen Teppichboden. »Wissen die Ousters, was Sie getan haben?«
    »Sie wissen es«, sagte der Konsul. »Ich habe es Freeman Vanz und den anderen nach unserer Ankunft erzählt.«
    Theo durchquerte die Holonische. »Also könnte diese Zusammenkunft, zu der wir gehen, ein Prozess sein?«
    Der Konsul lächelte. »Oder eine Hinrichtung.«
    Theo blieb stehen und ballte beide Hände zu Fäusten. »Und Gladstone hat das gewusst, als sie dich gebeten hat, wieder hierherzukommen?«
    »Ja.«
    Theo wandte sich ab. »Ich weiß nicht, ob ich möchte, dass sie dich hinrichten oder nicht.«
    »Ich weiß es auch nicht, Theo«, sagte der Konsul.
    Melio Arundez wandte sich vom Fenster ab. »Hat Vanz nicht gesagt, dass sie ein Boot schicken, das uns abholt?«
    Sein Tonfall zog die beiden anderen Männer zum Fenster. Die Welt, auf der sie gelandet waren, war ein mittelgroßer Asteroid, der von einem Sperrfeld Klasse zehn umgeben und durch Generationen von Wind und Wasser und sorgfältige Restrukturierung terraformt worden war. Hyperions Sonne ging
hinter dem zu nahen Horizont unter, die wenigen Kilometer konturlosen Grases wiegten sich in einer sanften Brise. Unter dem Schiff verlief ein schmaler Bach durch das Grasland zum Horizont, wo er aufwärts in einen zum Wasserfall gewordenen Fluss strömte, der sich wiederum durch das ferne Sperrfeld wand und schlangengleich durch die Schwärze des Weltraums führte, bis er zu einer schmalen Linie wurde, die man nicht mehr sehen konnte.
    Ein Boot kam diesen unendlich hohen Wasserfall herab und näherte sich der Oberfläche ihrer kleinen Welt. Menschenähnliche Gestalten waren an Bug und Heck zu erkennen.
    »Mein Gott«, flüsterte Theo.
    »Wir sollten uns bereitmachen«, sagte der Konsul. »Das ist unsere Eskorte.«
    Draußen ging die Sonne erschreckend schnell unter, schickte die letzten Strahlen durch den Vorhang des Wassers einen halben Kilometer über dem schattigen Boden und durchschnitt den ultramarinfarbenen Himmel mit

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