Die Insel der Krieger
der Lemur schrumpfte, bis er wieder auf Arkas’ Schulter Platz fand. Der Junge kam zu den anderen herüber. »Greon ist nicht der erstgeborene Sohn unserer Familie«, erklärte er. »Unsere Eltern hatten zuvor schon einen Sohn. Er überle b te die erste Nacht nicht. « Die Göttin musterte Arkas, als sehe sie ihn zum ersten Mal. »Wie konnte mir das entgehen? « , fragte sie mehr sich selbst als ihn. »Wenn Arkas der jüngere der Zwillinge ist und es zuvor einen Sohn gab, dann ist er der Drittgeborene und damit der Krieger seines Reiches«, schlussfolgerte Zalari und klopfte Arkas auf die Schu l ter. »Nein«, protestierte Greon und funkelte seinen Bruder zornig an. »Ich bin der Auserwählte für Kreba. Ich wurde jahrelang ausgebildet. Das ist meine Aufgabe. « Er machte einen Schritt auf Arkas zu, der bestürzt zurückwich. Nalig und Zalari stellten sich zwischen die Br ü der. »Ich verstehe, dass du aufgebracht bist«, versuchte Kaya den Ju n gen zu besänftigen. »Es war mein Fehler und es tut mir leid, dass ich falsche Hoffnungen in dir geweckt habe. « Doch Greon wollte sich nicht beruhigen. »Verräter«, beschimpfte er seinen Bruder und wies anklagend mit dem Finger auf ihn. »Ich bin hier der Krieger und ich lasse mir meinen Platz von dir nicht nehmen. « Arkas war erschrocken über das Gebaren seines Bruders. »Es tut mir leid«, meinte er und hob entschuldigend die Hände. »Es ist meine Bestimmung«, zürnte Greon weiter. »Sieh dich doch an. Jedem muss doch klar sein, dass es vol l kommen lächerlich ist, dass du ein Krieger sein sollst. Du bist ein Feigling. Keinen Tag würdest du auf einem Schlachtfeld überleben. Du bist einfach jämmerlich. « In diesem Augenblick ließ Nino ein Fauchen hören. Er entblößte die spitzen Zähne und setzte zum Sprung an. Arkas konnte ihn gerade noch am Schwanz festhalten. Kaya baute sich vor Greon auf. »Bei allem Verständnis für deine Enttäuschung, will ich nicht hören, dass du so mit deinem Bruder sprichst. Er trägt nicht die Schuld an meinem Irrtum. Er hat dir keineswegs die Stellung als Kri e ger genommen. Das war von Anfang an seine Bestimmung und wenn du dich betrogen fühlst, gib nicht ihm die Schuld, sondern mir. « Mit einem Mal hatte Kaya ihre göttliche Aura zurück. Nalig war sich s i cher, dass er unter dem Blick zusammengebrochen wäre, mit dem sie Greon bedachte. Dieser jedoch schien nichts wahrzunehmen als se i nen Groll. »Ich werde dich nicht fortschicken«, erklärte Kaya. »Genau wie damals Arkas stelle ich es dir frei, auf Kijerta zu bleiben. Ich möchte dich nicht von deinen Freunden trennen und dir die Schmach ersparen, in dein Dorf zurückzukehren. « Greons Kiefer mahlten. »Ich werde sicher nicht hierbleiben unter all den Menschen, die mich jahr e lang hinters Licht geführt haben. Ich werde zurück nach Kreba g e hen. « Damit wandte er sich ab. Ehe er in den Tempel trat, drehte Greon sich noch einmal um. »Das wird dir noch leidtun«, rief er Arkas zu, der hinter Kaya, Nalig und Zalari stand. Betrübt, beinahe schul d bewusst, senkte dieser den Kopf. »Hör nicht auf ihn«, riet Zalari. »Er war schon immer ein schlechter Verlierer. Lass dir von ihm nicht einreden, du hättest es nicht verdient, ein Krieger zu sein. Zusammen sind Nino und du sicher unschlagbar. « »Greon wird sich wieder ber u higen«, versicherte Thorix. »Er hat gerade alles verloren, woran er geglaubt und wofür er gelebt hat. Lass ihn eine Weile in Ruhe. Ich rede nach dem Abendessen mit ihm. « Arkas nickte. Dann streichelte er Ninos Kopf und begann wieder zu strahlen. »Ich wusste, dass er etwas ganz Besonderes ist. « »Sieht so aus, als hätten wir doch etwas zu fe i ern«, stellte Aro fest. Selbst seine Laune hatte sich etwas gebessert. Alle bis auf Greon kehrten zurück in den Speisesaal. »Eines verstehe ich nicht«, meinte Stella, während sie Wein in ihren Kelch goss. »Nino ist doch eigentlich das Begleittier eines anderen Kriegers gewesen. Wie kommt es dann, dass er die Bande zu Arkas knüpft? Und müsste es im Grunde nicht ein Begleittier in der Höhle der Gefährten geben, das für ihn bestimmt ist? « Arkas blickte hinauf zu dem Kronleuchter, an dem Nino schaukelte. »Ich glaube nicht, dass es ein Tier geben könnte, das eher für mich bestimmt ist als Nino. « »Aber Stella hat schon Recht«, überlegte Zalari. »Eigentlich gibt ein Krieger seinem Begleiter auch erst einen Namen, wenn die Bande geknüpft sind und Nino trägt seinen Namen schon seit
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