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Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
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stehen zu bleiben. Ich drehte mich um, und er mimte eine Hand, die oben auf einem Türrahmen entlangläuft.
Der Schlüssel,
flüsterte er tonlos.
    »Wozu brauche ich einen Schlüssel, wenn drinnen jemand ist?«
    Er wandte sich ab und tat so, als hätte er mich nicht gehört.
    * * *
    Ich schlenderte ins Haus und dann die Treppe hinauf, als hätte ich dort etwas zu erledigen, was ruhig alle mitbekommen konnten. Nachdem ich in den ersten Stock gelangt war, schlich ich zum Zimmer am Ende des Flurs und versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war verschlossen. Ich klopfte, bekam jedoch keine Antwort. Rasch blickte ich über die Schulter und vergewisserte mich, dass mich niemand beobachtete. Dann fuhr ich mit der Hand über den Türrahmen. Dort lag tatsächlich ein Schlüssel.
    Ich schloss auf und schlüpfte hinein. Drinnen sah es aus wie in jedem anderen Schlafzimmer dieses Hauses – es gab eine Kommode und einen Kleiderschrank. Auf dem Nachtschrank stand eine Vase mit Blumen. Die späte Morgensonne schien durch senffarbene Vorhänge und tauchte den Raum in ein bernsteinfarbenes Licht. Erst jetzt entdeckte ich den Jungen in dem Bett, das hinter einem feinen Spitzenvorhang stand. Er hatte die Augen geschlossen, und sein Mund war leicht geöffnet. Ich bewegte mich nicht, weil ich fürchtete, ihn zu wecken.
    Zwar war ich ihm noch nie im Haus oder beim Essen begegnet, dennoch erkannte ich ihn. Sein Bild war in Miss Peregrines Album. Auf dem Foto lag er so wie jetzt schlafend im Bett. Stand er vielleicht unter Quarantäne, weil er sich mit einer Schlafkrankheit infiziert hatte? Wollte Enoch, dass ich mich ansteckte?
    »Hallo«, flüsterte ich. »Bist du wach?«
    Der Junge rührte sich nicht. Ich legte ihm die Hand auf den Arm und rüttelte ihn sanft. Sein Kopf kippte schlaff zur Seite.

    Mir kam ein schrecklicher Verdacht. Um meine Theorie zu überprüfen, hielt ich dem Jungen die Hand vor den Mund. Ich konnte keinen Atem spüren. Vorsichtig berührte ich seine Lippen. Sie waren eiskalt. Erschrocken zog ich meine Hand zurück.
    In dem Moment hörte ich Schritte und wirbelte herum. Bronwyn stand im Türrahmen. »Du hast hier nichts zu suchen!«, zischte sie.
    Bronwyns Blick wanderte zu dem Jungen, und ihr Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. »Das ist Victor.«
    Da fiel mir plötzlich ein, wo ich sein Gesicht zuvor schon gesehen hatte. Er war der Junge, der auf einem von Großvaters Bildern einen Felsblock stemmte. Victor war Bronwyns Bruder. Unmöglich zu sagen, wie lange er schon tot war. Dank der Zeitschleife konnten es fünfzig Jahre sein, und trotzdem sah er aus, als wäre er gerade erst gestorben.
    »Was ist mit ihm passiert?«, fragte ich.
    »Vielleicht sollte ich Victor aufwecken«, sagte eine Stimme hinter uns. »Dann kannst du ihn selbst fragen.« Es war Enoch. Er kam herein und schloss die Tür.
    Bronwyn strahlte ihn durch die hervorquellenden Tränen an. »Würdest du ihn aufwecken? Oh,
bitte,
Enoch!«
    »Ich sollte es eigentlich nicht tun«, antwortete er. »Mir gehen die Herzen zur Neige, und man braucht eine Menge davon, um ein menschliches Wesen zum Leben zu erwecken, und wenn es nur für eine Minute ist.«
    Bronwyn ging zu dem toten Jungen und strich ihm behutsam über das Haar. »Bitte«, bettelte sie. »Es ist eine Ewigkeit her, dass wir mit Victor gesprochen haben.«
    »Na ja, im Keller habe ich noch ein paar eingelegte Kuhherzen«, sagte Enoch und tat so, als müsse er die Sache abwägen. »Aber ich
hasse
es, minderwertiges Material zu verwenden. Frisch ist immer besser!«
    Bronwyn begann zu weinen. Eine Träne fiel auf die Jacke des Jungen; sie wischte sie rasch mit ihrem Ärmel fort.
    »Jetzt heul doch nicht«, sagte Enoch. »Du weißt doch, dass ich das nicht ertragen kann. Aber es ist grausam, Victor zu wecken. Es gefällt ihm da, wo er jetzt ist.«
    »Und wo genau ist das?«, wagte ich zu fragen.
    »Woher soll ich das wissen? Doch jedes Mal, wenn wir ihn wecken, um mit ihm zu plaudern, scheint er es furchtbar eilig zu haben, wieder dahin zurückzukehren.«
    »Es ist grausam, wie du mit Bronwyn spielst und versuchst, mich hereinzulegen«, erwiderte ich. »Und wenn Victor tot ist, warum beerdigt ihr ihn dann nicht einfach?«
    Bronwyn warf mir einen spöttischen Blick zu. »Dann könnten wir ihn doch nie sehen«, sagte sie.
    »Das tut weh, Kumpel«, sagte Enoch. »Den Tipp, hier raufzugehen, habe ich dir nur gegeben, damit du über alles Bescheid weißt. Ich bin auf deiner Seite.«
    »Ach ja? Und

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