Die Insel der Krieger
Schicksals. Als Mira hinzukam, die Arkas gründlich untersucht hatte, traten alle Ei n zelheiten der grausamen Tat Greons zu Tage. Fünfmal hatte er Arkas in den Rücken gestochen und es dennoch nicht geschafft, ihn dadurch direkt zu töten. Arkas war verblutet. Mira hatte zudem Gift in den Wunden gefunden. Es hatte Arkas nicht getötet. Dafür wirkte es nicht schnell genug. »Womöglich wollte er verhindern, dass wir Arkas retten können. Für den Fall, dass wir ihn lebend finden«, vermutete Mira ratlos. »Er wollte ihm den Dolch schenken«, erinnerte sich Zalari. Er sprach so leise, dass nur Nalig ihn hörte. »Als Arkas in seinem Zimmer war, um mit ihm zu reden. Ich bin sicher, er hat den Dolch vergiftet in der Hoffnung, Arkas würde sich irgendwann versehentlich damit ve r letzen. « »Und weil Arkas den Dolch nicht wollte, musste er sich etwas anderes überlegen«, schlussfolgerte Nalig. Er warf Kaya einen finsteren Blick zu. Sie hatte gut daran getan, Greon sofort aus dem Tempel zu schaffen. Denn hätten die Krieger die genauen Umstände von Arkas’ Tod schon vorher gekannt, hätten sie Greon sicher nicht gehen lassen. Kopfschüttelnd verließ Nalig den Raum. Er ertrug es nicht länger, hier zu sein. In dieser Nacht brachte er es nicht fertig, in dem Zimmer zu schlafen, das er sich mit Arkas geteilt hatte. Daher verbrachte er die wenigen Stunden bis zum Morgengrauen bei Ilia in der Kammer n e ben der Küche. Viel Schlaf fand er ohnehin nicht.
Während im Tempel eine bedrückende Ruhe einkehrte, regte sich dort, wo Arkas’ toter Körper gelegen hatte, etwas tief in der Erde. Weniger als ein Schatten, doch so finster, dass die Nacht dagegen hell wirkte, zog es sich am Schauplatz der grausigen Tat zusammen. Begi e rig sog es das Blut auf, das den Boden getränkt hatte und wuchs mit jedem Zug. Schneller als der Wind glitt der Schatten durch den Wald, hin zu der Stelle, an der Nalig Greon gefasst hatte. Fieberhaft unte r suchte das körperlose Wesen die Erde und zog sich dann enttäuscht darin zurück. Dort, wo es im Boden verschwand, hinterließ es einen Kreis aus totem Gras.
Im Angesicht des Grauens
D ie folgenden Tage waren für Nalig die schwersten, die er je auf Kijerta verbracht hatte. Arkas’ Tod ließ plötzlich alles, was er tat, sin n los erscheinen. Das Leben auf der Insel war einfach nicht dasselbe ohne Arkas und seinen Lemuren. Sein Frohmut und seine Heiterkeit waren für die Krieger wichtig gewesen und ohne sie glaubte Nalig den Kampf gegen die Ferlah schon verloren. Auch wenn sich Nalig dessen nicht bewusst gewesen war, hatte Arkas schon immer mitgekämpft, auf seine Art. Das Schlimmste jedoch war die Weise, auf die Arkas gestorben war. Obgleich Nalig schon eine Menge gesehen hatte, hatte er nicht geglaubt, dass die Welt so grausam sein konnte. Dass Greon für den Rest seines Lebens eingesperrt war, verschaffte Nalig keine Befriedigung. Dazu kamen seine Schuldgefühle. Denn auch, wenn Zalari nicht meinte, was er im Wald gesagt hatte, hatte er doch Recht. Er hätte Arkas und Greon niemals gehen lassen dürfen. Nalig schlief weiterhin bei Ilia. Am dritten Tag nach Greons grausiger Tat wurde Arkas unter der Halle der Krieger beigesetzt. Nalig und Zalari trugen ihren Freund seinen letzten Weg hinunter in die Grabkammer. Ilia weinte bittere Tränen, als die beiden Jungen Arkas in eine der Nischen hoben. Nalig weinte nicht. Er konnte nicht. Wie betäubt machte er alle Handgriffe, ohne darüber nachzudenken und hatte das Gefühl, neben sich zu stehen und sich selbst dabei zu beobachten. Zalari ging es nicht anders. Er hatte Arkas viel länger gekannt und sein Verlust raubte ihm fast den Verstand. Ilia legte Arkas’ Würfel neben seinen Körper in die Nische. Dann wuchteten Nalig und Zalari mithilfe von Aro und Thorix die schwere Steinplatte an ihren Platz und Arkas verschwand dahinter in der Dunkelheit. Nalig war beim anschließenden Fest nicht dabei, das zu Arkas’ Ehren stattfand. Er wusste beim besten Willen nicht, was es da zu feiern gab. Und es würde noch eine ganze Weile dauern, bis Nalig wieder an seinen Freund denken konnte, ohne dass sich alles schmerzhaft in ihm zusammenzog. Alleine streifte Nalig durch die Wälder. Nur Merlin war bei ihm. Ohne dass er es beabsic h tigte, trugen Naligs Füße ihn zu der Stelle, an der er Arkas gefunden hatte. Seit drei Tagen war er nicht dort gewesen. Etwas hatte sich seither verändert. Es war dunkler, fast so, als wären die Bäume enger
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