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Die im Dunkeln

Die im Dunkeln

Titel: Die im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Kreditsituation.«
    Sie machte eine Pause, runzelte die Stirn und sagte: »Eins Komma zwei Millionen, wie? Nicht in bar, hoffe ich.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Partain.
    »Er muß von irgendwo einen Tip gekriegt haben.«
    »Daß das gestohlen worden ist?«
    Sie nickte. »Wahrscheinlich meint er, daß ich deswegen in die Klinik gegangen bin – weil ich mich hab bestehlen lassen und nicht wußte, was ich tun soll. Vielleicht hat er sich das sogar alles fein zurechtgelegt – nächsten Monat, wenn wir uns zusammensetzen, um die Bücher auf Vordermann zu bringen, muß ich beichten, daß das ganze Geld futsch ist, und dann frage ich: Lieber Himmel, was soll ich bloß machen? Und Vernon hofft vielleicht, daß er dann einen großen, neuen, schwarzglänzenden Attaché-Koffer, der mit Hundertern vollgestopft ist, aufklappen und sagen kann: ›Keine Sorge, mein kleiner Liebling, alles wird wieder gut.‹«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    »Nein, Sir. Ich glaub’s nicht.«
    Partain leerte sein Glas und sagte: »Wie ist er dahintergekommen?«
    »Jemand hat’s ihm erzählt«, sagte sie. »Ich nicht. Sie nicht. Bleibt nur der Dieb.«
    »Oder einer, dem der Dieb es erzählt hat«, sagte Partain, stellte das Glas auf einen Tisch und erhob sich. Einen Moment stand er da und sah aus, als ob er etwas vergessen hätte und nicht sicher wäre, ob er sich wirklich wieder daran erinnern wollte.
    Sie beugte sich vor und blickte hoch, um ihn genauer zu mustern. »Was ist mit Ihnen, Twodees?« sagte sie; ihre Stimme war sanft, fast schmeichelnd.
    »Ich habe rausgekriegt, weshalb meine Frau verschwunden ist«, sagte er.
    Sie schloß die Augen einige Sekunden lang, öffnete sie wieder und fragte: »Was wollen Sie tun?«
    »Im Moment will ich mich mit Ihrer Tochter betrinken.«
    »Ich wüßte keinen besseren Vorschlag«, sagte Millicent Altford.

37. Kapitel
    General Vernon Winfield verließ am nächsten Morgen sein Haus um 7.15 Uhr; er trug einen schwarzen Handkoffer aus Leder. Er ging sehr schnell zur Connecticut Avenue, wandte sich nach Süden und behielt das Tempo bei, unterstützt von einer fast durchgehend abfallenden Straße.
    Zur Abwechslung war das Januarwetter schön, aber kalt, mit nur wenig Wind. Der General trug seinen Kamelhaarmantel, den Borsalino und pelzbesetzte Lederhandschuhe. Er hatte jetzt seinen Marschrhythmus gefunden; ohne Seitenblick ging er vorüber an dem schmalen dreigeschossigen Gebäude, in dem sich das Restaurant Acropolis und Vomit befanden.
    Als er die Metrostation Dupont Circle erreichte, lief er eilig hinunter zu einem wartenden Zug der Roten Linie und beglückwünschte sich zu phänomenalem Glück oder gutem Timing. Nahe Union Station kam Winfield wieder an die Oberfläche, erreichte und überquerte bald das Capitol-Gelände, wartete Ecke Second und Pennsylvania Avenue geduldig auf Grün, wandte sich dann nach Osten, bis zur Fourth Street, wo er wieder nach Süden ging und das schlichte Geburtshaus von J. Edgar Hoover ignorierte.
    Zweieinhalb Blocks weiter, auf der Ostseite der Fourth Street, stieg er fünf Betonstufen empor, öffnete ein 90 cm hohes schmiedeeisernes Törchen und kam nach sechs Schritten zu einer Tür, die er für mindestens hundertjährig hielt. Er nahm den schwarzen Handkoffer in die linke Hand, setzte ihn ab, zog den rechten Handschuh aus und klopfte mit nackten Knöcheln an die alte Tür.
    Sie wurde fast sofort geöffnet, von einer ungewöhnlich hübschen, jungen, braunhaarigen Frau, die offenbar gerade gehen wollte. Sie trug einen Mantel aus gestutztem Biber, rosa Fäustlingeund über der rechten Schulter eine große braune Lederhandtasche.
    »Suchen Sie Kite?« sagte sie.
    Der General nickte mit einem leichten Lächeln.
    »Also, der ist oben unter der Dusche, und ich muß los; gehen Sie doch einfach rein, setzen sich hin und machen’s sich ungemütlich, mit was immer Sie wollen.« Sie musterte ihn genauer, als wolle sie den Preis von Mantel und Hut kalkulieren. »Haben Sie gern Spaß?«
    »Spaß?« sagte der General.
    »Sie wissen schon. Spaß und Spiele.« Mit den Zähnen zerrte sie den rechten rosa Fäustling herunter, steckte die bloße Hand in die riesige Tasche, zog eine Visitenkarte heraus und gab sie Winfield. Er warf einen Blick darauf und las CONNIE. Darunter stand eine Telefonnummer.
    »Jederzeit«, sagte sie, »nach sechs.«
    Dann war sie fort, eilte durch das schmiedeeiserne Törchen und sprang die fünf Stufen hinunter. Der General steckte ihre Karte in eine

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