Die Insel der Krieger
begegnete ihm Stella. Die beiden nickten einander nur zu. Keiner hatte Lust, stehen zu bleiben und seine finsteren Gedanken auch noch auszusprechen. Als Nalig schließlich sicher war, jeden Wi n kel des Tempels abgelaufen zu sein, ging er in sein Zimmer. Arkas saß auf seinem Bett und streichelte geistesabwesend Nino, der in seinem Schoß lag. Ihm schien gar nicht aufzufallen, dass Nalig hereinkam. Merkwürdigerweise war Arkas’ Niedergeschlagenheit ein viel deutl i cheres Zeichen für die jüngste Tragödie als der Anblick des toten Kameraden. In Arkas’ Gesicht gehörte einfach ein Lächeln wie die Sonne ans Firmament. Nalig setzte sich ihm gegenüber auf sein eig e nes Bett. »Ich wünschte, ich wäre nicht so entsetzlich nutzlos«, meinte Arkas nach geraumer Zeit, ohne aufzusehen. »Was meinst du? « , fragte Nalig stirnrunzelnd. »Rigo ist schon der Zweite, der im Kampf gesto r ben ist«, erklärte Arkas. »Eigentlich der Fünfte, wenn man die Beglei t tiere mitzählt«, ergänzte er. »Und ich finde, das sollte man«, beschloss er und strich über Ninos Kopf. »Und ich sitze hier auf der Insel, als ginge mich das alles gar nichts an. « Nalig zuckte mit den Schultern. »Was solltest du auch dagegen unternehmen? « »Eben das ist es ja«, erklärte Arkas. »Ich kann euch nicht helfen. Nur weil ich kein Nac h komme der Götter bin, sitze ich hier und muss abwarten, was pa s siert. « Zwar ging Nalig der Trübsinn seines Freundes nahe, doch ve r stand er den plötzlichen Sinneswandel nicht. Bisher hatte Nalig immer den Eindruck gehabt, Arkas sei froh darüber, auf Kijerta bleiben zu können, wenn die Krieger in den Kampf zogen. »Denkst du vielleicht, ich würde das nicht hinbekommen? « , fragte Arkas verärgert, als Nalig seinen Gedanken aussprach. »Nicht doch«, wehrte jener energisch ab. »Das wollte ich damit nicht sagen. Aber du scheinst einfach nicht derjenige zu sein, der entschlossen in die Schlacht zieht«, erklärte Nalig. »Und damit meine ich nicht, dass du ein Feigling bist«, fügte er rasch hinzu, als Arkas schon wieder empört den Mund aufklappte. »Ich kenne dich ja schon eine ganze Weile und ich glaube nicht, dass du jemanden absichtlich verletzen könntest. Aber das gehört eben zu einem Kampf dazu. « Arkas schien durch Naligs Worte nur noch b e trübter. »Manchmal frage ich mich, weshalb ich überhaupt hier bin. « »Aber du bist auf Kijerta doch nicht der Einzige, der sich nicht am Kampf beteiligt. Hato, Mira und Jiro zum Beispiel kämpfen auch nicht. Genauso wenig wie Lina oder Ilia. « Darüber schüttelte Arkas nur den Kopf. »Hato und Jiro haben gekämpft, als sie noch konnten. Und sie erfüllen hier noch immer wichtige Aufgaben. Genau wie Mira und Lina. Ganz zu schweigen von Ilia. Der Einzige, der hier niema n dem von Nutzen ist, bin ich. « Allmählich begann Nalig, sich ernsthaft Sorgen um Arkas zu machen. »So etwas darfst du nicht einmal de n ken. « Er stand auf und setzte sich auf Arkas’ Bett, wo er seinem Freund eindringlich die Hand auf die Schulter legte. »Auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist, du bist durchaus wichtig für uns. Es ist gut zu wissen, dass es auf Kijerta jemanden gibt, der nicht den Kopf voll grausamer Bilder hat und auch dann noch zuversichtlich bleibt, wenn alle anderen schon aufgegeben haben. Du hast das Kornbl u menpulver gefunden und du bist wichtig für unsere Moral. Wenn du jemanden sehen willst, der für niemanden von Nutzen ist, dann sieh dir Greon an. « Ein Lächeln stahl sich auf Arkas’ Gesicht, obgleich Nalig ihm ansah, dass er es nicht guthieß, dass er seinen Bruder bele i digte. Und so schnell es aufgetaucht war, war das Lächeln auch wieder verschwunden. »Das ist nicht dasselbe«, erwiderte Arkas. »Und auch Greon wird irgendwann mit in den Kampf ziehen. Auch wenn er es im Augenblick noch nicht kann. « Nalig seufzte. Er wusste nicht, was er noch sagen könnte, damit Arkas sich besser fühlte. »Sei nicht böse, aber ich glaube, ich möchte gerne etwas alleine sein«, stellte Arkas fest und stand auf. Soweit Nalig sich erinnerte, hatte Arkas noch nie alleine sein wollen. Doch er widerstand dem Drang, ihm zur Tür hinaus zu folgen. Wenigstens hatte er Nino. Der würde ihn schon wieder au f muntern.
Bis der Abend kam, unternahm Nalig allerlei Anstrengungen, um sich abzulenken. Erst versuchte er zu lesen, doch er stellte bald fest, dass seine Augen die Worte abwanderten, ohne deren Sinn zu erfa s sen, während sich seine Gedanken
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