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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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die umstehenden Büsche. Es sah fast aus, als ob sie tanzten.
    Plötzlich richtete sich Marguerite auf. »Da ist es wieder!«
    Die anderen beiden lauschten in die Finsternis. »Da ist nichts«, sagte Henri.
    Doch dann hörte er es auch. Es war, wie Marguerite es am Nachmittag beschrieben hatte: ein langgezogenes, klagendes Geräusch, so leise, daß es hier, nahe am Meeresufer kaum zu vernehmen war. Doch auch Damienne hörte es und bekreuzigte sich.
    »Das ist nur der Wind - oder ein fremdartiges Tier«, sagte Henri, aber er wirkte unsicher.
    »Wenn es ein Tier ist, möchte ich ihm nicht begegnen«, sagte Damienne. Sie lauschten angestrengt in die Nacht, doch das Geräusch war verebbt.
    »Was mag das nur gewesen sein?«, fragte Marguerite.
    Sie sprach es nicht aus, aber sie hatte nicht vergessen, daß man sich erzählte, diese Insel sei von Dämonen bewohnt. Henri dachte ebenfalls daran. Um sie abzulenken, sagte er: »Es klang beinahe wie ein Wolf.«
    »Ein Wolf?« Marguerite war entsetzt. »Meinst du, daß es auf dieser Insel Wölfe gibt?«
    »Ach, nein, das war nur so dahingesagt. Verzeih, Liebste, ich wollte dich nicht erschrecken. Und selbst wenn es hier Wölfe geben und einer es wagen sollte, hier aufzutauchen, dann werd ich ihm eins mit der Büchse aufs Fell brennen!«
    Damienne wußte, daß Wölfe stets im Rudel jagten. Aber sie sagte nichts; sie wollte Marguerite nicht noch mehr erschrecken. Außerdem glaubte sie nicht, daß es ein Wolf gewesen war. Sie hatte in Frankreich oft ihr Heulen gehört. Das hier klang anders.
    »Wir sollten zu Abend beten«, sagte sie entschieden.
    Marguerite war dankbar für diesen Vorschlag, denn sie hoffte, es würde sie ablenken. Henri sparte sich eine weitere spöttische Bemerkung und betete mit. Alles war besser, als dazusitzen und darauf zu warten, daß dieser dünne Schrei wieder kam.
    Damienne betete das Vaterunser und das Ave-Maria. Die stärkende Wirkung, die sie beim Beten schon so oft erlebt hatte, blieb an diesem Abend allerdings aus. Es schien fast, als könne die Jungfrau Maria sie auf dieser verfluchten Insel nicht hören.
    Später saßen sie schweigend da und hingen ihren Gedanken nach.
    Marguerite hatte Hunger - und sie hatte Angst. Sie lauschte in die Nacht hinaus. Aber außer dem Wind in den Zweigen und den Wellen am Ufer war nichts zu hören. Der wehklagende Ruf kam vorerst nicht wieder. Oder doch? Damienne meinte, etwas zu
    hören, ganz leise. Mißmutig stand sie auf, trat an den Rand der Mulde und lauschte in die Dunkelheit. Aber da war nichts.
    »Damienne, erzähl uns etwas«, bat Marguerite, als sie das Schweigen nicht länger aushielt.
    »Was soll ich denn erzählen?«, fragte Damienne.
    »Ich weiß nicht. Erzähl uns eine Geschichte oder erzähl uns von dir.«
    »Von mir? Da gibt es nichts zu erzählen.«
    »Dann eine Geschichte!«
    »Ach, Marguerite, heute nicht. Ein anderes Mal vielleicht. Ich bin müde.«
    Marguerite nickte. Sie sah es ihrer Freundin an. »Dann schlaf, wir passen auf.«
    »Ich kriege sicher kein Auge zu«, erwiderte Damienne.
    »Wenn du weiter dort herumstehst, bestimmt nicht! Leg dich hin und versuch es wenigstens. Wir halten Wache.«
    »Also gut. Aber wenn ihr müde werdet, weckt mich, dann übernehme ich die Wache.« Damienne streckte sich ins Gras und murmelte: »Und macht mir keinen Unsinn!«
    Marguerite und Henri saßen aneinandergelehnt am Feuer und lauschten Damiennes Atemzügen. Sie wurden gleichmäßiger und ruhiger. Schließlich mischte sich ein leises Schnarchen hinein.
    »Sie schläft«, stellte Henri fest.
    »Die Arme, wie sehr sie das alles mitnehmen muß!«
    »Sie ist zäh.«
    »Aber sie kann nichts dafür! Es ist alles meine Schuld.«
    »Unsere Schuld«, verbesserte Henri.
    »Sie hat mich gewarnt! Sie hat gesagt, daß es ein böses Ende nehmen wird, aber ich habe nicht auf sie gehört.«
    »Wir sind zusammen und nur das zählt für mich«, sagte Henri.
    Marguerite schmiegte sich enger an ihn und die beiden starrten schweigend ins Feuer.
    »Wir sind verloren«, flüsterte Marguerite nach einer Weile.
    »Nein, Liebste, nein! Wir haben Waffen und wir haben zu essen. Diese Insel ist groß genug, um uns eine Weile zu ernähren. Wir werden jagen und fischen und außerdem werden wir nicht lange hierbleiben müssen.«
    »Meinst du?«
    »Es gibt Fischer in diesen Gewässern. Die werden uns finden. Wir machen einen großen Haufen Feuerholz, und wenn ein Schiff in die Nähe kommt, geben wir Signale. Du wirst sehen, in einigen

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