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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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die Het Masteen ihnen im Namen des Befehlshabers weitergegeben hatte. Der Leutnant nahm sich Zeit, ihre Visachips zu studieren, ließ sie im Nieselregen warten und gab gelegentlich eine Bemerkung mit der müßigen
Arroganz eines Niemands von sich, der gerade ein kleines bisschen Macht bekommen hat. Dann kam er zum Chip von Fedmahn Kassad und sah mit dem Ausdruck eines überraschten Wiesels auf. »Oberst Kassad!«
    »Im Ruhestand«, sagte Kassad.
    »Tut mir leid, Sir«, sagte der Leutnant, der über die eigenen Worte stolperte, während er sich beeilte, allen die Visa zurückzugeben. »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie zu dieser Gruppe gehören, Sir. Das heißt … der Captain hat nur gesagt … ich meine … mein Onkel war mit Ihnen auf Bressia, Sir. Ich meine, es tut mir leid … Wenn ich oder meine Männer etwas für Sie tun können …«
    »Ganz ruhig, Leutnant«, sagte Kassad. »Gibt es eine Möglichkeit, ein Transportmittel in die Stadt zu bekommen?«
    »Äh … Nun, Sir …« Der junge Mann wollte sich am Kinn reiben, doch dann fiel ihm ein, dass er den Helm aufhatte. »Ja, Sir. Aber das Problem ist, Sir, die Menge kann ziemlich ungemütlich werden und … nun, die verdammten EMVs funktionieren einen Scheißdreck auf diesem … äh, pardon, Sir. Sehen Sie, der Bodenverkehr ist auf Frachtgut beschränkt, und wir haben erst um 22:00 Uhr Gleiter frei, die den Stützpunkt verlassen können, aber ich setze Ihre Gruppe gern auf den Dienstplan …«
    »Augenblick«, sagte der Konsul. Ein verbeulter Passagiergleiter mit dem auf einer Schubdüse aufgemalten goldenen Geodät der Hegemonie war zehn Meter entfernt gelandet. Ein großer, magerer Mann stieg aus. »Theo!«, rief der Konsul.
    Die beiden Männer gingen aufeinander zu, streckten die Hände zur Begrüßung aus, umarmten einander dann aber stattdessen. »Verdammt«, sagte der Konsul, »du siehst gut aus, Theo!« Das stimmte: Sein ehemaliger Attaché war um runde sechs Jahre zum Konsul aufgerückt, aber der jüngere Mann hatte immer noch das knabenhafte Lächeln, das schmale Gesicht und das dichte rote Haar, das jede unverheiratete Frau –
und nicht wenige verheiratete dazu – im Stab des Konsulats fasziniert hatte. Die Schüchternheit, die zu Theo Lanes Schwächen gehört hatte, war auch noch da, was man daran erkennen konnte, wie er gerade unnötigerweise die archaische Hornbrille  – die einzige Leidenschaft des jungen Diplomaten – zurechtrückte.
    »Schön, dich wieder bei uns zu haben«, sagte Theo.
    Der Konsul drehte sich um, wollte seinen Freund der Gruppe vorstellen, dann hielt er inne. »Mein Gott«, sagte er. »Du bist ja jetzt Konsul. Tut mir leid, Theo, ich denke auch an nichts!«
    Theo Lane lächelte und rückte erneut die Brille zurecht. »Kein Problem, Sir«, sagte er. »Eigentlich bin ich nicht mehr Konsul. In den vergangenen Monaten war ich Generalgouverneur. Der Heimat-Regierungsrat hat endlich um den offiziellen Kolonienstatus gebeten und ihn erhalten. Willkommen auf der neuesten Welt der Hegemonie!«
    Der Konsul war einen Moment verblüfft, dann nahm er seinen ehemaligen Protege wieder in die Arme. »Meinen Glückwunsch, Euer Exzellenz!«
    Theo grinste und sah zum Himmel. »Nicht mehr lange, dann wird es richtig regnen. Bring deine Gruppe an Bord des Gleiters, ich fliege euch in die Stadt.« Der Generalgouverneur lächelte dem jungen Marine zu. »Leutnant?«
    »Äh … Ja, Sir ?« Der Offizier schnappte in Habachtstellung.
    »Könnten Sie bitte Ihren Männern sagen, sie sollen das Gepäck dieser Leute einladen? Wir würden alle gern aus dem Regen kommen.«
     
    Der Gleiter flog in einer konstanten Höhe von sechzig Metern über der Straße nach Süden. Der Konsul saß vorne auf dem Beifahrersitz; der Rest der Gruppe entspannte sich auf Schaumstoffliegen hinten. Martin Silenus und Pater Hoyt schienen zu schlafen. Weintraubs Baby hatte aufgehört zu
weinen und nuckelte an einer weichen Flasche mit synthetisierter Muttermilch.
    »Es hat sich verändert«, sagte der Konsul. Er drückte die Wange an den regennassen Baldachin und betrachtete das Chaos unten.
    Tausende Schuppen und Hütten befanden sich auf den Hügeln und Anhöhen auf dem drei Klicks langen Weg zu den Vororten. Feuer wurde unter nassen Planen entfacht, der Konsul sah lehmfarbene Gestalten zwischen lehmfarbenen Hütten. Hohe Zäune waren an der alten Straße zum Raumhafen errichtet worden, die Straße selbst war verbreitert und begradigt. Zwei Fahrbahnen Lastwagen und

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