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Die Insel der Krieger

Die Insel der Krieger

Titel: Die Insel der Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Manz
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dass sie schlimm aussah. Als sie gestolpert war, hatte sie geistesgegenwärtig beide Arme um den Bauch geschlu n gen, was allerdings zur Folge hatte, dass sie mit dem Kopf gegen eine Stufe schlug. Mira hatte die Wunde versorgt, doch ihr linkes Auge war zugeschwollen und blau umrandet. Der Junge und das Mädchen sahen sich eine Weile an. Dann meinten sie gleichzeitig: »Es tut mir leid. « Nalig hob die Brauen. »Was sollte dir denn leidtun? « Ilia zuckte mit den Schultern. »Mein kindisches Verhalten und dass ich so egoistisch bin. « »Du bist nicht egoistisch«, erwiderte Nalig und strich vorsichtig über den Verband um ihren Kopf. »Du sorgst dich nur um deine Z u kunft. « Er nahm ihre Hand fest in die seine, wie um sich zu vergewi s sern, dass sie wahrhaftig vor ihm saß. Wäre ihr oder ihrem Kind in seiner Abwesenheit etwas zugestoßen, so hätte er sich ewig Vorwürfe gemacht. Ilias Gedanken gingen in die gleiche Richtung. Wie leicht hätte Nalig beim Kampf über dem See sterben können! Und ihr letzter Liebesbeweis wäre eine Ohrfeige gewesen. »Lass uns nie wieder im Streit auseinandergehen«, bat Ilia und Nalig versprach es.

Arkas und Greon
    D ie Ferlah waren durch den Ausgang der letzten Schlacht derart e r schüttert, dass sie in den folgenden Tagen keinen einzigen Angriff unternahmen. Dadurch schöpften die Krieger neue Hoffnung. Drei Tage nach der letzten Attacke erwachte Nalig sehr früh. Arkas schnarchte noch und Nino lag eingerollt auf seiner sich hebenden und senkenden Brust. Merlin hockte auf der Vorhangstange. Er war in keiner guten Verfassung. So lange blind an einem Fleck zu sitzen, hatte ihn in eine tiefe Lethargie versinken lassen. Alle Bemühungen, ihm klarzumachen, dass die Zeit vorübergehen würde und er schon bald wieder seine Flügel würde ausstrecken können, verfehlten ihre Wi r kung. Der Falke hatte immer weniger gefressen und wurde bisweilen sogar aggressiv, wenn Nalig ihn berührte. Der Junge konnte es ihm kaum verdenken. Auch dass Nalig ohne ihn über den See geflogen war, schien er zu ahnen und das grenzte für ihn an Hochverrat. Doch heute war der Tag, an dem Merlin seinen Verband ablegen durfte. Nalig stupste den schlafenden Vogel sachte an und erklärte ihm in der Bildersprache, dass er ihm den Verband abnehmen wollte. Der Junge spürte, wie etwas in seinem Begleiter aufflammte. Aufgeregte trappelte er hin und her. Nur schwer bekam Nalig das Ende des Verbands zu fassen. Vorsichtig wickelte er den Kopf des Vogels aus. Als der letzte Zipfel des Verbandes fiel, hielt Nalig den Atem an. Er hatte viel Zeit gehabt darüber nachzudenken, was darunter zum Vorschein kommen würde. Dennoch traf ihn der Anblick hart. Das linke Auge fehlte. Die Federn ringsum waren verbrannt und die kahle Stelle, die so entsta n den war, zeigte eine rötliche, verzweigte Narbe, die sich dort, wo sich einmal ein gesundes Auge befunden hatte, leicht nach außen wölbte. Doch Naligs Entsetzen war nichts gegen Merlins Schrecken. Der Vogel zwinkerte ein paar Mal mit dem verbliebenen Auge. Langsam drehte er den Kopf hin und her, dann hielt er inne. Nalig spürte, wie eine Welle von Panik aus Merlins Bewusstsein in sein eigenes drang. Der Vogel kreischte auf. So laut, dass Arkas mit einem Mal kerzeng e rade im Bett saß und Nino durch das halbe Schlafzimmer flog. Merlin begann, wild mit den Flügeln zu schlagen. Er kratzte mit den Krallen über die Narbe, als könne er so die Dunkelheit vertreiben, die seine Sicht einschränkte. Nalig mühte sich, seinen aufgebrachten Begleiter zu beruhigen. Dieser flog auf und zog wilde Kreise durch den kleinen Raum. Er sandte Nalig eine solche Flut von Bildern seiner ungewohnt zweidimensionalen Sicht, dass dem Jungen schwindelte. Schließlich prallte der Vogel gegen die Wand und fiel förmlich in Arkas’ Schoß, wo der Junge ihn festhielt, bis Nalig zur Stelle war, um seinen Begleiter entgegenzunehmen. »Was ist denn mit ihm los? « , fragte Arkas und rieb sich die Augen. »Das Gleiche, was mit dir los wäre, wenn du feststellen würdest, dass du nur noch halb so viel siehst wie früher. « »Oh, du hast ihm den Verband abgenommen. « Arkas stand auf, um einen Blick auf die Verletzung zu werfen. Auch seine Züge erschlafften, als er die Narbe sah. Er sagte nichts, denn ihm war klar, dass jeder Versuch, die Entstellung schönzureden, Nalig nur zornig machen würde. »Wir sollten ihm erst einmal seine Ruhe lassen«, beschloss Nalig und ließ den Falken zurück auf die

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