Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge
Leschnikov fragend an.
„Ein Käseigel, die GaD liebt die kalte Küche“, erklärte der Nachtmahr leise.
„Ruhe!“, befahl Mopsen.
In diesem Moment flog die Tür auf und Hornbläser kehrte zurück. Hinter ihm schwebte – denn die GaD schwebte mehr, als dass sie ging – eine zarte Dame herein. Sie trug ein ausladendes schwarzes Kleid mit einem gigantischen Rüschenkragen. Ihr Haar hatte sie zu einem strengen Knoten gesteckt. Sie hatte schmale Lippen, das Gesicht war faltig, die Nase spitz. Dennoch umspielte ein sanftes Lächeln ihren Mund.
„Ihr kommt gerade recht“, säuselte sie. „Ich habe russische Eier 29 gemacht und einen Käseigel vorbereitet.“
Die Dame setzte sich. „Greift zu!“
Rocky war von diesem freundlichen Empfang überrascht. Er hatte alles erwartet, nur nicht eine Einladung zum Essen.
„Gern!“, Leschnikov stopfte sich sofort ein Ei in den Mund. „Köstlich! Die musst du probieren, sind wahnsinnig lecker!“, mümmelte er. Aber Rocky war nicht nach Essen zumute.
„Frau GaD, lassen Sie mich erklären, das alles ist ein dummer Zufall verteidigte sich Rocky.
Die GaD unterbrach ihn. „Ruhig!“ Sie griff in ihre Umhängetasche und holte eine große Muschel hervor, die sie sich ans Ohr hielt.
„Ich lausche so gerne dem Meeresrauschen“, erklärte sie.
Rocky schaute zum offenen Fenster, durch das eine frische Brise das Geräusch der Wellen hereintrug. Er schloss die Augen: noch so eine Verrückte. Das konnte ja heiter werden.
Die GaD begann, ein Lied zu summen.
„Mh, mh, meine Braut ist die See …“
Rocky sah Leschnikov verwirrt an, der zuckte nur mit den Schultern. Dann steckte die GaD die Muschel wieder weg.
„Das Rauschen beruhigt mich, wisst ihr?“
Rocky nickte.
„Leschnikov, was machst du nur für Sachen?“ Der mitleidige Blick der GaD wanderte zu dem Nachtmahr. „Weißt du denn nicht, dass es verboten ist, Menschen mit auf die Insel zu bringen?“
„Es ist nicht seine Schuld!“, fiel Rocky der GaD erneut ins Wort. Leschnikov hatte so viel für ihn getan, er konnte nicht zulassen, dass er wegen ihm bestraft wurde.
„Das mag ja sein“, sagte die GaD sanft. „Aber sieh mal, dieses Verhalten gefährdet unsere Existenz. Wenn die Menschen erfahren, dass es uns gibt, was würde passieren?“
Rocky wusste es nicht.
„Kein Mensch hätte dann noch Angst vor seinen Albträumen. Das wäre unser Ende. Aber ich bin verantwortlich für diese Wesen und ich liebe sie wie meine eigenen Kinder.“
Rocky kam ins Grübeln: So übel wie alle taten, war die GaD vielleicht gar nicht. Zumindest klang das, was sie sagte, einigermaßen logisch.
„Ich muss sie beschützen, mit allem, was mir zur Verfügung steht.“
Rocky nickte, das leuchtete ihm ein.
„Deshalb kann ich es nicht zulassen, dass man einen Menschen auf meine Insel bringt, und ich muss euch leider in den Vulkan werfen lassen!“, säuselte die GaD
„Was?“ Rocky fiel aus allen Wolken. Leschnikov verschluckte sich, hustete und spuckte Ei quer über den Tisch.
„Das können Sie nicht machen!“, empörte sich Rocky.
„Ich kann nicht riskieren, dass du eines Tages in die Menschenwelt zurückkehrst und uns verrätst. Ich tue das wirklich ungern, aber ich muss. Noch ein Ei, Leschnikov?“ Die GaD lächelte sanft.
„Danke … nein“, stammelte der Nachtmahr.
„Schade. Dann kann ich leider nichts mehr für euch tun.“
„Bitte, Sie können mich in den Vulkan werfen, aber doch nicht Leschnikov!“, wandte Rocky ein, aber die GaD hörte nicht.
„Lieber Griseldis, würdest du die Herrschaften bitte in Gewahrsam nehmen?“
„Elend und Verzweiflung?“, fragte der Admiral.
„Ja, ELEND + VERZWEIFLUNG“, antwortete die GaD und lächelte wie ein frisch geborenes Lämmlein auf einer hellgrünen Frühlingswiese.
Griseldis Hornbläser packte Rocky und Leschnikov und führte sie aus dem Zimmer. Die GaD griff zum Pinsel, seufzte und widmete sich ihrer Leinwand.
26 Das war eine rein rhetorische Frage. Also eine Frage, auf die man keine Antwort erwartet, weil die Antwort bereits bekannt ist.
27 Nacktmull (Heterocephalus glaber) ist ein unfassbar hässliches Nagetier, das im Osten Afrikas zu Hause ist. Seinen Namen trägt das Tier, weil es ohne Fell und vollkommen nackt daherkommt.
28 Die Litschi (auch: Chinesische Haselnuss, Litschipflaume oder Liebesfrucht) ist eine Frucht aus China. Sie hat einen Durchmesser von 2,5 bis 3 cm und verfügt über eine stachelige, ledrige bis feste Schale.
29 Russische
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