Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
ich Ihnen Hemd, Krawatte und Jackett leihen?«
    Partain nahm dankend an, und der General wandte sich wieder an Millicent Altford. »Willst du auch hingehen?«
    »Ich habe Violet sehr gemocht, aber ihn konnte ich nicht leiden und wüßte keinen Grund, aus dem ich zu seiner Beerdigung gehen sollte.«
    Der General nickte verstehend. »Ich weiß, wie gut du mit Violet befreundet warst.«
    »Solltest du auch«, sagte sie. »Du hast uns miteinander bekannt gemacht.«
     
    Nach Partains Schätzung enthielt die Bibliothek des Generals in der ersten Etage mindestens neuntausend Bände. Sie war etwa so groß wie Partains High-School-Bibliothek in Bakersfield, roch aber angenehm nach Leder und Möbelpolitur statt nach Buchkleister und Aufsichtspersonal. Partain hätte gern Monate in ihr verbracht.
    Es gab etliche Polstersessel mit hohen Rückenlehnen und passende Stehlampen. Ferner gab es einen großen geschnitzten Schreibtischund ein Zeitschriftentischchen aus schwarzem Nußbaum und einige rollende Leitern, mit denen man die oberen drei oder vier Regalreihen erreichen konnte.
    Zwei große Ledersessel waren nebeneinander vor den Kamin geschoben. In den linken, die Hände um einen Becher mit heißem Kakao, hatte sich Jessica Carver gekuschelt, die nun aufstand, den Becher abstellte, ihre Mutter auf die Wange küßte, Partains Wange tätschelte und verkündete, in der Pullman-Küche hinter den Falttüren stehe eine Kanne mit frischem heißen Kakao.
    Ihre Mutter sagte, sie hätte gern einen steifen Drink, keinen Kakao, aber Partain entschied sich für Schokolade, und der General versorgte alle, sich selbst mit einem Whiskey. Als sie alle am Kamin saßen, fragte Winfield: »Wie war das Treffen mit dem Congressman?«
    »Ich habe ihm und dem neuen Juristen des Unterausschusses eine Vorlesung über antike Geschichte gehalten und dann kurz vom Primat des Geldes in der Politik gesprochen. Als ich fertig war, haben sie mich dringend gebeten, nicht vor dem Ausschuß aufzutreten, sondern statt dessen einen Brief zu schreiben. Einen kurzen.«
    »Waren sie – kompetent?« fragte der General.
    »Sie waren jung. Der Congressman war für sein Alter – zwei-oder dreiundvierzig – ganz clever. Der Berater ist höchstens dreißig und lästig. Wahrscheinlich ist er es, der mich reinreißen wollte. Ich werde morgen ein bißchen in der Stadt rumschnüffeln und versuchen rauszukriegen, ob eine dieser Rotzgören aus Little Rock ihn darauf angesetzt hat. Wenn ja, dann werd ich etwas dagegen unternehmen.«
    »Was?« fragte Partain.
    »Ihnen die Regel erklären.«
    Partain lächelte. »Die lautet?«
    »Hände weg von Millie Altford.«
    »Wie weit ging die Vorlesung über alte Geschichte zurück?« fragte der General, aber ehe Altford antworten konnte, klingelte das Telefon. Der General murmelte eine Entschuldigung, stand auf und ging hin, um das Gespräch anzunehmen.
    Partain schaute Jessica Carver an und sagte: »Hast du Lust, morgen zur Trauerfeier für Henry Viar zu gehen?«
    »Warum sollte ich?«
    »Da sind ein paar Leute, mit denen ich dich gern bekannt machen möchte. Nick Patrokis und Viars Tochter Shawnee.«
    Sie sah ihn einen Moment an und sagte: »Du willst ein zweites Gutachten über sie, ja?«
    In diesem Moment sagte der General, der Anruf sei für Altford. Sie schaute ihn fragend an, ehe sie nach dem Hörer griff, und der General, die Hand über der Sprechmuschel, murmelte: »Sylvia.«
    »Ach, Scheiße«, sagte Altford, nahm den Hörer, hielt ihn ans Ohr und sagte: »Was ist los, Honey?«
    Sie lauschte, zuckte sichtlich zusammen, holte sehr tief Luft und sagte: »Es tut mir so leid, Sylvia, so schrecklich leid. Wo ist er?« Sie lauschte, nickte und sagte: »Ich bin in zehn Minuten da.«
    Wieder am Kamin, neben dem General, holte Altford noch einmal tief Luft und sagte: »Man hat auf Jerry geschossen. Er ist in Sibley, auf der Intensivstation; sie wissen nicht, ob er es schafft. Das war Sylvia. Seine Frau. Ich muß hin.«
    »Ich fahre Sie, wenn uns der General seinen Wagen leiht«, sagte Partain.
    »Selbstverständlich«, sagte Winfield.
    Millicent Altford musterte Partain eine oder zwei Sekunden, nickte dann und sagte sehr förmlich: »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mr. Partain.«

33. Kapitel
    Das Sibley Memorial Hospital liegt an der Loughboro Road im Nordwesten Washingtons, und nachdem Partain die Massachusetts Avenue erreicht hatte, die mehr oder weniger nach Nordwesten führt, beschleunigte er das geliehene BMW-Kabrio auf 60

Weitere Kostenlose Bücher