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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Wochen - vielleicht auch nur Tagen - sind wir gerettet.«
    Marguerite fragte sich, ob Henri recht behalten würde. Sie hätte es gerne geglaubt. »Ich fürchte, so bald wird niemand kommen«, sagte sie schließlich. »Du weißt doch, was die Fischer sagen. Die Insel ist verflucht und sie meiden sie.«
    »Vielleicht gehen sie nicht an Land, aber sie werden dennoch hier in der Nähe fischen«, erwiderte Henri, aber auch er war nachdenklich geworden. Nach einer Weile sagte er: »Denk doch nur an Kapitän de Xaintonge. Wenn er von unserem Schicksal erfährt, wird er kommen, uns zu retten. Er mochte dich.«
    »Das kann Monate dauern!«, sagte Marguerite.
    »Monate, in denen wir zusammen sind. Das allein ist, was zählt!«
    »Ach, Henri«, seufzte Marguerite.
    Er küßte sie auf die Stirn, dann küßten sie einander leidenschaftlich. Für einen Moment wollten sie alles um sich herum vergessen. Marguerite spürte Henris Hand auf ihrem Bein.
    »Nicht«, sagte sie.
    »Aber warum?«, fragte Henri.
    »Damienne«, flüsterte Marguerite.
    »Die schläft«, sagte Henri.
    »Es ist Sünde!«
    »Wir haben es schon oft getan.«
    »Und deshalb sind wir hier. Das ist die Strafe für unsere Sünden!«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Gott uns für unsere Liebe bestraft.«
    »Nicht für die Liebe, aber für die Fleischeslust.«
    »Bereust du es? Bereust du unsere Liebe?«
    »Nein, Liebster, nein, nur unsere Sünden ...«
    »Das tue ich auch, Liebste, und ich werde jeden Tag um Vergebung beten.«
    »Ich auch, Henri.«
    »Dein Körper ist so warm, Marguerite.«
    »Deiner auch, Henri .«
    Später lagen sie nebeneinander und starrten in den bewölkten Himmel. Kein einziger Stern stand am Firmament. Irgendwann nickte Henri ein, aber Marguerite konnte nicht schlafen. Ihre Gedanken kreisten: Sie hatte an diesem Tag mehr erlebt als andere in einem ganzen Leben. Alles war durcheinander, alles war . falsch. Gestern - war es wirklich erst gestern und nicht schon vor hundert Jahren? - war sie noch die Nichte des Vizekönigs und die erste Dame des neuen Frankreich gewesen, und jetzt war sie eine Ausgestoßene auf einer wilden und unheimlichen Insel. Aber Henri war bei ihr, das war die Hauptsache, genau wie er es gesagt hatte. Er lag neben ihr, atmete ruhig und sein Kopf lag auf ihrem Arm. Das war schön. Allerdings schlief ihr allmählich der Arm ein. Sie überlegte, ob sie den Arm wegziehen sollte, aber sie wollte nicht, daß er aufwachte. Er sollte sich ausruhen.
    Er muß sich entsetzliche Vorwürfe machen, dachte Marguerite und strich ihm eine blonde Locke aus dem Gesicht. Wie schön er im schwachen Schein des Feuers aussah und wie entspannt seine Gesichtszüge waren! Marguerite hätte ihn die ganze Nacht betrachten können.
    Plötzlich flog etwas dicht über das Lager hinweg. Marguerite sah nur Schemen durch den Lichtschein huschen, spürte den Luftzug des lautlosen Flügelschlags und erschrak. Ihr Herz schlug wie wild. Sie sagte sich, daß es wohl nur ein Nachtvogel war, vielleicht eine Eule. Es gab sicher Eulen auf dieser unbekannten Insel. Aber dann spürte sie einen kalten Wind und mit ihm kam die ferne, geisterhafte Stimme wieder. Marguerite lief ein Schauer über den Rücken. Sie klammerte sich an den schlafenden Henri. Die Stimme verklang allmählich, aber als Marguerite fast glaubte, sie sei ganz verstummt, setzte sie wieder ein. Sie war lauter als zuvor, sie mußte näher gekommen sein!
    Henri drehte sich auf die Seite, als sie ihren Arm unter seinem Kopf hervorzog, und murmelte ein paar unverständliche Worte im Schlaf. Marguerite setzte sich auf. Etwas raschelte im Gras, ganz dicht beim Lager. Sie war fast starr vor Angst. Ihr kleines Feuer war fast niedergebrannt. Die Glut fraß sich nur noch schwach durch die verkohlten Aste. Marguerite wollte aufstehen, aber ihre Beine zitterten so sehr, daß sie sich nicht erheben konnte. Sie rutschte auf den Knien zum Feuer und warf Zweige und Gras in die Glut. Das Gras flammte hell auf und warf tanzende Schlagschatten in die Mulde und das verfilzte Strauchwerk rundum.
    Marguerite schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Dann hörte sie die Stimme wieder. Fast schien es, als wäre sie noch näher gekommen. Marguerite hielt es nicht länger aus. Sie kroch zu Henri und schüttelte ihn wach. Henri schrak hoch und blickte sie mit glasigen Augen an. Er schien für einen Moment nicht zu wissen, wo er war.
    »Die Stimme! Die Stimme ist wieder da«, stammelte Marguerite.
    Henri schüttelte den Kopf, um

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