Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Titel: Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
beschlagnahmt, um daraus die Kosten für das laufende Verfahren zu bestreiten; auch für Freigelassene scheint es häufig nicht einfach gewesen zu sein, die Verfügungsgewalt über ihr Hab und Gut zurückzuerlangen. Waren die Verurteilten reich, dann konnten Konfiskationen beachtliche Summen einbringen. Ein schwer exakt zu bestimmender Anteil der Konfiskationssumme ging jedoch an die Krone; außerdem mußten aus dem konfiszierten Besitz bzw. Vermögen die Verfahrenskosten und eventuelle Schulden bezahlt werden. Neben Konfiskationen kamen als Einnahmequellen auch die erhobenen Geldbußen in Betracht. Bisweilen wurden auch Kompensationszahlungen geleistet, um Konfiskationen abzuwenden oder um sich die Amtsfähigkeit vom Generalinquisitor zurückzukaufen. Je nach Verfolgungskonjunktur konnten die Inquisitoren also von Verhaftungen und Bestrafungen profitieren. Eine dauerhafte finanzielle Absicherung der Inquisition war auf dieser Grundlage nicht zu erreichen, zumal mit dem Ende der ersten großen Verfolgungswellen gegen Mitte des 16. Jahrhunderts die lukrativen Opfer fehlten. Wer nun vor Inquisitionstribunale kam, namentlich die ehemaligen Muslime, war in der Regel arm.
    Auf der Suche nach ständigen Einnahmequellen wurden vor allem zwei Wege beschritten. Bereits 1488 hatte der Papst dem König das Recht zugestanden, jeweils ein Kanonikat an einer Kathedrale oder Stiftskirche zur Versorgung der Inquisitoren zu benutzen. Diese Regelung wirkte modellbildend. Kirchliche Pfründe wurden eine wichtige Säule der Inquisitionsfinanzen. Die zweite ständige Einnahmequelle bildeten Grundbesitz undRenten. Indem die Inquisitionstribunale hier investierten und gleichsam zu selbständigen, von der Krone unabhängigen Wirtschaftssubjekten wurden, machten sie sich aber gleichzeitig von der allgemeinen Konjunktur abhängig. Das konnte paradoxe Folgen haben, wie die Inquisition in Valencia Anfang des 17. Jahrhunderts zu spüren bekam: Die Vertreibung der
Moriscos
beraubte sie vieler ihrer ständigen Einnahmequellen, die zu einem guten Teil aus Feudalabgaben dieser Neuchristen bestanden hatten.
    Verfahren: Erste eigene Verfahrensregeln für die Spanische Inquisition wurden bereits im November 1484 aufgestellt und in den folgenden Jahren bis 1500 ergänzt. Diesen eher unsystematischen
instrucciones antiquas
folgte erst 1561 unter der Ägide des Generalinquisitors Fernando de Valdés (amt. 1547–1566, gest. 1568) eine ausführlichere Instruktion. Sie systematisierte und vereinheitlichte das Vorgehen der Inquisitoren durchaus auf den Spuren der mittelalterlichen Tradition und sollte – bei vielfältigen Modifikationen – die entscheidende Verfahrensgrundlage bleiben. Von Anfang an war klar, daß die Inquisitoren von den festen Stützpunkten aus ihre Provinz bereisen mußten, um erfolgreich wirken zu können. Am Anfang waren diese Inspektionen keiner klaren Regelung unterworfen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts hatte es sich dann eingebürgert, daß an allen Orten eines Inquisitionsbezirks mindestens einmal im Jahr eine Visitation stattfinden sollte. 1570 beschloß die
Suprema
, jedes Tribunal solle einen seiner drei Inquisitoren für mindestens vier Monate im Jahr auf Visitationsreise schicken. Der Visitator wurde von einem Sekretär und einem Konstabel begleitet. Kleinere Vergehen erledigte er vor Ort, während schwerere Delikte und umfangreichere Verfahren Konsultationen mit seinen Kollegen erforderlich machten; diese Prozesse wurden deshalb an den Sitzen der Tribunale geführt, wohin Verhaftete überstellt und Zeugen geladen wurden. In der Praxis war die inquisitorische Präsenz weniger stark als die normativen Vorgaben suggerieren, häufig fanden die Visitationen unregelmäßig statt, manche abgelegenen Gegenden wurden nie besucht.
    Nach mittelalterlicher Tradition konnte ein Inquisitionsverfahren mit einem Gnadenedikt begonnen werden. Es listete zunächst verschiedenste Formen der Häresie auf. Diese Liste konnte aktualisiert, verändert und erweitert werden. Erst 1630 wurde eine lange Standardversion erstellt, deren Verlesung mindestens eine halbe Stunde gedauert haben muß. Das Gnadenedikt lud dann alle Sünder ein, ihr Gewissen zu erleichtern und sich (oder andere) während der Gnadenfrist – gewöhnlich binnen dreißig oder vierzig Tagen – zu bezichtigen. Das freiwillige Bekenntnis hatte einen Verzicht auf schwere Strafen zur Folge. Nach 1500 griff man dagegen meist zu einer anderen Variante der Verfahrenseröffnung, dem

Weitere Kostenlose Bücher