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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Center angefleht, jemand anderen herzuschicken. Als ich erfahren habe,
dass du kommst … Nun, verdammt, das hat mir über die letzten zwei Jahre hinweggeholfen.«
    Der Konsul schüttelte den Kopf, weil er nicht begriff.
    Theo gab die Schleife über dem Stadtzentrum ein, dann ging er in Schwebeflug über, wandte den Blick von den Kontrollen ab und sah den Konsul direkt an. »Ich möchte, dass du Generalgouverneur wirst. Der Senat wird keine Einwände erheben  – außer vielleicht Gladstone –, und bis sie es herausfindet, wird es zu spät sein.«
    Dem Konsul war zumute, als hätte ihm jemand unter die dritte Rippe geschlagen. Er sah weg, in das Labyrinth der engen Straßen und windschiefen Gebäude von Jacktown, der Altstadt, hinunter. Als er wieder sprechen konnte, sagte er: »Ich kann nicht, Theo.«
    »Hör zu, wenn du …«
    »Nein. Ich meine, ich kann nicht. Es würde nichts nützen, wenn ich akzeptieren würde, aber die Wahrheit ist schlicht und einfach: Ich kann nicht. Ich muss an dieser Pilgerfahrt teilnehmen.«
    Theo rückte seine Brille zurecht und sah starr geradeaus.
    »Hör zu, Theo! Du bist der kompetenteste und fähigste Beamte im Auswärtigen Dienst, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Ich bin seit acht Jahren raus aus dem Geschäft. Ich glaube …«
    Theo nickte verkrampft und unterbrach den Kosul: »Ich nehme an, ihr wollt zum Tempel des Shrike.«
    »Ja.«
    Der Gleiter kreiste und landete. Der Konsul sah ins Leere und dachte nach, als die Türen des Gleiters nach oben glitten und sich zusammenklappten und Sol Weintraub sagte: »Großer Gott!«
    Die Gruppe stieg aus und betrachtete die verkohlten, eingestürzten Trümmer des ehemaligen Shrike-Tempels. Seit
die Zeitgräber vor fünfundzwanzig hiesigen Jahren als zu gefährlich gesperrt worden waren, war der Tempel des Shrike zur populärsten Touristenattraktion von Hyperion geworden. Der zentrale Tempel der Kirche des Shrike nahm drei ganze Blocks ein, stieg mit dem spitzen Turm in der Mitte zu einer Höhe von einhundertfünfzig Metern empor und war teils ehrfurchtgebietende Kathedrale, teils ein gotischer Witz mit seinen geschwungenen Säulengängen aus Stein, die fest mit dem Legierungsskelett verschweißt waren, teils Escher-Kunstdruck mit seinen perspektivischen Tricks und unmöglichen Winkeln, teils Alptraum von Bosch mit seinen Tunnelöffnungen, verborgenen Kammern, dunklen Gärten und verbotenen Flügeln und – mehr als alles andere – Teil von Hyperions Vergangenheit.
    Jetzt stand er nicht mehr. Gewaltige Haufen rußiger Steintrümmer waren der einzige Beweis für die einstige Majestät des Gebäudes. Geschmolzene Metallträger ragten zwischen den Steinen hervor wie die Rippen eines hünenhaften Leichnams. Ein großer Teil der Trümmer war in die Gruben, Keller und Durchgänge gestürzt, die unter dem drei Jahrhunderte alten Gebäude gelegen hatten. Der Konsul trat dicht an den Rand einer Grube und fragte sich, ob die tiefen Kellergewölbe tatsächlich – wie die Legende behauptete – mit einem der Labyrinthe des Planeten verbunden waren.
    »Sieht aus, als hätten sie das Gebäude mit einer Höllenpeitsche bearbeitet«, sagte Martin Silenus und benützte einen archaischen Ausdruck für eine hochenergetische Laserwaffe. Der Dichter schien plötzlich nüchtern zu sein, als er zum Konsul am Rand der Grube trat. »Ich kann mich noch erinnern, als der Tempel und Teile der Altstadt das Einzige hier waren«, sagte er. »Nach der Katastrophe bei den Gräbern hat Billy beschlossen, Jacktown hierherzuverlegen – wegen des Tempels. Und jetzt ist er futsch. Herrgott!«

    »Nein«, sagte Kassad.
    Die anderen sahen ihn an.
    Der Oberst, der die Trümmer untersucht hatte, stand wieder auf. »Keine Höllenpeitsche«, sagte er. »Gebündelte Plasmaladungen. Mehrere.«
    »Möchtest du immer noch hierbleiben und diese nutzlose Pilgerfahrt machen?«, fragte Theo. »Komm mit mir zum Konsulat.« Er sprach den Konsul an, schloss die anderen aber in seine Einladung ein.
    Der Konsul wandte sich von der Grube ab und betrachtete seinen ehemaligen Attaché – doch nun sah er zum ersten Mal den Generalgouverneur einer belagerten Welt der Hegemonie. »Das können wir nicht, Eure Exzellenz«, sagte er. »Jedenfalls ich nicht. Für die anderen kann ich nicht sprechen.«
    Die vier Männer und die Frau schüttelten den Kopf. Silenus und Kassad machten sich daran, das Gepäck auszuladen. Der Regen war als leichter Nebel zurückgekehrt, der aus der

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