Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge
Klingeln in den Ohren.
„Leschnikov. Steh auf!“ Conan half seinem Freund. Rocky war abgelenkt. Er starrte gebannt auf die Kerze, deren Wachs langsam schmolz, auf den Tisch tropfte und seltsame Formen bildete. Wie von einer Tarantel gestochen, sprang er auf und pustete sie aus. Conan war sichtlich irritiert, beziehungsweise unsichtlich, denn es war nun wieder stockfinster.
„He! Was soll das denn? So sehe ich doch nichts!“
„Ja, aber ich bin wahnsinnig müde und muss dringend ins Bett“, erklärte Rocky.
„Ist es denn schon so spät?“, fragte Conan überrascht.
„Sehr spät“, log Rocky. „Ihr habt doch morgen einen anstrengenden Tag vor euch, oder?“
„Richtig“, meldete sich Leschnikov zu Wort. „Wir sollten schlafen gehen.“ Offensichtlich war ihm der Vorfall mit dem Kaugummi peinlich, weshalb er sich so schnell wie möglich verkrümeln wollte.
„Na gut, wie du meinst“, sagte Conan und bereitete das Nachtlager vor.
Die beiden Nachtmahre hatten keine Ahnung, dass Rocky eben eingefallen war, wie er von der Insel fliehen konnte. Die Kerze spielte dabei eine zentrale Rolle.
Rockys Plan war denkbar einfach. Wie die heutige Erkundung gezeigt hatte, gab es nur einen einzigen Weg von der Insel, nämlich genau den, auf dem er auch gekommen war: mit einem Luftschiff. Schon morgen früh wollte er sich ganz einfach an Bord eines dieser Dinger schmuggeln. Der vertrottelte Hans-Peter stellte kein Problem dar, so viel war klar. Rocky musste nur sicherstellen, dass ihn die anderen Nachtmahre und Monster nicht als Mensch erkannten. Und hier kam die Kerze ins Spiel. Rocky nahm sie heimlich mit ins Bett und knetete die ganze Nacht. Als die Sonne aufging, waren sie fertig: zwei täuschend echte Hörner aus Wachs.
Rocky stand noch vor Conan und Leschnikov auf, steckte die falschen Hörner heimlich in seine Jackentasche und bereitete das Frühstück vor. Er musste dafür sorgen, dass die beiden möglichst früh das Haus verließen, damit auch er rechtzeitig die Luftschiffe erreichen würde.
„Frühstück ist fertig!“, rief er, zog den beiden Nachtmahren die Bettdecken weg und begann, die Matratzen unter ihren Popos zusammenzurollen. Leschnikov und Conan standen murrend auf und setzten sich verschlafen an den Tisch.
„Lasst es euch schmecken!“, frohlockte Rocky.
Die beiden begannen, sich Brote zu schmieren. Kaum hatte Conan ein erstes Mal abgebissen, schaute Rocky schon auf seine Uhr: „Mann, ist das spät! Wie die Zeit vergeht. Ihr müsst los!“
„Schon?“, wunderte sich Conan. „Dann esse ich das Brot halt unterwegs.“
Leschnikov schaute misstrauisch. „Willst du uns loswerden? Planst du was?“
Rocky nickte. „Ja. Abwaschen, aufräumen, Boden wischen. Ich stehe auf dem Spülplan, schon vergessen?“, antwortete er und lächelte unschuldig.
„Beeil dich!“, rief Conan von der Tür.
„Na ja, der frühe Nachtmahr fängt den Traum“, sagte Leschnikov, stand auf und packte seine Sachen. An der Tür hielt er inne. „Und du machst sicher keinen Unsinn?“
„Ich? Unsinn? Niemals!“, empörte sich Rocky.
„Gut. Dann viel Spaß!“
Die beiden Nachtmahre verabschiedeten sich und brachen auf. Rocky stürzte sofort zum Spiegel. Er durfte keine Zeit verlieren. Blitzschnell holte er die beiden Hörner aus seiner Jackentasche, knetete das Wachs und drückte es auf seine Stirn. Das Ergebnis war verblüffend: Rocky sah aus wie ein waschechter Nachtmahr. Beim Blick in den Spiegel gruselte er sich sogar vor sich selbst.
16 „Lummen-Piet“ heißt im wahren Leben Piet Penner und betreibt eine unter Nachtmahren und Monstern gleichermaßen beliebte Imbissbudenkette. Besonders bekannt sind Piets Grill-Lummen, die wahlweise mit einer süßsaueren Mangosoße oder einer scharfen Grillsoße gereicht werden. Das Rezept für die süßsaure Mangosoße ist das bestgehütete Geheimnis auf der Insel.
17 Eine Implosion ist das Gegenteil einer Explosion, nämlich das schlagartige Zusammenfallen eines Körpers. Vorsicht: Die Implosion ist nicht minder gefährlich als eine Explosion. Alte Röhrenfernseher konnten angeblich implodieren. Früher war Fernsehen also eine gefährliche Tätigkeit und nur die Mutigsten haben es sich getraut.
10. Armseliges Ende im Inneren des Furzföhns
Je näher Rocky dem Vulkan kam, desto dichter wurde das Gedränge. Aus allen Richtungen strömten Nachtmahre und Bären heran. Sie alle kannten nur ein Ziel: den Furzföhn. Vor dem Tor zum Vulkan hatte sich bereits eine lange
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