Die Insel der Krieger
Vögel und andere ungewöhnliche Tiere beherbergten. A n sonsten war der Garten eine sorgsam gepflegte Rasenfläche mit gerade geschnittenen Hecken und Bäumchen. Nalig beschloss, nicht direkt vor dem Tor zu landen, sondern weiter unten auf dem Weg, wo ihn die Wachen nicht sahen. Dann machte er sich mit Merlin auf der Schulter zu Fuß auf zum Schloss. Die Wachen beobachteten ihn g e nau, als der Weg eine Biegung machte und der Junge in Sicht kam. »Was wollt Ihr? « , fragte einer der zehn bewaffneten Männer, als noch ein gutes Stück zwischen Nalig und dem Tor lag. »Ich muss den König sprechen«, erklärte der Junge und blieb zur Vorsicht stehen. Die W a chen tauschten Blicke, die Nalig nicht deuten konnte. »Wir können nicht jeden dahergelaufenen Schweinehirten vor den König treten lassen. Das wäre ja noch schöner«, rief der Mann und lachte bellend. Nalig scherte sich nicht um die Beleidigung. »Ich komme von Kijerta und der König täte gut daran, sich anzuhören, was ich zu sagen habe«, erwiderte er freundlich, doch mit Nachdruck. Die Wachen tauschten abermals Blicke und dieses Mal war eindeutig Angst darin zu lesen. Von Stella wusste Nalig, dass man die Insel im Schloss sehr wohl kannte, auch wenn man Besuche von dort nicht besonders schätzte. Einer der Wachmänner ging ins Schloss. »Ihr wartet hier«, wies er Nalig an. Dieser tat, wie ihm geheißen und schritt von der einen Seite des Weges zur anderen, die Blicke der neun Wächter im Nacken, ohne sich dabei jedoch dem Tor zu nähern. Die Wache kam nach einer Weile in Begleitung eines kleinen, dicken Mannes zurück. Dieser kam zu Nalig herunter, allerdings nicht ohne die Verstärkung durch zwei der Wachen. Stellas Erklärungen entnahm Nalig, dass dies der Berater und die rechte Hand des Königs war. »Ein überheblicher Winzling, der sich für wichtiger nimmt, als er tatsächlich ist«, hatte er ihre Worte noch im Ohr. »So, Ihr kommt also von Kijerta und wollt den König sprechen? « , stellte er in spöttischem Ton fest, als er vor Nalig stand. »Eben das habe ich gerade versucht, den Wachen dieses Schlosses zu erklären«, erwiderte Nalig, nicht im Mindesten höflicher. Der kleine, dicke Mann wippte auf den Fußballen und hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Und wo ist das Mädchen mit der Katze, das sonst immer kommt? « »Sie hat einen Auftrag in ihrem eigenen Köni g reich. Ich bin der Krieger Edas. « »Da könnte ja jeder mit einem dre s sierten Falken auf der Schulter hier auftauchen. « Der Dicke musterte Nalig mit seinen Schweinsäuglein abschätzig. »Ich warne Euch«, dro h te Nalig, selbst überrascht darüber, wie eindrucksvoll er klang. »Ve r derbt es Euch nicht mit mir. « Auf einen Befehl, den Nalig dem Falken stumm erteilte, flog der Vogel auf, verwandelte sich und blieb hoch über dem Berg stehen, wo er mit seinen Flügeln die Sonne verdunke l te. Derweil gelang es Nalig, mit einer winzigen Bewegung des Goldz e dernstabes einen Luftstrom heraufzubeschwören, der den kleinen Mann beinahe von den Füßen riss. »Wenn Ihr mir verweigert den König zu sprechen, dann kann ich ebenso gut nach Kijerta zurückfli e gen und der Göttin des Sees mitteilen, dass meine Reise umsonst war. « »Nicht doch, nicht doch«, wehrte der Mann aufgeregt ab und versuc h te, armfuchtelnd das Gleichgewicht zu halten. Die Wachen an seiner Seite blickten ängstlich zum Himmel und versuchten, die Ursache für die plötzliche Dunkelheit auszumachen. Nalig ließ den Luftstrom ersterben und Merlin kam zurück auf seine Schulter. »Ich gehe und hole den König«, versprach der Berater. »Wenn Ihr so lange hier wa r ten könntet? Das wäre überaus freundlich. « Ein Lächeln unterdr ü ckend nickte Nalig, während der Mann auf seinen kurzen Beinen so schnell wie möglich den Weg zum Schloss hinaufging. König Kilian kam gemessenen Schrittes auf seinen Besucher zu. Er trug einen lavendelfarbenen Umhang und ebenfalls ein Schwert an seinem Gü r tel. Er war etwa fünfzig Jahre alt und hatte ein strenges, ungeduldiges Gesicht und würde sich nicht durch ein wenig Wind und Merlins Kunststückchen beeindrucken lassen. »Was hat die Göttin der Insel mir so Wichtiges zu sagen, dass sie mir ihren Gehilfen schickt? « Der König hatte die Göttin der Insel bereits kennen und fürchten gelernt. Doch noch war dies sein Königreich und er alleine hatte Entscheidu n gen zu treffen. »Ich bin kein Gehilfe, sondern der Krieger dieses K ö nigreiches und
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