Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit
Jahr erklärte der Papst 1829 auf Ansuchen des Königs die Unabhängigkeit der spanischen Inquisition für beendet und übertrug alle Fälle von Ketzerei dem eigenen römischen Tribunal. Der letzte Regierungsakt war demzufolge wenig mehr als eine Formalie: Im Namen der minderjährigen Isabella II. hob die Regentin María Christina am 15. Juli 1834 die Spanische Inquisition endgültig auf. Ihr Vermögen war bereits zuvor der königlichen «Behörde für geraubtes und herrenloses Gut» zugeschlagen worden. Bereits 1821 übrigens war ihre jüngere Schwester, die portugiesische Inquisition, liberalen Reformen im Nachbarland erlegen.
2. Organisation, Verfahren und Delikte
Kreuz, Olivenzweig und Schwert schmückten das allgegenwärtige Wappen der Spanischen Inquisition. Während die letzten beiden Attribute das Gleichgewicht zwischen Gnade und gerechter Strafe symbolisierten, stand das Kreuz für den geistlichen Charakter inquisitorischer Gerichtsbarkeit. Das entsprach ihrem Selbstverständnis, aber nur zum Teil der realen Machtverteilung. Die Spanische Inquisition war zwar ein kirchlich legitimiertes Gericht, stand aber unter der vollen Kontrolle der Krone. Die Inquisitoren wurden vom König ernannt und waren von seiner Unterstützung abhängig, wenn sie auch ihre Autorität und ihre Jurisdiktionsgewalt auf den Papst stützten. Ihre Rechtsprechung reichte weit, war aber prinzipiell auch Restriktionen ausgesetzt. So konnte man gegen Entscheidungen der Inquisition an den Papst appellieren, wie die
Conversos
es im April 1482 taten. Dessen Entscheidung, alle Berufungsfälle nach Rom zu ziehen, wurde allerdings nach einer Intervention König Ferdinandsschon nach elf Tagen widerrufen. Das Beispiel zeigt die Grenzen der päpstlichen Macht in Spanien. Kaum ein Personenkreis war vor dem Zugriff der Inquisitoren sicher. Kontrovers war ihre Jurisdiktionsgewalt über Ordensangehörige, aber dem eigenen Selbstverständnis nach beanspruchten sie die Rechtsprechung sowohl über Dominikaner als auch über Jesuiten. Exemt waren lediglich die Bischöfe, Inhaber der ursprünglichen Gerichtsgewalt gegen Häretiker, aber selbst hier gab es Ausnahmen, wie die vorübergehende Verhaftung des greisen Erzbischofs von Granada, Hernando de Talavera, im Jahr 1506 und das jahrzehntelange Verfahren gegen den Primas der spanischen Kirche, Bartholomé de Carranza, ab 1559 zeigen.
Haupt und Glieder: Markante Kennzeichen der Spanischen Inquisition waren ihre bürokratischen und hierarchischen Strukturen. Mit Torquemada war 1483 der erste Generalinquisitor für die Länder der Krone Aragón ernannt worden, der dann ab 1488 in Personalunion auch für Kastilien zuständig war. Er war allerdings ebensowenig das alleinige Haupt der Inquisition wie der nachfolgende Diego de Deza (abgedankt 1507, gest. 1523). Daneben amtierten zeitweilig noch andere Generalinquisitoren. Erst unter dem von Karl V. ernannten Generalinquisitor Kardinal Hadrian von Utrecht kam es dann 1518 zu einer Wiedervereinigung, die sich als dauerhaft erweisen sollte. Ebenso wie die Großinquisitoren wurden auch die sechs übrigen Mitglieder der seit 1488 bestehenden
Suprema
direkt vom König ernannt. Der Rat kam jeden Tag zu Beratungen zusammen. Theoretisch hatte der Generalinquisitor hier nur eine Stimme, und es kam vor, daß die
Suprema
ihren Vorsitzenden zu überstimmen versuchte. Jedoch beanspruchte der Generalinquisitor als Stellvertreter des Papstes eine exklusive und herausgehobene Stellung. Die Korrespondenz mit den lokalen Tribunalen wurde von zwei Sekretariaten, einem für Aragón und einem für Kastilien, erledigt. Ursprünglich mußten die Tribunale nur in außergewöhnlichen Fällen der
Suprema
Rechenschaft ablegen. Beginnend mit den Reformen um 1560 wurde die Berichtspflicht schrittweise ausgedehnt, bis schließlich seitMitte des 17. Jahrhunderts alle Urteile vor ihrer Vollstreckung in Madrid bestätigt werden mußten.
Die Tendenz zur Zentralisierung schloß eine starke lokale Präsenz der Inquisition nicht aus. Zunächst waren Tribunale dort gegründet worden, wo die Ketzergefahr am größten erschien, doch mit fortschreitender Institutionalisierung wurden Zuständigkeiten abgeglichen und eine klarere regionale Struktur geschaffen. Vierzehn Tribunale verteilten sich nach dem Abschluß der Ausbauphase über das spanische Kernland. Hinzu kamen Inquisitionsstützpunkte auf Mallorca, den Kanarischen Inseln und dem unter spanischer Herrschaft stehenden Sizilien. In der neuen
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