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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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die Müdigkeit loszuwerden. Wieder knackte es im nahen Buschwerk.
    »Meine Büchse«, flüsterte Henri nur.
    Sie lag nur zwei Schritte neben ihm, aber Marguerite schien sie unendlich weit entfernt zu sein, und Henri brauchte eine Ewigkeit, bis er sie zu fassen bekam. Schließlich - es waren in Wirklichkeit kaum fünf Sekunden vergangen - raffte er sie vom Boden. Er stolperte, immer noch schlaftrunken, zum Feuer und entzündete die Lunte.
    »Komm zu mir!«, rief er Marguerite leise zu.
    Sie lief zu ihm und hielt sich an ihm fest. Gemeinsam lauschten sie in die Nacht. Und die Stimme kam wieder. Vielleicht war sie wirklich näher gekommen, vielleicht erschien sie ihnen aber auch nur lauter, weil inzwischen die Ebbe eingesetzt hatte und das Rauschen des Meeres leiser geworden war. Sie spürten einen leichten Luftzug und duckten sich gleichzeitig. Irgend etwas mußte lautlos, aber sehr dicht über ihre Köpfe geflogen sein. Sie hörten in wenigen Schritten Entfernung das Rascheln von dünnen Zweigen und von Gras und dann ein leises, unglückliches Quieken - ihr Verstand sagte ihnen, daß da nur eine Eule eine Maus geschlagen hatte. Dennoch fuhr ihnen der leise Todesschrei bis ins Mark.
    Einige Sekunden lang war nichts zu hören außer der unablässige Wind, dann war da wieder der klagende Ruf in der Ferne. Er klang anders als zuvor, tiefer und zugleich schriller, so als schrie dort nicht ein Wesen, sondern zwei oder sogar mehrere. Die beiden hielten den Atem an. Marguerite betete stumm. Die Stimmen verklangen, aber dann war da wieder etwas in der Nähe - ein leises, scharrendes Geräusch, und plötzlich etwas, das wie ... ja, wie Gelächter klang: leises, glucksendes Gelächter, und es waren mindestens zwei oder drei Wesen, die dort in der Finsternis über sie lachten.
    »Herr im Himmel«, rief Henri und hob die Flinte. Marguerite hörte seine schnellen, flachen Atemstöße und wußte, daß er genausoviel Angst hatte wie sie selbst. Das glucksende Gelächter schien jetzt von einer Stelle einige Schritte weiter links zu kommen. Henri zielte ins Dunkel. Es war nichts zu sehen außer ihren eigenen, tanzenden Schatten auf den Büschen. Dann wieder ein leises Lachen, dieses Mal von weiter rechts. Henri schwenkte die Arkebuse in die Richtung und drückte ab. Der Hahn schlug die Lunte in die Pfanne, die Stichflamme zischte und dann löste sich der Schuß mit lautem Krach.
    Die Kugel durchschlug das Unterholz, und Marguerite meinte zu hören, wie sie mit stumpfem Schlag ins Erdreich fuhr. Im umliegenden Buschwerk ertönte jetzt ein vielstimmiges Gelächter, aber es klang nicht mehr hämisch, sondern wütend. Dann war da ein Flattern und heftiges Rascheln im Buschwerk - wer oder was immer da gelacht hatte, es ergriff die Flucht.
    Plötzlich stand Damienne leichenblaß und völlig verstört neben ihnen. In ihrer Angst hatten sie gar nicht bedacht, daß es die Schlafende zu Tode erschrecken mußte, durch einen Schuß geweckt zu werden.
    »Bei allen Heiligen«, schimpfte Damienne, »seid ihr verrückt geworden?«
    »Es sind Dämonen, Damienne, da sind Dämonen!«, rief Marguerite aufgeregt.
    »Bei allen Heiligen«, sagte Damienne noch einmal und bekreuzigte sich.
    »Henri hat sie vertrieben, Damienne. Sie sind weg.« Doch es fiel ihr selbst schwer, das zu glauben. Im Moment schwieg die Nacht um sie herum, doch wie lange mochte das andauern?
    Henri hatte die zweite Arkebuse an sich genommen, die er am Tag zuvor bereits geladen hatte. Ihr Lauf glänzte matt im Feuerschein. Er kniete dicht am Feuer und lud die erste nach. Seine Hände zitterten.
    Vorerst blieb es ruhig im Gebüsch. Was immer sich dort herumgetrieben hatte, es schien wirklich fort zu sein. Die ferne und dünne Stimme jedoch war noch da. Immer wenn sie glaubten, sie sei verstummt, erklang sie erneut. Mal schien sie sich zu entfernen, mal schien sie näher zu kommen, und das machte die drei am Feuer fast verrückt vor Angst.
    Damienne und Marguerite warfen Gras und dünne Aste ins Feuer, damit es nur ja nicht ausging, aber die Flamme verzehrte das trockene Gras und die Zweige schneller, als sie sie nachlegen konnten.
    Gegen den bewölkten Nachthimmel zeichnete sich gar nicht weit entfernt der Umriß eines Baumes ab. Seine Aste waren kahl.
    Es mochten zwanzig oder dreißig Schritte bis dorthin sein. Mit etwas Glück würden sie dort Brennholz finden. Doch der Baum stand mitten im Dickicht, außerhalb des Lichtkreises ihres immer schwächer werdenden Feuers.
    »Und wenn der

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